Fesseln der Sehnsucht
im Spiegel, glättete die dunklen Bögen ihrer Augenbrauen mit einer befeuchteten Fingerkuppe und nagte an ihren Lippen, bis sie sich röteten.
»Lass das. Darum kümmere ich mich«, ertönte Heath Stimme von der offenen Tür her. Lucy drehte lächelnd den Kopf. Er sah atemberaubend aus im festlichen Schwarz und Weiß. Seine blaugrünen Augen strahlten, sein blondes Haar schimmerte golden.
»Worum kümmerst du dich?«, fragte sie.
Statt einer Antwort trat er zu ihr, legte ihr die Hände auf die nackten Schultern, umfing ihre Lippen mit seinem Mund und zwang sie drängend sie zu öffnen. Seine Zungenspitze umtanzte die ihre, sein Mund saugte sich an ihren Lippen fest, bis Lucy sich mit einem nervösen Lachen von ihm befreite.
»Heath!«, hauchte sie atemlos. »Wenn ich deine Hilfe bräuchte, hätte ich darum gebeten.« Hastig wandte sie sich wieder dem Spiegel zu und schalt sich insgeheim, sich so leicht von ihm aus der Fassung bringen zu lassen. Ihre Wangen flammten und ihre Lippen waren weich und rosig.
»Ich dachte, du wolltest etwas Farbe in dein Gesicht zaubern.«
»Das schon. Aber ich will nicht aussehen, als sei ich gerade aus dem Bett geschlüpft.«
Heath lachte leise und legte ihr die Hände um die schmale Mitte. »Wenn wir Zeit hätten …«
»Ja, ich weiß«, wehrte Lucy ab, klopfte ihm auf die Finger und griff nach der Puderquaste auf dem Frisiertisch.
»Nun lass mich bitte fünf Minuten in Frieden, damit ich endlich fertig werde.«
Artig nahm Heath auf einem für seine Körpergröße lächerlich zierlichen vergoldeten Stühlchen Platz und sah ihr aufmerksam zu. »Hast du nichts, womit du dich beschäftigen könntest?«, fragte Lucy ungeduldig. »Du sitzt da wie ein träger Kater.« Heath schwieg, und während Lucy sich die Nase puderte, beobachtete sie ihn im Spiegel. »Du siehst sehr gut aus«, sagte sie mit weicher Stimme. Er lächelte, dann stand er auf und trat ans Fenster, als sei ihm ihre Musterung unangenehm.
Schlank und elegant, dachte Lucy und wandte sich ihrem Spiegelbild wieder zu. Ohne die Narbe an der Stirn wäre er beinahe zu schön für einen Mann. Das sichtbare Zeichen seiner körperlichen und seelischen Verletzungen, die ihn gezwungen hatten, unüberwindliche Abwehrmauern zu errichten, Schutzwälle, von denen er sich nicht trennen konnte, auch wenn sie nicht mehr nötig waren. Gelegentlich spürte Lucy, wie er sich auch in den zärtlichsten Augenblicken vor ihr zurückzog. Wenn er ihr nur genügend Vertrauen schenken könnte, um sich ihr zu öffnen.
Wenn er ihr nur zeigen wollte, dass ihm mehr an ihr lag, als sich mit ihr zu amüsieren und seine körperlichen Bedürfnisse an ihr zu stillen.
Nach außen führten sie eine glückliche, von Außenstehenden beneidete Ehe, da sie neben der sinnlichen Leidenschaft eine enge Freundschaft miteinander verband. Ihre Beziehung bot beiden genügend Freiräume und die Bereitschaft, den anderen nach eigenem Ermessen reifen zu lassen, eine in vieler Hinsicht offene und ehrliche Partnerschaft. Vielleicht war es falsch, mehr zu verlangen, dennoch breitete sich in Lucy eine Unzufriedenheit aus, die ständig wuchs.
Der Grund lag darin, dass sie Gefühle für ihn entwickelte, die sie nicht einmal sich selbst einzugestehen wagte.
Lucy hatte lange Onyxohrgehänge angelegt, die glitzernd an ihrem Hals bebten. »Ich bin soweit. Wir können gehen.«
»Cinda.« Heath sah sie mit ernstem, verdunkelte Blick an und näherte sich ihr langsam. Lucys Puls beschleunigte sich, als sie das Zögern in seiner Stimme gewahrte. »Bevor wir gehen, habe ich noch etwas für dich … etwas, das ich seit unserem Hochzeitstag hinausgezögert habe.«
»Wovon redest du?«, fragte sie mit einem unsicheren, Lächeln.
»Ich glaube, ich will mich für meine Nachlässigkeit entschuldigen …« Seine Stimme verlor sich und ihre Augen begegneten einander.
»Was ist dir?«, flüsterte Lucy.
Schweigen. Bange Sekunden verstrichen.
Sein Daumen fuhr den sanften Schwung ihrer Wange entlang. Was hatte seine zarte Liebkosung zu bedeuten? Er nahm ihre Hand, die leicht und ohne Widerstand in seiner lag. Seine Augen waren immer noch in die ihren versenkt, als er ihre Handfläche küsste. Sein glatt rasiertes Kinn löste ein Kribbeln in ihren Fingerspitzen aus.
Sei nicht so zärtlich mit mir … wollte sie schreien. Ich kann mich gegen deine Zärtlichkeit nicht zur Wehr setzen.
Etwas Kühles, Glattes glitt ihren Finger entlang und wurde am Knöchel aufgehalten, ehe es den
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