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Fesseln der Sünde

Fesseln der Sünde

Titel: Fesseln der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Campbell
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aussehen musste. Sie hob vorsichtig eine Hand an ihren verletzten Kiefer, der sich nicht mehr so geschwollen anfühlte, wodurch ihr das Sprechen eindeutig leichter fiel. Welch heidnische Zaubertränke Akash ihr auch gegeben haben mochte, sie hatten Wirkung gezeigt. »Ja.«
    Sir Gideons Blick ruhte fest und unbarmherzig auf ihr. »Werden Sie mir jetzt die Wahrheit sagen? Sie haben gar keine Tante in Portsmouth. Sie sind auf der Flucht vor jemandem. Jemandem, der Ihr Leben bedroht, wenn ich den Zustand, in dem ich Sie gefunden habe, richtig deute.«
    Sie erstarrte unter seinem prüfenden Blick. Sie dachte kurz darüber nach, mit ihren Lügen unbeirrt fortzufahren. Doch als sie ihm ins Gesicht schaute, wusste sie, dass es zwecklos war. Sie holte tief Luft. »Wie lange wissen Sie es schon?«
    »Von Anfang an.«
    Er setzte sich vorsichtig auf und sah sie eindringlich an. Hätte in seinem Gesicht auch nur ein Funken Verärgerung oder Tadel gelegen, hätte sie geschwiegen. Doch er schaute sie ruhigen, interessierten, gütigen Blickes an. Er sah aus wie ein Mann, dem sie ihr Leben anvertrauen konnte.
    Ihr schlechtes Gewissen machte sich bemerkbar, als sie an ihre Lügengeschichten dachte, und sie rutschte unruhig auf ihrem Sitz hin und her. »Ich sehe keinen Grund, warum Sie mir helfen sollten. Ich habe Ihnen nichts als Schwierigkeiten bereitet. Sie sollten mich in die ewige Verdammnis schicken.«
    Wieder ein angedeutetes Lächeln. »Stimmt.«
    »Und jetzt?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Auch ich war einmal in meinem Leben auf mich allein gestellt. Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn Ihnen etwas Schlimmes zustieße, nur weil Ihnen niemand beigestanden hat.«
    Wieder musste sie an einen mittelalterlichen Ritter denken. Eine einsame, tapfere Gestalt mit einem unmöglichen Auftrag. »Was ist Ihnen widerfahren?«
    Er lachte sanft. »O nein. Hier stelle ich die Fragen, meine Dame. Wer hat Sie verletzt?«
    Immer noch riet die mahnende Stimme in ihr zur Vorsicht und dazu, nicht die genauen Einzelheiten ihrer misslichen Lage preiszugeben. Sie hatte gesehen, was Gier aus Männern machte. Sie konnte nicht riskieren, dass es ihr mit Sir Gideon genauso erging, wenn sie ihm erzählte, wer sie wirklich war. Doch durch sein ritterliches Verhalten ihr gegenüber verdiente er mehr als nur die schäbigen Unwahrheiten, die sie ihm bisher aufgetischt hatte.
    »Meine Brüder. Sie versuchen, mich zu einer Ehe mit einem Taugenichts zu zwingen. Ich kann … ich will diese Verbindung nicht eingehen.« Ihre Hände, die auf ihren Röcken lagen, ballten sich zu Fäusten. Irgendwie erschien es ihr seltsam und eigenartig, nach allem, was sie durchgemacht hatte, sich einem Mann anzuvertrauen. »Als ihnen klar wurde, dass mein Widerstand mehr als die vorübergehende Laune eines Mädchens war, griffen sie zu stärkeren Überredungskünsten.« Das kam der Wahrheit ziemlich nah. Nahe genug, um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen.
    Sir Gideons Gesicht blieb unbewegt, während er ihr zuhörte. Was hielt er von dieser Geschichte, die sich wie aus einem Schauerroman anhörte? Glaubte er ihr überhaupt? Zumindest zeigte er keine Skepsis.
    »Warum wollen Ihre Brüder Sie so unbedingt mit diesem Mann verheiraten?«
    Der neutrale Ton in seiner Frage beruhigte sie. Ihre verkrampften Finger lösten sich langsam, bis sie flach auf ihrem Schoß lagen. Ihre Stimme klang fast normal. »Sie schulden ihm Geld. Wenn ich heirate, geht mein Erbe auf meinen Mann über. Sollte ich bis zu meinem einundzwanzigsten Geburtstag unverheiratet bleiben, erhalte ich es.«
    »Wann werden Sie einundzwanzig?«
    »Am ersten März.«
    »Das sind nur noch drei Wochen.«
    »Womit Sie gerade erkannt haben, wie dringlich es meinen Brüdern ist«, erwiderte sie trocken.
    »Eigennützige Schmarotzer«, stieß er hervor.
    Sie hatte seine Ruhe falsch eingeschätzt. Bei näherem Betrachten bemerkte sie seinen heftigen Zorn. Seine Stimme war gelassen, sein Auftreten nicht bedrohlich. Doch mit einem Mal erinnerte sie sich lebhaft an den Mann, der bei der Schlägerei in Portsmouth jeden seiner Gegner bezwungen hatte. Eine Vorahnung, gepaart mit einem Hauch von Genugtuung, stieg in ihr hoch. Sie wollte nicht in der Haut von Felix oder Hubert stecken, sollten sie Sir Gideon einmal in die Hände fallen.
    »Es tut mir leid, so viele Lügen erzählt zu haben«, flüsterte sie. Dabei zog sich ihr Magen vor Schuldgefühlen krampfartig zusammen. Sie spielte mit ihren Fingern und hielt den Blick gesenkt, um

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