Fesseln der Sehnsucht
dunklen Augen flackerte ein seltsamer Funke. Das Tempo des Walzers wurde schneller und seine behandschuhten Finger übten mehr Druck auf ihren Rücken aus, als er sie noch schwungvoller im Kreise drehte.
»Wer ist die Dame, mit der Sie sich beim Dinner unterhielten?«, erkundigte sich Lucy.
»Alicia Redmond.«
»Redmond?«
»Eine entfernte Cousine. Da ich der einzige noch ledige Sohn bin, deutete die Familie an, eine Heirat zwischen uns sei wünschenswert. Was halten Sie davon?«
»Schrecklich«, antwortete Lucy, ohne zu überlegen. Ihre Spontaneität ließ ihn schmunzeln.
»Wieso?«
»Ich glaube, das sollte ich Ihnen nicht sagen. Vielleicht möchten Sie meine persönliche Meinung nicht hören.«
»Im Gegenteil. Ich bin nur nicht daran gewöhnt, dass man offen mit mir spricht. Nur zu! Ich kann ein offenes Wort vertragen.«
»Nun denn …« Lucy senkte die Stimme. »Ich glaube, zu Ihnen würde eine andere Art Frau besser passen. Ihre Cousine scheint mir ziemlich kühl zu sein. Würde Ihnen eine Frau mit einem fröhlicheren Wesen nicht besser gefallen? Ihre Cousine hat Ihnen bei Tisch kein einziges Lächeln entlockt.«
»Nein, das hat sie nicht«, erwiderte Damon sinnend. »Aber in meiner Familie legt man keinen großen Wert darauf, ob eine Ehefrau ein fröhliches Naturell besitzt. Und ich halte es ebenfalls nicht für sonderlich bedeutungsvoll, ob ich meine Pflichten lächelnd erfülle.«
»Aber das stimmt nicht!«, widersprach Lucy heftig. »Ich bestehe darauf, dass Sie eine Frau heiraten, die natürlich und fröhlich ist, die Sie zum Lachen bringt, die keine Angst …«
»Und?«, hakte Demon nach, als sie nicht weitersprach. »Eine Frau, die keine Angst vor mir hat?«
Lucy errötete. »Ich meinte nicht …«
»Aber wer sollte Angst vor mir haben?«, fragte er mit leisem Spott.
»Nun, Sie haben eine seltsame Art, Menschen anzusehen.«
»Eine Art die den Leuten Angst einjagt?«
»Nicht wirklich Angst …«, antwortete Lucy und stockte, als das Lachen aus seinen Augen schwand.
»Sagen Sie es mir«, verlangte er. Plötzlich hatte sie den vagen Eindruck, er bitte sie um Hilfe. Gebannt von seinem eindringlichen dunklen Blick, sah sie ihm stumm in die Augen. »Bitte«, fügte er leise hinzu.
»In Ihrem Blick liegt eine gewisse Kritik«, murmelte sie, »als wollten Sie andere auf ihre Schwächen aufmerksam machen. Man denkt, man müsse anders, besser sein, um vor Ihrem strengen Urteil zu bestehen. Dabei glaube ich, es ist gar nicht Ihre Absicht den Leuten dieses Gefühl zu geben.«
»Nein.« Das Licht spiegelte sich in seinem pechschwarzen Haar als er den Kopf schüttelte.
»Deshalb sollten Sie auf eine Frau warten, die keine Angst vor Ihnen hat. Nur eine solche Frau würde Sie faszinieren und den Wunsch in Ihnen wecken, sie wirklich kennen zu lernen … so wie ein Ehemann seine Frau kennen will.«
Das Gespräch war seltsam intim und persönlich geworden. Lucy spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg, sie fürchtete, mit ihrer Offenherzigkeit zu weit gegangen zu sein.
»Vielen Dank«, meinte Damon leise. »Ich schätze Ihre Aufrichtigkeit sehr.«
Sie tanzten schweigend weiter und erst gegen Ende des Walzers hob Lucy den Blick und sah ihm in die Augen.
»Mr. Redmond … mir liegt noch etwas auf dem Herzen.«
»Nur heraus damit!«
»Ich würde mich freuen, wenn Sie mich im Freundeskreis Lucy nennen. Ich weiß, Heath hätte nichts dagegen.«
Sie gewahrte eine Betroffenheit in seinen Augen, ein Sehnen – nein, etwas wie … Einsamkeit? Rasch verschloss er sich wieder. »Ich freue mich, dass Sie mir Ihre Freundschaft anbieten«, antwortete er weich. »Und ich bedanke mich dafür in der Hoffnung, Sie nehmen meine Freundschaft an. Aber ich würde es vorziehen, Sie nicht beim Vornamen zu nennen.«
»Wie Sie wünschen«, entgegnete Lucy lächelnd, ohne zu ahnen, wie schwierig es war, Damon Redmonds Freundschaft zu gewinnen, und wie viele Menschen in ihren Bemühungen gescheitert waren. Sie ahnte auch nicht, dass er sich an dieses Versprechen ein Leben lang halten würde, da Freundschaft für ihn ein Band war, das länger hielt als die Liebe. Lucy hatte auch keine Ahnung, wie sehr sie Damons Freundschaft in Zukunft brauchen würde.
Den Rest des Abends hielt Damon sich von ihr fern, was Lucy kaum bemerkte, da Heath nicht mehr von ihrer Seite wich. Er tanzte mit ihr und drehte sie dabei mit solcher Leichtigkeit und Beschwingtheit übers Parkett, dass Lucy beinahe zu schweben vermeinte. Sie
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