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Fesseln der Sehnsucht

Fesseln der Sehnsucht

Titel: Fesseln der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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hoch wie die weiße Fahne eines Parlamentärs. »Ich bin gekommen, General, um zu erfahren, ob Hoffnung auf Friedensverhandlungen besteht.«
    Mit einem leichten Lächeln zog Heath sich den Stuhl neben Lucy zurecht und setzte sich. »Möglicherweise. Du kannst damit beginnen, mir die Brötchen zu reichen.«
    »Ja, Sir.«
    Lucy atmete erleichtert auf und verfolgte schweigend das Gespräch, in dem Kompromisse verhandelt wurden.
    Beide Männer waren einsichtig genug, um ihre Pläne nicht ihrem verletzen Stolz zu opfern. Nach Lucys Einschätzung zog keiner der beiden ernsthaft in Erwägung, die Zeitung aufzugeben. Der Examiner bedeutete für beide mehr als nur Geld, mehr als Druckerschwärze und Papier, Worte und Satzspalten. Die Zeitung gab beiden die Chance, ihren Idealismus auszuleben. Und beide hatten die Absicht sich das nicht nehmen zu lassen.
    Es kostete Lucy sehr viel Überredungskunst, Heath dazu zu bewegen, sie zu Hosmers Weihnachtsfeier in Concord zu begleiten, statt die festliche Gala im Hause Redmond zu besuchen. Weihnachten auf dem Lande war etwas anderes als in der Großstadt. Zugegeben, es war weniger festlich und glanzvoll, aber Weihnachten in Concord hatte etwas ganz Besonderes: Es war altmodisch, fröhlich, ungezwungen und gemütlich. Jedes Haus war mit Tannenzapfen und Stechpalmenzweigen geschmückt und in allen Räumen duftete es nach Zimt und Nelken. In den Türrahmen hingen Mistelzweige mit langen roten Schleifen und einem alten Brauch zufolge durfte jeder, der unter einem Mistelzweig stand, geküsst werden.
    Die Bewohner von Concord feierten Weihnachten von alters her mit Freunden und Verwandten, es wurde festlich gespeist, getrunken und geplaudert. Die Tische bogen sich unter irischen Weihnachtsstollen mit Rosinen und Zuckerguss, es gab heißen würzigen Punsch, Apfelpasteten, Weihnachtsplätzchen, kandierte Früchte und Eierlikör mit Muskat.
    Lucy, die sich freute, nach langen Monaten alte Bekannte wieder zu sehen, kleidete sich mit großer Sorg Sie wählte ein grünes Samtkleid, dessen lange Armel an den Handgelenken spitz ausliefen, sowie einer mit Goldstickerei durchwirkten Tournüre. Die Krinoline war ungewöhnlich schmal, nur halb so breit wie ein gewöhnlicher Reifrock.
    Dafür wies der Rock eine lange Schleppe auf. Heath gefiel die neue Mode ausnehmend gut. Eine Dame im normalen Reifrock nahm den Platz auf einem Sofa ganz für sich allein ein und ein Herr konnte sich ihr nur auf Armeslänge nähern.
    Die Hosmers empfingen das Ehepaar Rayne mit ausgesuchter Herzlichkeit. Mrs. Hosmer brach in Entzückensrufe über Lucys elegantes Samtkleid aus und wies einen ihrer drei Söhne an, zwei Gläschen Eierlikör zu bringen, während Mr. Hosmer Heath beiseite nahm und ihn den anderen Gästen vorstellte.
    »Lucy«, meinte Mrs. Hosmer, deren flinke Augen sie diesmal nicht missbilligend durchbohrten, »wir haben ja ewig nichts von Ihnen gehört, seit Sie nach Boston gezogen sind. Wie gefällt Ihnen das Leben in der Großstadt?«
    »Mein Gemahl und ich finden es ziemlich hektisch, aber auch mit vielen Annehmlichkeiten verbunden«, antwortete Lucy und beobachtete, wie Mr. Hosmer ihren Gatten ins Nebenzimmer führte.
    »Das kann ich mir vorstellen. Noch dazu bei dem Beruf Ihres Gemahls … ausgerechnet eine Zeitung … ehrlich gestanden, hätte niemand so etwas von ihm erwartet … Sie verstehen.«
    »Ich verstehe«, meinte Lucy mit einem feinen Lächeln. »Der Erwerb der Zeitung war auch für mich eine Überraschung.«
    »Ach, tatsächlich?« Der ungläubige Unterton verriet dass Mrs. Hosmer ihr kein Wort glaubte. »Wie man so hört, erwirbt er sich in Boston trotz seiner Vergangenheit hohes Ansehen.«
    »Ach, tatsächlich?«, parierte Lucy und nahm das Gläschen Eierlikör in Ein fang. »Wie nett von Ihnen, das zu sagen.«
    »Sie haben ja eine weitaus bessere Partie gemacht als Sie uns zunächst glauben machten.«
    Diese Bemerkung verblüffte Lucy allerdings sehr. »Es lag nicht in meiner Absicht jemandem etwas vorzutäuschen«, entgegnete sie vorsichtig und Mrs. Hosmer tat ihr den Gefallen zu erröten.
    »Gewiss lag das nicht in Ihrer Absicht meine Liebe.« Ihr Blick flog über Lucys Schulter zur Haustür, wo gerade neue Gäste eintrafen. »Du liebe Güte«, plapperte sie drauflos, »wenn das nicht das hübscheste junge Paar in ganz Concord ist. Sally, meine Liebe, kommen Sie doch … oh …« Mrs. Hosmer errötete noch tiefer und blickte von Lucy zu Daniel und Sally. Lucy drehte sich um,

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