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Fesseln der Sehnsucht

Fesseln der Sehnsucht

Titel: Fesseln der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Eindruck hatte ich gestern keineswegs.«
    »Nun, viele Menschen halten ihn für sehr … progressiv.«
    »Sehr taktvoll ausgedrückt.«
    »Möglicherweise zu progressiv. Aber er glaubt fest an das, was er tut, und er ist seinen Landsleuten sehr verbunden. Das können Sie gewiss verstehen.«
    »Ich bin nicht gekommen, um mit Ihnen zu debattieren.«
    »Ich versuche Ihnen nur zu erklären«, fuhr Lucy unbeirrt fort, »dass er bereit wäre, Ihnen zuzuhören, wenn er das Gefühl hätte, Sie brächten seiner Position mehr Verständnis entgegen. Wie Sie bereits wissen, leistet er umso heftiger Widerstand, wenn Sie versuchen, ihn in einer offenen Konfrontation zu übertrumpfen.«
    »Vielen Dank für den Ratschlag«, murmelte Damon. »Ich versuche ihn zu beherzigen.«
    Als Bess mit einem Tablett eintrat, wechselten sie das Thema und tauschten Belanglosigkeiten aus. Das Mädchen legte umständlich und ungeschickt ein Gedeck für den Gast auf, wobei sie immer wieder verstohlene Bli cke auf den gut aussehenden Mann warf, bis Lucy drauf und dran war, sie für ihr Benehmen zu tadeln. Damon schien das Interesse der Hausangestellten nicht zu bemerken; seine Aufmerksamkeit richtete sich auf Lucy, die seine Blicke schmeichelhaft und zugleich ein wenig lästig fand. Sie reichte ihm den Korb mit frischen Brötchen und riet ihm, sich ein großes zu nehmen. Als er gleich zwei auf seinen Teller legte, lächelte Lucy vergnügt. »Wie erfreulich, dass außer mir heute Morgen noch jemand Appetit hat«, meinte sie scherzend.
    »Nur weil ich mitten in einer persönlichen Krise und vor dem möglichen finanziellen Ruin stehe, bedeutet das nicht, dass ich auch noch verhungern soll.« Damon brach ein dampfendes Brötchen und bestrich es mit Butter.
    »Sehr praktisch gedacht.«
    »Etwas anderes wird von einem Redmond auch nicht erwartet. Die Cabots sind ungehobelt, die Forbeses sind verschroben, die Lawrences geizig, die Lowells gefühlskalt. Die Redmonds sind praktisch.«
    Lucy lächelte höflich, obwohl sie diese Beurteilung unsinnig und lächerlich fand. Anscheinend war es einem Angehörigen einer der ersten Familien nicht gestattet, ein Eigenleben zu haben. Für Damon jedenfalls war alles vorgezeichnet vom Tag seiner Geburt an bis zu seinem Todestag. Alles war vorgeschrieben: seine Freunde, seine Karriere, seine zukünftige Frau, ja sogar seine eigene Persönlichkeit. Mit Sicherheit hatte seine Familie seine Entscheidung nicht gebilligt, eine Zeitung zu erwerben, statt in die Fußstapfen seines älteren Bruders zu treten und Bankier zu werden. Lucy hoffte, Damon würde sich auch weiterhin dem Redmondschen Muster entziehen, da sich ihrer Meinung nach hinter der Fassade des strebsamen jungen Mannes, zu dem er erzogen worden war, eine völlig andere Persönlichkeit verbarg.
    »Auch ich wurde zu praktischem Denken erzogen«, gestand sie, während sie sich Sahne in den Kaffee goss und langsam umrührte. »In meinem Leben war bisher alles geplant und vorhersehbar. Entscheidungen waren leicht zu treffen, Probleme mühelos zu lösen.« Sie schüttelte schmunzelnd den Kopf. »Und dann lernte ich Heath kennen und seither ist alles anders. Nichts ist mehr einfach. Es ist nicht leicht, mit jemandem zusammenzuleben, dem mit Vernunft nicht beizukommen ist.«
    »Er sieht die Dinge von einer anderen Warte als wir«, pflichtete Damon ihr mit leichter Bitterkeit bei. »Eine höchst komplizierte Warte. Ich hätte längst lernen sollen, einen Weg zu finden, Auseinandersetzungen wie diese zu vermeiden. Ich scheine keinen großen Erfolg zu haben, mich mit ihm zu verständigen.«
    Bess erschien mit dem Frühstückstablett und Lucy nippte nachdenklich an ihrem Kaffee. Interessanterweise hatten sie und Damon ähnliche Schwierigkeiten im Umgang mit Heath. Praktisch denkenden Menschen fiel es schwer, ihn zu verstehen, da Heath so schwer einzuordnen war. Lucy hatte sich damit abgefunden, ihn so zu akzeptieren, wie er war, mit all seiner Vielschichtigkeit. Sie gab sich mit dem Wissen zufrieden, dass er Menschen wie sie brauchte, beständige, unbeirrbare Menschen, um seine Welt im Gleichgewicht zu halten.
    In diesem Augenblick betrat Heath das Zimmer, blieb an der Tür stehen und betrachtete den unerwarteten Gast.
    Lucy blickte von ihm zu Damon und hielt unwillkürlich den Atem an.
    »Es überrascht mich nicht, dich hier zu sehen«, meinte Heath trocken. »Die Yankees haben sich nie gescheut, in feindliches Gebiet vorzudringen.«
    Damon hielt die Serviette an einer Ecke

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