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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Sie haben gesagt, sie sei tot.«
    »Ich hatte gesagt, sie weile nicht mehr unter uns, Major«, berichtigte Fraser ihn leise. Seine Augen blickten unverwandt auf die Schachfigur. »Wahrscheinlich ist sie tot, aber…« Er hielt inne und schluckte, bevor er mit fester Stimme fortfuhr. »Meine Frau war eine Heilerin. Aber sie war mehr als das. Sie war eine weise Frau.« Er blickte kurz auf. »Auf gälisch ban-druidh, das heißt auch Hexe.«
    »Die weiße Hexe«, sagte Grey leise. Vor Aufregung raste sein Puls. »Das heißt, die Worte des Mannes hatten sich auf Ihre Frau bezogen?«
    »Möglicherweise. Und wenn…« Die breiten Schultern zuckten leicht. »Ich mußte hin«, erklärte er schlicht. »Um mich zu vergewissern.«
    »Wußten Sie denn, wohin? Hat der Mann das auch gesagt?« Neugierig beugte sich Grey vor. Fraser nickte. Er fixierte immer noch die elfenbeinerne Schachfigur.
    »Es gibt hier in der Nähe einen Schrein der heiligen Bride. Man nannte sie auch die Weiße Frau«, erklärte er und blickte auf.
    »Ich verstehe. Und daher haben Sie vermutet, die Worte des Mannes bezögen sich auf diesen Ort und auf Ihre Frau.«
    Fraser zuckte die Achseln.
    »Ich war mir nicht sicher«, wiederholte er. »Hatte es etwas mit meiner Frau zu tun, oder hatte er mit der weißen Hexe nur die heilige Bride gemeint? Oder wollte er mir nur den Ort nennen? Ich weiß es nicht. Aber ich hatte das Gefühl, ich müßte hin.«
    Er beschrieb die Stelle und erklärte auf Greys Drängen hin, wie man dorthin gelangte.

    »Der Schrein selbst besteht aus einem kleinen verwitterten Kreuz, und die Inschriften sind kaum noch zu lesen. Er liegt oberhalb eines Teiches, halb verdeckt von Heidekraut. Im Tümpel findet man kleine weiße Steine, um die sich die Wurzeln des Heidekrauts winden, das am Ufer wächst. Den Steinen wird große Kraft nachgesagt«, fügte er hinzu, als er den verständnislosen Blick seines Gegenübers sah. »Aber nur, wenn eine weiße Frau sie benutzt.«
    »Aha. Und Ihre Frau…?« Grey hielt taktvoll inne.
    Fraser schüttelte den Kopf.
    »Nichts, was auf sie hindeutete«, sagte er leise. »Sie ist wirklich fort.« Obwohl Frasers Stimme gedämpft und beherrscht klang, hörte Grey seine Verzweiflung heraus.
    Das Gesicht des Schotten, für gewöhnlich ruhig und undurchdringlich, zeigte auf einmal die tiefen Linien des Schmerzes und der Trauer. Obwohl es Grey wie ein Eingriff erschien, noch weiter in Fraser zu dringen, mußte er seine Befragung fortsetzen.
    »Und das Gold?« fragte er ruhig. »Was ist damit?«
    Fraser seufzte.
    »Es war da«, sagte er tonlos.
    »Wie bitte?« Grey setzte sich kerzengerade auf und starrte den Gefangenen an. »Sie haben es gefunden?«
    »Ja.«
    »Und war es auch wirklich das Gold aus Frankreich, das Louis an Charles Stuart geschickt hat?« Greys Puls raste. Er malte sich bereits aus, wie er seinen Vorgesetzten in London große Kisten mit dem Goldschatz des Königs von Frankreich übergab.
    »Louis hat den Stuarts nie Gold geschickt«, sagte Fraser mit Bestimmtheit. »Nein, Major, was ich am Teich gefunden habe, war zwar Gold, stammte aber nicht aus Frankreich.«
    Tatsächlich hatte er eine Schatulle mit einigen Gold- und Silbermünzen und einen kleinen Lederbeutel mit Edelsteinen gefunden.
    »Edelsteine?« rief Grey aus. »Wo, zum Teufel, sind die denn her?«
    Fraser warf ihm einen leicht entnervten Blick zu.
    »Ich habe keine Ahnung, Major«, erwiderte er. »Woher soll ich das wissen?«
    »Ja, woher wohl«, entgegnete Grey und hustete, um seine Aufregung zu verbergen. »Aber dieser Schatz… wo ist er jetzt?«

    »Ich habe ihn ins Meer geworfen.«
    Grey starrte ihn ungläubig an.
    »Sie haben… was gemacht?«
    »Ihn ins Meer geworfen«, wiederholte Fraser ruhig. »Haben Sie schon mal von dem sogenannten Teufelskessel gehört, Major? Er liegt ungefähr eine halbe Meile vom Teich der Heiligen entfernt.«
    »Warum? Warum haben Sie das getan?« wollte Grey wissen. »Das widerspricht doch jeder Vernunft!«
    »Das war mir in dem Augenblick egal, Major«, erwiderte Fraser leise. »Als ich dorthin ging, hatte ich eine Hoffnung… und als sie sich nicht erfüllte, war der Schatz für mich nichts als eine unbedeutende Schachtel mit Steinen und angelaufenen Silberstücken. Dafür hatte ich keine Verwendung.« Ironisch blickte er auf. »Ich habe aber auch keinen Sinn darin gesehen, die Schachtel König George zu geben. Deshalb habe ich sie ins Meer geworfen.«
    Grey lehnte sich zurück und goß sich noch einen

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