Fessel Mich
beinahe die Kinnlade runter. »Trifft sich gut, so was wie dich vögle ich auch nicht freiwillig«, schoss ich böse zurück. »Wo sind –«
»Oh.« Lars lachte schallend auf. »Das Kätzchen hat Krallen.«
»Und die hat er offensichtlich schon in Rick geschlagen.«
»Rick?« Lars hob skeptisch die Augenbrauen an. »Im Leben nicht.«
»Glaub’s mir. Er will ihn mit Shakespeare verführen – auf’m Klo!«
Grölend fingen die beiden einträchtig zu lachen an, aber ich weigerte mich, mich deswegen verlegen zu fühlen. Stattdessen begann ich langsam zu begreifen, warum mir Rick am Anfang unserer gemeinsamen Handschellenzeit so widerlich vorgekommen war. In dieser unglaublich anheimelnden Gesellschaft musste er sich entweder anpassen oder in Kauf nehmen, verrückt zu werden.
Da ich nicht mehr länger warten wollte, geschweige denn, mir länger als nötig das alberne Gelächter der zwei Gogos antun wollte, machte ich mich einfach allein auf die Suche nach dem Klo und trat wieder auf den Flur hinaus. Auf gut Glück probierte ich die Tür direkt gegenüber, aber die war abgeschlossen. Allerdings war schon die zweite Tür schräg gegenüber ein Volltreffer.
Der Toilettenraum war klein, aber sauber und es sah so aus, als wäre er zu seinem jetzigen Zweck ein wenig umgebaut worden, denn zwei ziemlich winzige Kabinen drängten sich direkt neben einem kleinen Waschbecken mit einem unmöglich großen Spiegel darüber. Offensichtlich überprüften die werten Gogos vor ihrem Auftritt gerne, ob ihre Muskeln alle noch an der richtigen Stelle saßen.
Ohne zu zögern, wählte ich die erste der beiden Kabinen und kramte in meiner Tasche nach einem Edding und dem Zettel mit dem Zitat, als die Tür aufging.
Oh nein!
Ich befürchtete schon, Rick selbst würde mir einen Strich durch die Rechnung machen, aber es war nur Jannis, der mit bloßem Oberkörper hereinschlenderte. Ich schenkte ihm gar keine richtige Beachtung, da ich mir eine geeignete Stelle an der Wand aussuchte, wo Rick das Gekrakel sofort ins Auge springen würde. Da die Wände allerdings völlig unbeschmiert waren, war das im Prinzip egal.
»Wolltest du noch mal schnell dein Spiegelbild anhimmeln?«
Er lachte leise und lehnte sich in die Kabinentür, zuckte jedoch zusammen, als er sah, wie ich den Stift ansetzte. Blitzschnell sauste seine Hand vor und packte mich am Arm. »Warte. Du hast doch nicht vor, das da einfach so draufzuschreiben?«
Verärgert sah ich ihn an. »Doch, wieso?«
»Kannst du nicht einen Zettel nehmen? Wer soll denn die Sauerei anschließend wieder wegmachen?«
»Du?«, schlug ich zuckersüß vor und entwand ihm meinen Arm. Beiläufig riskierte ich einen Blick über seinen athletischen Oberkörper hinweg und ließ auch das Tribaltattoo auf seiner Schulter nicht aus. Zugegeben, verständlich war es, warum Rick sich mit ihm durch die Kissen wälzen wollte. Das würde bestimmt eine spaßige wie auch befriedigende Angelegenheit werden.
Aber dann? Wenn ich mich recht erinnerte, hatte Rick weder besonders verliebt noch überhaupt von Jannis gesprochen, wenn wir zusammen gewesen waren. Höchstens am Anfang, aber da hatte er bloß seinen sorgsam durchdachten Plan, Jannis endlich erobern zu können, zerplatzen sehen.
»Von wegen«, schnappte Jannis.
»Gut, dann mach’ ich es halt.« Als er daraufhin nicht verschwand, schob ich noch genervt hinterher: »Versprochen.« Er ging immer noch nicht. »Was ist?«
»Ich warte auf das alles entscheidende Zitat«, spöttelte er.
Fassungslos riss ich die Augen auf. »Das ist nicht dein Ernst.«
»Möchtest du lieber wieder gehen, ohne die Sachbeschädigung begangen zu haben?«
Ich öffnete den Mund, um automatisch zu protestieren, presste dann aber doch lieber wieder die Lippen fest aufeinander. So ein Idiot. Ein bisschen verlegen, mehr noch aber wütend fing ich an, die Worte aufzuschreiben. Wenn ich es geschickt anstellte, würde ich sowieso nie wieder ein Wort mit Jannis reden müssen, dann war es nun auch egal, ob er sich über mich lustig machte oder nicht. Falls alles so funktionierte, wie ich es mir vorstellte, war es das allemal wert.
»Für mich mein schöner Freund«, las Jannis laut vor, als ich zu Ende geschrieben hatte, »wirst du nie alt; wie ich dich erstmals sah, erscheinst du mir noch heut, so schön.« Er hob die Augenbrauen an. »Wirklich rührend.«
»Nicht wahr?«, giftete ich in derselben Tonlage zurück und fischte gleichzeitig einen weiteren Zettel und Tesafilm aus meiner
Weitere Kostenlose Bücher