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Fesseln der Sehnsucht

Fesseln der Sehnsucht

Titel: Fesseln der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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»Wahrscheinlich gewöhnt man sich an alles – auch daran, dass der Liebste das Wochenende in seiner Kanzlei verbringt. Du hast wenigstens einen Verlobten, was die meisten von uns nicht von sich sagen können. Seit dem Krieg gibt es einfach zu wenig Männer im heiratsfähigen Alter. Selbst ich kann nicht mehr so wählerisch sein wie früher. Denk doch nur, ich bin bald zwanzig und immer noch nicht verlobt …«
    »Du redest, als seist du schon eine alte Jungfer«, entgegnete Lucy lachend.
    »Gott behüte! Das werde ich nie sein«, wehrte Sally entsetzt ab. »Ich würde es nicht ertragen, ein Leben wie Daniels Schwester Abigail zu führen. Sie ist dreiunddreißig und noch nie geküsst worden. Gütiger Himmel, sie kommt zu uns herüber.«
    Lucy lächelte Abigail freundlich entgegen, einer spröden, schmallippigen Person mit eisernem Willen und ohne jeden Humor. Ob sie jeden Wunsch verspürte hatte, geküsst zu werden? Kaum vorstellbar. Lucy kannte keinen zugeknöpfteren Menschen als sie. Abigail hatte braune Augen wie David und trug eine verschlossene Miene zur Schau, die niemals verriet, was in ihr vorging. Sie war in Daniel vernarrt wie die ganze Familie. Alle Colliers waren so stolz auf ihn, dass Lucy insgeheim befürchtete, die Familie halte sie möglicherweise nicht gut genug für ihn.
    »Guten Abend, Lucy«, grüßte Abigail höflich. »Daniel lässt dich grüßen. Er gab uns Bescheid, dass er bis spät abends in Lowell aufgehalten wird.«
    »Heißt das, er kommt nicht …«
    »Richtig«, meinte Abigail. Ihre stechend braunen Augen schienen nur darauf zu warten, dass Lucy eine Szene machte. »Du weißt, wie ernst er seinen Beruf nimmt. Er kann schließlich wegen einer albernen Tanzerei nicht eine wichtige Besprechung absagen.«
    »Natürlich nicht«, pflichtete Lucy ihr errötend bei. Zu ihrem Entsetzen spürte sie, wie ihr vor Enttäuschung Tränen in den Augen brannten. Untersteh dich zu weinen!, schalt sie sich streng und blinzelte heftig. Sally und Abigail tauschten einen frostigen Blick, ehe Abigail ging.
    »Das war richtig gemein«, zischte Sally empört. »Sie hat absichtlich gewartet, bis du angezogen bist, ehe sie es dir sagte. Ohne Daniel …«
    »Alle Welt scheint zu denken, mein Leben müsse sich ausschließlich um Daniel drehen«, unterbrach Lucy sie aufgebracht. »Vermutlich sollte ich jetzt nach Hause gehen und Trübsal blasen, nur weil Daniel nicht kommt. Ich denke nicht daran. Ich bleibe und werde mich amüsieren … und mit anderen Männern tanzen … und lachen … vielleicht flirte ich sogar.«
    »Lucy!«, rief Sally erschrocken und entzückt zugleich. »Das schickt sich nicht. Was werden die Leute sagen?«
    »Ich bin nicht Daniels Besitz … noch nicht. Ich sehe keine Veranlassung, im stillen Kämmerlein zu sitzen. Wir sind zwar verlobt, haben aber noch nicht einmal einen Termin für die Hochzeit festgelegt. Ich bin jung und unverheiratet und habe ein Recht darauf, mich zu amüsieren.«
    Hoch erhobene n Hauptes rauschte Lucy aus der Garderobe, den Seidenfächer wie einen Schutzschild umklammert.
    Ihrem Versprechen getreu amüsierte Lucy sich köstlich, als sei sie an keinen Mann gebunden, plauderte angeregt und tanzte ohne Scheu mit jedem Herrn, der sie aufforderte. Sie wusste genau, dass sie sich anders benahm als sonst und unliebsam auffiel mit ihrem hellen Lachen und ihrer ausgelassenen Fröhlichkeit. Sehr gut, dachte sie grimmig und schenkte jedem Herrn, der ihren Blick suchte, ein strahlendes Lächeln. Wenn Daniel davon erfährt, wird er in Zukunft nicht mehr so gerne Überstunden machen und mehr Zeit mit mir verbringen. Vielleicht würde er erzürnt sein und eine Erklärung von ihr verlangen oder darauf bestehen, dass sie sich in Zukunft nicht mit anderen Männern amüsierte. Lucy wusste nur, dass ihr jede Aufmerksamkeit von ihm willkommen war. Ohne auf die vorwurfsvollen Blicke ihres Vaters vom anderen Ende des Saals zu achten, drehte sie sich schwungvoll auf dem Parkett mit wechselnden Tanzpartnern. Und allmählich begann der Knoten in ihrer Magengrube sich zu lösen.
    »Daniel wird bedauern, Sie in Ihrer glänzenden Laune nicht erleben zu dürfen«, meinte David Fraser, mit dem sie sich zu Walzerklängen durch den Saal drehte. Lucy schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, denn genau das wollte sie hören.
    »Glauben Sie wirklich?«, fragte sie kokett und als David sie mit schmeichelhaften Komplimenten überhäufte, lachte Lucy ungezwungen und geschmeichelt. Sekunden später

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