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Fesseln der Sünde

Fesseln der Sünde

Titel: Fesseln der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Campbell
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nicht in seine fragenden Augen sehen zu müssen. Augen, die klug genug waren, um festzustellen, dass sie immer noch nicht die ganze Wahrheit sagte.
    »Sie waren in Gefahr und hatten keinen Grund, mir zu vertrauen.«
    »Außer dass Sie mein Leben gerettet haben.«
    Außer dass Sie anständig, gut aussehend und tapfer sind. Und ich Sie in meinen Armen gehalten habe, während Sie krank und bewusstlos waren. Und ich Sie beobachtet habe, als sie eine lange, dunkle Nacht hindurch schliefen. Bei Ihnen schlägt mein Herz einen Trommelwirbel, und ich kann kaum atmen, wenn ich in Ihre Augen sehe.
    Sie sah gerade noch rechtzeitig hoch, um die Verärgerung, die in seinem Gesicht lag, mitzubekommen. »Das war nichts.«
    »Das war es aber nicht für mich.« Sie hob ihr Kinn und schaute ihn unerschrocken an.
    »Miss Watson, ich möchte Ihre Dankbarkeit nicht«, sagte er barsch.
    Sie verbarg den stechenden Schmerz, den seine Antwort hervorrief. Und sah davon ab, darauf zu beharren, dass sie ihm bis an ihr Lebensende dankbar sein werde.
    Es entstand eine peinliche Stille.
    Als er endlich wieder mit seinen Fragen fortfuhr, schaute er immer noch finster. »Wahrscheinlich haben nicht Ihre Brüder, sondern andere die Verfügungsgewalt über Ihr Vermögen, solange Sie noch minderjährig sind. Warum haben Sie sich nicht an sie gewandt?«
    »Meine Treuhänder behaupten, machtlos zu sein und nicht eingreifen zu können.« Ihre Stimme war heiser vor Verdruss, den sie verspürte, weil Gideon ihren Dank nicht annahm. »Meine Brüder überzeugten sie, dass ich wild und sprunghaft sei und der Führung eines Mannes bedürfe.«
    Sie hatte manche Nacht damit verbracht, die feigen Anwälte von Spencer, Spencer & Crosshill zu verfluchen. Der alte Mr Crosshill war ein Freund ihres Vaters gewesen, doch er war vor vier Jahren verstorben. Sein fürchterlicher Neffe hatte ihr geraten, den Plänen ihrer Stiefbrüder mit angemessenem weiblichem Gehorsam zuzustimmen.
    »Niemand Ihrer Verwandten hat Ihnen Schutz angeboten?«
    »Niemand, der meinen Brüdern gewachsen gewesen wäre.« Charis’ Stimme senkte sich grimmig. »Glauben Sie mir, Sir Gideon, ich habe sämtliche Optionen in Erwägung gezogen. Und nur eine blieb übrig. Würden Sie mich bitte in der nächsten größeren Stadt absetzen?«
    »Was haben Sie vor?«
    Die nächsten drei Wochen überleben, ohne mich Not und Elend oder meinen Brüdern auszuliefern.
    »Meinen Brüdern bis zum ersten März aus dem Weg zu gehen.« Ihre Wangen wurden heiß. Ihr Stolz verbat ihr, die nächste Frage zu stellen. Doch sie musste ihren Stolz überwinden, um überhaupt zu überleben. »Es wäre sehr freundlich, wenn Sie mir ein paar Schillinge leihen könnten. Sobald ich über mein Erbe verfüge, werde ich sie Ihnen zurückzahlen. Ich konnte kein Geld finden, als ich ging. Was aussehen muss, als hätte ich den Verstand eines Huhnes, aber …«
    »Miss Watson.«
    »Ich bin gerade nicht zahlungsfähig …«
    »Miss Watson.« Seine Stimme nahm einen schärferen Ton an.
    Sie verstummte, peinlich berührt von ihrem nervösen Geplapper. Vor Scham stiegen ihr die Tränen in die Augen. Sie wollte sich nicht alleine auf den Weg machen. Mehr noch, sie wollte Sir Gideon nicht verlassen, was zuzugeben einfach nur erbärmlich war. Wie hatte er nur so schnell die wichtigste Person in ihrem Leben werden können? Es schien absurd. Unwirklich. Gefährlich.
    Er sah verärgert aus. Wieder einmal. »Verdammt, ich werde Sie nicht einfach so ziehen lassen und Sie schutzlos und alleine an einem fremden Ort absetzen. Selbst wenn es zwischen hier und Penrhyn überhaupt eine Stadt gäbe, die groß genug wäre, um sich zu verstecken. Haben Sie denn noch keinen Blick aus dem Fenster geworfen, gutes Kind? Wir sind mitten in der Wildnis von Cornwall.«
    Sie schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter, während flüchtige Hoffnung sich in ihrem Herz rührte. »Oh.«
    Er sah wieder gesünder aus, so wie der Mann, den sie im Stall getroffen hatte, und nicht wie der Kranke von gestern Nacht. Er sah klug, entschlossen und unbesiegbar aus. Er sah so aus, als wäre sie bei ihm für immer sicher.
    Seine tiefe Stimme klang fest. »Wir sind nicht mehr weit von meinem Heim. Ich hoffe, Sie nehmen mein Angebot, Ihnen Zuflucht zu gewähren, an.«

5

    Gideon erwartete Einwände von Miss Watson. Immerhin war ihr Wunsch zu fliehen gestern noch so dringlich gewesen, dass sie ihr Leben dafür aufs Spiel gesetzt hatte. Doch sie warf ihm einen ernsten Blick aus ihren

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