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Fesseln der Sünde

Fesseln der Sünde

Titel: Fesseln der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Campbell
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dass seine Beherrschtheit bloß schöner Schein war.
    Er klang zwar so, als hätte er wieder alles im Griff, doch sah er nicht viel besser aus als letzte Nacht, als er zitternd in ihren Armen gelegen hatte. Dunkle Ringe lagen unter seinen eingefallenen, glanzlosen Augen. Das blasse Sonnenlicht, das durch die Fenster drang, offenbarte einen kränklichen Ton in seiner Bräune. Er musste sich dringend rasieren, und sein Haar war ein einziges Durcheinander.
    Sein Blick richtete sich auf sie. Von Minute zu Minute sah er wacher aus. »Wie geht es Ihrem Arm, Miss Watson?«
    Sie fühlte sich durch den falschen Namen nicht direkt angesprochen. O Gott, hoffentlich hatte er ihr Zögern nicht bemerkt. Sie musste sich immer der Gefahr bewusst sein, der sie ausgesetzt wäre, wenn er herausfände, wer sie war. Keine einfache Sache, hatte der vergangene Tag die Zuneigung, die sie so schnell für ihn verspürt hatte, doch nur noch größer werden lassen.
    Sie bewegte vorsichtig ihre Finger. Kaum noch Schmerzen. »Viel besser, danke.« Sie beobachtete ihn, wie er sich gegen das abgewetzte Lederpolster aufrichtete. Seine langen Beine lagen ausgestreckt zwischen den beiden Bänken. Die schäbige Kutsche war für einen Mann seiner Größe nicht gedacht. »Wie geht es Ihnen?«
    Er streckte sich, zuckte mit den Schultern und lehnte den Kopf zurück. »Es war nur eine vorübergehende Unpässlichkeit.«
    Sein Gesichtsausdruck verriet, dass ihn jede Bewegung schmerzte. Nachdem er so lange still gelegen hatte, war er steif wie ein Brett. Das kontinuierliche Gerüttel und Geschüttel der Kutsche musste qualvoll für ihn sein. Sie überging seine nicht überzeugende Lüge und kniete sich auf den schwankenden Boden.
    »Lassen Sie mich Ihre Stiefel ausziehen und Ihnen die Beine massieren. Ich habe meinen Vater gepflegt, als er zum Schluss sehr krank war. Das hat ihm nach einer unruhigen Nacht immer geholfen.«
    Sie hatte vergessen, dass eine anständige junge Dame einem Herrn nie anbieten würde, ihn zu berühren, außer er war ein enger Verwandter. Als er erstarrte und seine Augen vor Entsetzen aufleuchteten, wurde sie sich ihres Fauxpas bewusst. »Miss Watson, bitte setzen Sie sich wieder hin. Ich versichere Ihnen, Sie müssen sich wegen meiner kleinen Probleme keine Sorgen machen.«
    Unbeholfen und mit schamroten Wangen krabbelte sie zurück auf ihren Sitz. »Normalerweise … normalerweise weiß ich mich tadellos zu benehmen.«
    Gestern hatte er ihre Berührung geduldet und sein Gesicht in ihre Hand gelegt, als sie mit dem Finger über seine Augenbraue gestrichen hatte. Doch gestern war er ein Opfer seiner mysteriösen Krankheit gewesen.
    »Sie haben es nur gut gemeint«, erwiderte er freundlich. Sie hasste seine Freundlichkeit, denn in ihr war nichts Persönliches wie Achtung oder Respekt. Sie hasste es, dieser desinteressierten Freundlichkeit ihre Sicherheit zu verdanken.
    Sie tastete nach einer Taschenflasche, die ihr Tulliver am Abend zuvor gegeben hatte, und bemühte sich bei dem Versuch, sie zu öffnen, nicht zusammenzuzucken, da ihr verletzter Arm sich bei der Bewegung bemerkbar machte. »Haben Sie Durst?«
    »Ich bin ausgetrocknet wie ein Kamel nach einem langen Ritt durch die Wüste.« Er nahm die Flasche entgegen, ohne ihre Finger zu berühren.
    Charis schimpfte mit sich selbst, dass sie es bemerkt hatte. Und dass sie es bedauerte. Wollte sie denn lieber einen Don Juan abwehren? Sie sollte Sir Gideon eher als Ehrenmann preisen.
    Verdrießlich bemerkte sie ihre Scheinheiligkeit.
    Fasziniert beobachtete sie, wie sich sein kräftiger Hals bewegte, als er den Kopf in den Nacken legte, um zu trinken. Und auch die Anspannung um seine Augen entging ihr nicht, als er ihr die Flasche zurückgab und in das Polster sank.
    »Tut Ihnen der Kopf noch weh?«, fragte sie, bevor sie sich daran erinnerte, dass ihre Fürsorge ihm unangenehm war.
    Ein flüchtiges Lächeln umspielte seine Lippen. »Teuflisch. « Er seufzte tief. »All das hier muss Ihnen große Angst einjagen. Es tut mir leid.«
    »Ich lasse mir nicht so schnell Angst einjagen«, sagte sie tonlos.
    Er ging nicht weiter darauf ein, obwohl er wissen musste, welch fürchterliche Angst sie in Winchester gehabt hatte. Nur ein weiterer Beweis seiner verfluchten Freundlichkeit, die sie gar nicht so sehr ablehnen würde, wenn er sie nicht permanent gegen ihre Neugierde einsetzte.
    »Ihr Gesicht sieht heute Morgen besser aus«, sagte er.
    »Oh.« Sie hatte ganz vergessen, wie schrecklich sie

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