Fesseln der Sünde
Zusammensein könnte ewig so bleiben. Doch sie brauchte mehr Zeit, um ihn ganz an sich zu binden.
Hatte er überhaupt vor, mit ihr zusammenzubleiben?
Sie überfiel eine grausame Vorahnung. War das der ihr vergönnte Anteil an Freude, diese wenigen, wundervollen Tage auf Jersey?
Seine Lippen verzogen sich vor zögerlicher Heiterkeit. »Na ja, irgendwann müssen wir einmal gehen.«
Sie taumelte blindlings hoch, drehte sich weg und ballte ihre zitternden Hände zu Fäusten. Sein Versuch der Heiterkeit tat weh, schmerzte. Er behandelte sie wie ein Kind, das leicht von etwas abzubringen war. »Aber noch nicht jetzt.«
Sie hörte, wie er sich ihr näherte, dann legte er seine Hand um ihren Arm. Sie spürte seine rauen Narben auf ihrer Haut. Seine Berührung erinnerte sie an sein Leiden und wie weit er seit ihrer Hochzeit in dem Versuch, es zu bezwingen, gekommen war.
Reichte das?
Seine Stimme war warm, ermutigend. »Du brauchst keine Angst zu haben. Du bist jetzt volljährig. Die Farrells können dir keinen Schaden mehr zufügen. Wir sind frei.«
Er verstand ihre Reaktion falsch. Natürlich hatte die Bedrohung durch Felix und Hubert wie ein Schatten auf den vergangenen Tagen gelegen. Doch bei weitem wichtiger war ihr der Kampf um eine Zukunft mit Gideon.
»Wir sind nicht frei. Wir sind verheiratet«, sagte Charis mit gedämpfter Stimme und wollte den Kopf an ihn schmiegen.
Er ließ sie mit einer abrupten Geste los und trat weg. Sie spürte, wie er sich von ihr entfernte, und es war, als träfe sie ein Axthieb. »Wenn mir eine andere Möglichkeit eingefallen wäre, dich zu retten, hätte ich dich nicht zu einer solch drastischen Maßnahme gezwungen«, sagte er knapp.
Die schöne Eintracht von vor wenigen Minuten war nur noch eine schmerzliche Erinnerung. Der plötzliche Wandel ließ sie taumeln. Sie wandte sich ihm zu und wusste, dass ihr der Schmerz ins Gesicht geschrieben war. »Du weißt, dass ich dir immer dankbar sein werde, dafür …«
»Genug jetzt!« Eine zerschundene Hand fuhr durch die angespannte Luft. »Wenn ich das Wort Dankbarkeit noch einmal höre, übernehme ich keine Verantwortung für die Folgen.«
»Aber Gideon …«
»Charis, hör auf! Der Teufel soll dich holen!« Er hielt inne und rang sichtlich um Fassung. In seiner Stimme schwang Bitterkeit mit, und seine Schultern waren vor Anspannung so gerade wie ein Lineal. »Du solltest mir überhaupt nicht danken. Wie sich jetzt herausstellt, war unsere Heirat übereilt. Deine Stiefbrüder haben uns nicht aufgespürt. Wir hätten solche permanenten Maßnahmen nicht treffen müssen. Ich kann nur mein tiefstes Bedauern ausdrücken.«
Die schallende Ohrfeige hallte in dem Raum wie der Knall eines Schusses.
Gideons Kopf schnellte zurück. In seinem Gesicht spiegelte sich eher Bestürzung als Wut. Durch den roten Abdruck ihrer Hand wurde seine Wange dunkel.
Die unerbittliche Stille zog sich. Und zog sich.
Zitternd senkte Charis den Arm und trat auf unsicheren Beinen zurück. Sie hatte keine Angst. Sie war so wütend, dass ihr die Sicht vor den Augen verschwamm.
»Wie kannst du es nur wagen?« Ihre Stimme senkte sich vor zitternder Schärfe. »Du hast mich in deinem Bett gehabt. Du warst so tief in mir, du hast meine Seele berührt. Und dennoch besitzt du die Frechheit, von Bedauern zu sprechen?«
»Was ich dir angetan habe, ist unverzeihlich«, sagte er harsch. Während sich der Schock legte, leuchtete Wut in seinen Augen auf. »Und ja, es tut mir leid, dich verletzt zu haben.«
Ihr zerbrechliches Glück ging laut krachend zu Boden. Es hörte sich an, als würde ein Herz zerschellen. Ihre Lippen fühlten sich starr an, als sie ihre schlimmsten Befürchtungen aussprach. »Du gedenkst doch wohl nicht, deinen ursprünglichen Plan zu verfolgen und voneinander getrennte Leben zu führen?«
Seine Miene versteinerte sich. »An den grundlegenden Schwierigkeiten hat sich nichts verändert. Es scheint immer noch die beste Lösung zu sein.«
Quälender Schmerz durchfuhr sie, nahm ihr den Atem und ließ sie einen Schritt zurückstolpern. Sie fühlte sich verraten, niedergeschmettert, verloren. Irgendwie brachte sie die Kraft auf zu sprechen. »Und das möchtest du?«
»Es geht nicht darum, was ich möchte. Ich versuche, das zu tun, was das Beste für dich ist.«
Sie ballte ihre herunterhängenden Fäuste, um nicht wie eine Verrückte auf ihn einzuschlagen. Sie liebte ihn mehr als ihr eigenes Leben. Doch wenn in diesem Moment eine seiner Pistolen in
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