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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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für die Suppe der Schwerkranken ausgeben. Wir Gesunden sind gerne bereit, im nächsten Quartal auf unseren Fleischanteil zu verzichten.«
    Grey runzelte die Stirn. »Aber die Männer werden doch immer schwächer, wenn sie ihre Fleischration nicht bekommen! Können sie denn dann überhaupt arbeiten?«
    »Diejenigen, die an der Grippe sterben, bestimmt nicht«, entgegnete Fraser scharf.

    Grey schnaubte. »Stimmt. Aber diejenigen, die jetzt noch gesund sind, werden es nicht mehr lange sein, wenn sie so lange hungern müssen.« Er schüttelte den Kopf. »Nein, Mr. Fraser, dazu bin ich nicht bereit. Besser, die Kranken ihrem Schicksal zu überlassen, als das Risiko einzugehen, daß noch mehr krank werden.«
    Fraser besaß Ausdauer. Er neigte den Kopf. Dann sah er auf, um einen erneuten Vorstoß zu wagen.
    »Dann bitte ich um die Erlaubnis, mit meinen Männern auf Jagd zu gehen, Major, wenn uns die Krone nicht angemessen ernähren kann.«
    »Auf die Jagd gehen?« Grey runzelte die Stirn. »Ihnen Waffen geben und Ihnen erlauben, im Moor umherzuwandern? Himmel, Mr. Fraser!«
    »Im Himmel leidet sicherlich niemand Hunger, Major«, entgegnete Jamie trocken. Als er die Andeutung eines Lächelns auf Greys Gesicht sah, fiel etwas von seiner Spannung ab. Für gewöhnlich zeigte Grey nicht, daß er Sinn für Humor besaß, da er befürchtete, er wäre dann im Nachteil. Was seine Verhandlungen mit Jamie Fraser betraf, lag er nicht einmal falsch.
    Ermutigt fuhr Jamie fort.
    »Keine Waffen, Major. Kein Umherwandern. Aber würden Sie uns erlauben, beim Torfstechen Fallen aufzustellen und die erbeuteten Tiere zu behalten?« Zuweilen stellte ein Gefangener eine Falle auf, aber so gut wie immer wurde ihm die Beute von den Wärtern wieder abgenommen.
    Grey holte tief Luft.
    »Fallen? Brauchen Sie dafür dann nicht auch Material, um diese Fallen bauen zu können, Mr. Fraser?«
    »Nur ein wenig Seil, Major«, versicherte Jamie ihm. »Höchstens ein Dutzend Rollen Schnur. Den Rest können Sie uns überlassen.«
    Grey rieb sich nachdenklich das Kinn und nickte.
    »Nun gut.« Der Major nahm die Feder aus dem Tintenfaß und machte sich Notizen. »Morgen gebe ich entsprechende Anweisungen. Und was Ihre anderen Wünsche betrifft…«
    Eine Viertelstunde später hatten sie sich geeinigt, Jamie lehnte sich seufzend zurück und nahm endlich einen Schluck Sherry. Er fand, er hatte es verdient.
    Grey hatte nicht nur den Fallen zugestimmt, sondern außerdem
durften die Torfstecher täglich eine halbe Stunde länger arbeiten und den gestochenen Torf für sich behalten. Medikamente gab es nicht, aber Sutherland wurde erlaubt, eine Cousine in Ullapool, deren Mann Apotheker war, um Medizin zu bitten.
    Gute Arbeit für einen Abend, dachte Jamie. Er nahm einen weitere Schluck Sherry, schloß die Augen und genoß die Wärme des Feuers auf den Wangen.
    Grey beobachtete unter gesenkten Lidern seinen Gast. Nun, da Fraser seine Forderungen durchgesetzt hatte, war die Spannung aus seinen Schultern gewichen. Zumindest vermutete Fraser, am Ziel zu sein. Sehr gut, dachte Grey. Ja, trink nur deinen Sherry und entspann dich. Ich krieg’ dich schon noch.
    Als er nach der Karaffe griff, spürte er in seiner Brusttasche den knisternden Brief seines Bruders Hal. Sein Herz begann schneller zu schlagen.
    »Möchten Sie nicht noch einen Schluck, Mr. Fraser? Ach, und sagen Sie mir… wie geht es Ihrer Schwester?«
    Er bemerkte, wie Frasers Augen sich weiteten und die Farbe vor Schreck aus seinem Gesicht wich.
    »Wie stehen die Dinge in… Lallybroch, so heißt es doch, nicht wahr?« Grey schob die Karaffe zur Seite und heftete den Blick auf seinen Gast.
    »Ich weiß es nicht, Major.« Frasers Stimme klang gleichgültig, aber seine Augen waren schmal wie Schlitze.
    »Sie wissen es nicht? Sicherlich geht es ihnen nicht schlecht - bei all dem Gold, das Sie dorthin gebracht haben.«
    Plötzlich strafften sich Frasers breite Schultern unter dem schäbigen Rock. Beiläufig nahm Grey eine der Figuren vom Schachbrett und warf sie von einer Hand in die andere.
    »Ich nehme an, Ian - das ist doch der Name Ihres Schwagers, nicht wahr? - wird gute Verwendung dafür haben.«
    Fraser hatte seine Fassung zurückgewonnen. Seine Augen begegneten Greys Blick.
    »Da Sie so gut über meine Verwandten Bescheid wissen, Major«, sagte er gleichmütig, »wird Ihnen auch bekannt sein, daß meine Familie mehr als hundert Meilen von Ardsmuir entfernt wohnt. Vielleicht können Sie mir erklären, wie ich

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