Fesseln der Sehnsucht
Zweideutigkeit seiner Bemerkung zu lachen. Ungeduldig drängte sie ihn die Treppe hinauf, half ihm aus den nassen Sachen und wickelte ihn in seinen warmen Bademantel. Lange stand Heath vor dem Kaminfeuer, um sich Bauch und Rücken zu erwärmen.
Sie ließen sich das Abendessen aufs Zimmer bringen und aßen an einem kleinen Tisch vor dem Kamin. Lucy unterhielt Heath mit einem Bericht über den Vortrag, den sie an diesem Tag besucht hatte. Heath hörte ihr zu, nippte an einem Glas Cognac und wirkte ungewöhnlich versonnen.
»Und dann meinte der Abgeordnete Gowen … Heath, hörst du mir eigentlich zu?«
»Aber ja«, versicherte er träge, lehnte sich bequemer im Sessel zurück und stellte den bloßen Fuß auf ihren Stuhl.
»Was meinte der Abgeordnete Gowen?«
»Er meinte, der Schiffsbau müsse staatlich unterstützt werden, da wir wieder eine starke Marine brauchen.«
»Gut. Dieser Bereich ist seit Kriegsende vernachlässigt worden.«
»Er sagte weiterhin, Amerika sei in den Fünfzigerjahren führend, auf dem Sektor des Schiffsbaus gewesen, als die Schiffe noch aus Holz gebaut wurden. Nun werden Schiffe aber aus Stahl und Eisen gebaut und die Engländer seien uns in dieser Technik weit voraus. Gowen schlägt vor, den Schiffsbau staatlich zu subventionieren und Importe zu besteuern und diese Gelder dem Schiffsbau zukommen zu lassen.«
»Sprich weiter«, sagte Heath leise, stützte das Kinn in die Hand und betrachtete ihr Gesicht, in dem der Schein der Flammen spielte.
»Wenn es dich interessiert, was er sonst noch gesagt hat, ehm … ich habe mir ein paar Notizen zu dem Vortrag gemacht, die du dir anschauen könntest.« Sie zuckte die Schultern. »Aber ich kann es dir auch erzählen. Lass nur.«
»Notizen?«, wiederholte Heath neugierig und unterdrückte ein Schmunzeln, da sie sich so betont gleichgültig gab.
»Die würde ich gerne lesen. Zeig mal.« Lucy, die nur auf diese Antwort gewartet hatte, stand ohne Zögern auf, trat an ihren Frisiertisch, öffnete eine Schublade und holte ein paar Blätter hervor. »Nur ein paar belanglose Anmerkungen«, meinte sie wegwerfend.
Als sie ihm die Blätter reichte, wurde Lucy von Zweifeln befallen. Am liebsten hätte sie ihm die Aufzeichnungen wieder aus der Hand gerissen, ehe er zu lesen begann. Sie wusste selbst nicht, was sie dazu bewogen hatte, über den Vortrag zu schreiben. Noch heute Morgen war sie von der Idee begeistert gewesen, die ihr plötzlich töricht erschien. Vermutlich hatten die Gespräche mit Heath sie dazu bewogen, etwas zu Papier zu bringen. Er sprach so oft über die Reporter in seiner Zeitung, über ihre Leistungen und ihre Fehler. Nun fragte Lucy sich bang, ob sie sich mit ihrem Geschreibsel blamieren würde. Sie rang die Hände hinter dem Rücken, zu nervös, um sich wieder zu setzen.
Heath hatte die erste Seite noch nicht zu Ende gelesen, als er den Kopf hob und sie scharf ansah. »Das nenne ich keineswegs ein paar belanglose Anmerkungen, Cinda.«
Sie zuckte verlegen die Schultern und wandte den Blick, als er weiterlas. Nachdem er den Rest gelesen hatte, legte er die Blätter bedächtig auf den Tisch mit einem Ausdruck im Gesicht, den sie nicht deuten konnte. »Das ist perfekt. Ich würde kein Wort daran ändern. Wie lange hast du daran gearbeitet?«
»Ach, nur ein, zwei Stunden.« Sie hatte den ganzen Nachmittag daran gesessen, doch das musste er ja nicht wissen.
»Der Aufbau, die Länge, der Schreibstil … nichts ist daran auszusetzen.« Er lächelte ein wenig schief. »Weißt du, wie viel Mühe es uns kostet, bis wir unsere Reporter so weit haben, einen solchen Artikel abzuliefern?«
Lucy strahlte innerlich vor Glück über sein Lob und, hatte Mühe, sich ihren Stolz nicht zu deutlich anmerken zu lassen. »Ich wollte es nur einmal versuchen.«
»Ich würde den Artikel gern Damon geben.«
»Meinst du, für den Examiner?«
»Ja, das meine ich.«
»Dafür ist er nicht gut genug«, gab Lucy zu bedenken.
»Keine falsche Bescheidenheit«, entgegnete Heath entschieden. »Dein Artikel ist gut.«
»Glaubst du wirklich?« Nun strahlte sie übers ganze Gesicht. »Wenn du willst, kannst du ihn Damon bringen, aber sag ihm nicht, dass er von mir ist. Du kannst ja irgendwelche Initialen daruntersetzen und wenn ihm nicht gefällt, muss es keiner wissen.«
»Ich sage ihm nicht, wer ihn geschrieben hat«, versicherte er. »Aber er wird es sich vermutlich denken können.«
»Willst du mir nur schmeicheln, um mich nicht kränken, oder gefällt
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