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Fesseln der Sehnsucht

Fesseln der Sehnsucht

Titel: Fesseln der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Sie spürte, wie er auf sie zukam. Sein Schatten legte sich über sie und sie sah den dunklen Glanz seiner Stiefelspitzen vor sich.
    »Ich weiß es auch nicht«, antwortete er mit rauer, vom Whiskey verschwommener Stimme. »Ich weiß nur, dass ich alles satt habe. Ich bin es leid, mich mühsam vorwärts zu kämpfen, wenn nichts die verheerende Flut aufhalten kann. Ich bin es leid, Entscheidungen zu treffen. Ich bin aus dem Süden geflohen … weil ich es leid war, eine Niederlage nach der anderen einstecken zu müssen … Mein Gott Cinda, es gibt Dinge, von denen ich dir nie erzählt habe …« Mit einem tiefen Stöhnen sank er auf die Knie und barg das Gesicht in ihrem Schoß, seine Hände krallten sich in die duftende Seide ihrer Rücke. Lucy erstarrte. Sie hörte ein trockenes, abgehacktes Schluchzen und blickte erstaunt auf seinen goldenen Haarschopf. Der sorglose, spöttelnde, hitzköpfige Heath Rayne barg seinen Kopf in ihrem Schoß und seine Finger krallten sich in ihr Kleid.
    Plötzlich fiel es ihr nicht mehr schwer, ihn zu trösten, die Worte sprudelten aus ihr heraus. Sie beugte sich über ihn, streichelte ihm übers Haar, murmelte leise Worte. »Du bist müde und überarbeitet. Ich weiß, dass du mir vieles nicht gesagt hast … aber es ist nicht schlimm.«
    »Ich bin gegangen, weil es nicht aufhört … bis all ihr Lebenswille gebrochen ist … Ich konnte nicht bleiben und mir das ansehen.«
    »Nein, nein, natürlich nicht das ist verständlich«, tröstete sie ihn, ohne ihn zu zwingen, sich das Herz zu erleichtern. Später wäre dafür Zeit genug. Er war erschöpft und ausgelaugt er brauchte ein paar Stunden, um auszuruhen und an nichts zu denken. Sie konnte nachfühlen, wie ihm zumute war. Sie dachte an jene Nacht, als sie zu ihm gelaufen war, nachdem Daniel sie eiskalt abgewiesen hatte. Heath war für sie da, um ihr zu helfen, ließ sie gewähren und gab ihr Kraft. Reichte ihre Kraft, um ihm zu helfen?
    »Ich war so hilflos …«
    »Schschsch … alles wird gut.«
    »Du begreifst nicht, wie das war …«
    »Doch, ich verstehe dich«, murmelte sie und legte ihm ihre kühlen Finger in den Nacken.
    »Nein … ich bin zurückgegangen und habe alles gesehen … alle waren da … Raine … Raine war auch da. Clay war verwundet … sein Rücken … Sie brauchten mich. Ich hätte ihnen helfen können. Ich hätte für alle gesorgt … ich hätte sie nicht angefasst. Nein, das hätte ich nicht getan.«
    »Heath?« fragte Lucy leise in sein Haar. »Wer ist Raine? Von wem sprichst du?«
    Er schüttelte hilflos den Kopf, nahm ihre schmale Hand und presste sie an die Narbe an seiner Stirn.
    Besorgt fragte Lucy sich, was zwischen ihm und dieser Raine vorgefallen war. Liebe? Hass? Sie musste akzeptieren, dass er einst eine Frau geliebt hatte, der er alles gegeben hatte, was er Lucy nicht geben konnte.
    Vielleicht war Raine diese Frau. Lucy hatte bislang nicht gewusst, wie sehr Eifersucht schmerzen konnte.
    »Sie wollte es nicht zugeben … aber sie brauchte mich …« Er wischte sich mit dem Ärmel über die Augen und barg den Kopf wieder in ihrem Schoß. Lucy hörte ihm schweigend zu, zerrissen zwischen der Hoffnung, er würde fortfahren, und dem Wunsch, nichts mehr hören zu müssen. »Sie hat es nie eingestanden. Nie.«
    Lucy strich ihm zärtlich über die Schläfen.
    »Ich wollte dich«, sagte er unvermittelt mit belegter Stimme. »Seit ich dich zum ersten Mal sah. Habe ich dir das je gesagt?«
    »Nein, hast du nicht.«
    »Es hat geregnet. Du bist über die Straße gegangen, viel langsamer als alle anderen, weil du vorsichtig den Pfützen ausgewichen bist. Ich wollte dich haben.«
    »Heath …«
    »Als ich dich aus dem Fluss gezogen habe, hast du mich ständig Daniel genannt … aber ich war es. Ich habe dich in meinen Armen gehalten.«
    »Ich weiß.«
    »Aber du hast ständig Daniel gesagt.« Er seufzte schwer, dann verfiel er in Schweigen. Sein Kopf und seine Arme wurden schwer. Wenn er jetzt einschlief, wäre sie nicht in der Lage, ihn hochzuheben und aufs Bett zu legen. Der Gedanke, womöglich Hilfe holen zu müssen, brachte sie in die Gegenwart zurück.
    »Heath, setz dich aufs Bett und lass dir helfen, die Stiefel auszuziehen.«
    »Nein … nicht nötig.«
    »Doch, alleine schaffst du es nicht.«
    Leise fluchend trennte er sich von dem wärmenden Nest ihres Schoßes, zog sich aufs Bett und streckte ihr einen Fuß entgegen. Lucy mühte sich minutenlang ab, bis sie ihm endlich die Stiefel

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