Fesseln der Sünde
gegen das dringende Verlangen, sich zu übergeben.
Dicht neben ihr prallten Körper aufeinander, um dann im wilden Drüber und Drunter des Kampfes wieder wegzutaumeln. Gideon streifte sie. Sie erkannte ihn an seinem Geruch, noch bevor sie die Augen geöffnet hatte und sah, wie er zurück zur Schlägerei schwankte.
Das Geschrei schwoll an und entwickelte sich zu einem heillosen Durcheinander. Die Schlägerei verlagerte sich in die Straße. Aus der Ferne hörte sie, wie jemand nach der Stadtwache rief.
»Miss Watson, bitte erlauben Sie, dass ich Sie von hier fortbringe.« Die ruhige Stimme drang aus dem Höllenlärm zu ihr.
Mit benommenem Blick drehte sie sich um und schaute in Akashs Gesicht. Er sah zwar zerzaust aus, hatte aber keine sichtbaren Verletzungen erlitten.
Enttäuschung überfiel sie, da es nicht Sir Gideon war. Sie blinzelte, um ihre törichten Gedanken zu vertreiben, und schaffte es, kurz zu nicken. Akash griff nach ihrem unverletzten Arm, beugte sich mit seinem Körper schützend über sie und zog sie auf die Straße, wo sich ihr das Bild einer einzigen tobenden Menge bot, in der die ursprünglichen Kontrahenten nur noch schwer auszumachen waren.
»Sir Gideon?«, stieß sie keuchend hervor und grub ihre Finger in Akashs Ärmel.
Er schaute sorglos lächelnd kurz zu ihr hinab, was sie erstaunte. »Es ging ihm noch nie besser.«
Ihr Blick wanderte suchend über die wogende Meute, bis sie ihn erspähte. Durch seine Größe war er nicht zu übersehen. Er schwang die Fäuste mit einer Hingabe, durch die seine Gegner ins Straucheln gerieten. Sein Gesicht glänzte vor Freude, und es lag ein Hochgefühl darin, das sie noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte.
Sie stolperte und hielt erstaunt an.
Er hatte sich ihr gegenüber immer nur liebenswürdig gezeigt. Doch der Mann, den sie jetzt beobachtete, genoss brutale Gewalt. Sie versuchte verzweifelt, ihn zu verachten - ihr war rohe Gewalt schon immer ein Gräuel gewesen, noch bevor Hubert sie angegriffen hatte. Aber beim Anblick von Gideon konnte sie nicht anders, als positiv auf seine ungezügelte männliche Kraft zu reagieren. Er bewegte sich mit einer anmutigen Geschmeidigkeit, die schon fast mechanisch war, so wie eine perfekt kalibrierte Maschine, die das tat, wofür sie entworfen war.
Sein prächtiger Anblick begeisterte sie so sehr, dass ihr der Atem stockte. Sie spürte, wie ihr Mund trocken wurde und das Blut glühend durch ihre Adern schoss.
Dieser neue Gideon machte ihr Angst. Doch zweifelsohne faszinierte er sie auch.
Diese kurze Erkenntnis wurde jäh unterbrochen, als Akash vorsprang, um jemanden abzulenken, der nach ihr zu greifen versuchte. Eine Schrecksekunde lang starrte sie in die geröteten Augen von einem der Seeleute. Akashs Schlag brachte den Mann zum Taumeln, und er fiel fluchend auf den Boden.
»Miss Watson, stehen Sie nicht einfach da herum«, fuhr Akash sie an und zerrte sie durch die tobende Menge.
Sie stolperte und wich gerade noch einem Schlag aus, der ihrem Kopf galt. Sie konnte Tulliver in der riesigen Menschenschar nicht ausmachen. Hoffentlich ging es ihm gut. Links von ihr erledigte Gideon beiläufig und gekonnt jeden, der wagte, sich ihr zu nähern.
Ein Mann griff nach ihrem verletzten Handgelenk. Sie schrie auf, als ein brennender Schmerz ihren Arm hochschoss. Sie schrie nochmals auf, als Akash ihren Angreifer ohne Bedenken und mit ernstem, ausdruckslosem Gesicht niederstreckte.
Akash drehte sich um und sprach fast grob zu ihr. »Sind Sie in Ordnung?«
»Ja«, erwiderte sie, obwohl ihr Handgelenk in Flammen zu stehen schien. Sie presste es gegen ihre Brust und ließ sich von Akash an den Rand der tosenden Menge ziehen. Er zerrte sie in einen tiefen, nach hinten versetzten Eingang, wo das Kampfgeschrei etwas weniger laut zu hören war.
»Sind Sie sicher, dass Sie unversehrt sind?« Er atmete schwer und schaute sie ernst an.
»Ja.« Sie starrte voller Bestürzung hinaus auf die Straße. »Das ist alles meine Schuld.«
Akashs Schweigen deutete seine Zustimmung an. Der Eingang war breit, sodass beide darin Platz fanden, ohne sich zu berühren. Er ließ sie los, lehnte sich gegen den steinernen Türrahmen und betrachtete sie prüfend mit seinen unergründlichen braunen Augen.
Sie runzelte verwirrt die Stirn. »Wollen Sie nicht Sir Gideon helfen?«
Akash schüttelte seinen dunklen Kopf. »Ihm wäre es lieber, dass ich Sie im Auge behalte.«
Ihre geprellten Rippen stachen, als sie sich zur Straße vorbeugte. »Er
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