Fesseln der Sehnsucht
reden konnte?
»Ich will nicht jedes Wochenende ausgehen«, schmollte sie mit bebender Stimme. »Nie haben wir Zeit für uns.«
»Das wird nicht ewig so weitergehen«, entgegnete Heath leise. »Im Moment muss ich mich eben um vieles kümmern.«
»Aber du musst nicht alles selbst machen!«, widersprach sie aufbrausend. »Du hast kein Vertrauen, anderen wenigstens einen Teil deiner Arbeit zu übertragen, weil … du zu arrogant bist und denkst, du seist der Einzige, der alles richtig macht!«
»Lucy …« Als er sah, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen, rieb er sich seufzend die Schläfen. »Also gut. In ein paar Wochen werde ich einige Arbeiten delegieren zu können.«
Damit gab sie sich nicht zufrieden. Im Gegenteil, ihre Tränen flossen nur noch reichlicher. »Ich weiß nicht, wie lange du noch so weitermachen kannst, ich jedenfalls kann nicht mehr!«
Leise fluchend legte er den Gehrock ab, setzte sich zu ihr aufs Bett und zog sie auf seinen Schoß. Lucy kuschelte sich an seine Brust und barg ihr tränennasses Gesicht an seinem Hals. »Schschsch … ist ja gut«, raunte er in ihr Haar und wiegte sie wie ein Kind. »Wir gehen nicht aus. Wir bleiben hier.«
»Ich bin nicht mehr so glücklich, wie ich es war.«
»Ich weiß, ich weiß, Süße. Von heute an wird alles wieder gut.«
»Du lachst nicht mehr wie früher.«
»Ab morgen lache ich wieder.«
»Du lebst nur noch für die Zeitung … und wenn du heim kommst, bist du todmüde und ich habe nichts von dir.«
»Ach, Süße.« Schmunzelnd strich er ihr übers Haar und küsste eine zarte Stelle hinter dem Ohr. »Verzeih mir. Hör auf zu weinen … schschsch …«
Er flüsterte tröstliche Worte, wiegte sie und streichelte ihr übers Haar, bis ihre Tränen versiegten. Als sie gemeinsam aufs Bett sanken, stieg zögernd ein Gefühl der Erleichterung in Lucy hoch. Alles war gut, so lange er bei ihr war und sie in seine Arme schloss. »Bleib bei mir«, bat sie, als er sich zu bewegen begann. »Geh nicht weg.
Lass uns nur eine Welle nebeneinander liegen und ausruhen. Später lass ich uns etwas zum Essen heraufbringen.«
Da es noch früh am Abend war, erwartete Lucy eine ablehnende Antwort. Jeden Abend erledigte er noch Schreibtischarbeit oder las Veröffentlichungen, ehe er zu Bett ging. Doch heute war er erstaunlich gefügig und erhob keinen Protest, als sie aufstand, um die Lichter herunter zudrehen. Als sie sich wieder zu ihm legte, brummte er schläfrig, zog sie an sich und bettete seinen Kopf an ihren Busen. Lucy genoss es, ihn bei sich zu haben, ließ ihre Finger durch sein goldblondes Haar gleiten und blickte sinnend ins Kaminfeuer. Sein Körper wurde schwer, als er sich entspannte und in einen ungewöhnlich tiefen Erschöpfungsschlaf fiel, reglos wie ein Toter. Er rührte sich nicht einmal, als es leise an der Schlafzimmertür klopfte.
»Ja?«, fragte Lucy mit gedämpfter Stimme. »Was gibt’s?«
Bess streckte vorsichtig den Kopf zur Tür herein. »Mrs. Rayne, der Kutscher …«
»Danke, wir brauchen ihn heute Abend nicht mehr«, antwortete Lucy. »Und sorgen Sie dafür, dass wir nicht gestört werden.« Lucy wusste, dass sie unnötig barsch klang, doch das Mädchen schien es ihr nicht übel zu nehmen.
»Ja, Mrs. Rayne.«
Die Tür wurde leise geschlossen und das Zimmer war nur vom schwachen Schein des Kaminfeuers er hellt. Es war still bis auf das gelegentliche Knistern der Holzscheite und Heath’ tiefe, regelmäßige Atemzüge. Lucy blieb bis nach Mitternacht wach, als wolle sie über den Schlaf ihres Gemahls wachen. Vielleicht würde sie sich eines Tages darüber amüsieren, wie angespannt und ungewiss diese Stunden ihr erschienen waren, wie sie in unbegründeter Angst die Arme um ihn schlang, als wolle sie ihn vor der Welt draußen beschützen. Vielleicht würde sie sich eines Tages an diese dunklen Nachtstunden erinnern und über ihre Besorgnis lachen. Aber nicht jetzt. Nein, jetzt nicht.
»Du hast Fieber«, sagte Lucy eindringlich und folgte Heath während seiner Morgentoilette auf Schritt und Tritt.
»Mag sein«, erwiderte er gleichmütig, tupfte sich das frisch rasierte Gesicht mit einem Handtuch ab und ging ins Schlafzimmer. »Es ist Winter. Da holt man sich schnell eine Erkältung. Das hindert mich aber nicht daran, in die Redaktion zu gehen.«
Lucy seufzte verzweifelt. »Wenn ich geahnt hätte, wie störrisch du bist hätte ich dich heute Nacht ans Bett gefesselt!«
Heath fühlte sich erfrischt und ausgeruht wie
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