Fesseln des Schicksals (German Edition)
verstummten.
«Katherine …»
«Ja, David?» Sie sah ihn an.
Es war das erste Mal, dass er ihre bernsteinfarbenen Augen traurig sah. Fast hatte David den Eindruck, dass sie geweint hatte. Sanft ergriff er ihre Hand.
Ein leichter Schauer überlief sie, als sie seine Berührung spürte.
«Ich …»
David schwieg. Wie sollte er die richtigen Worte für all die Gefühle finden, die sich in seinem Herzen aufgestaut hatten? «Ich liebe dich, Katherine. Ich liebe dich so sehr, wie ich nie geglaubt hätte, eine Frau lieben zu können. Ich wusste es, als ich dich zum ersten Mal sah. Es ist verrückt, wir kennen uns kaum, aber ich kann die Vorstellung einfach nicht ertragen, dich hier zurückzulassen, dich vielleicht nie wieder zu sehen.»
Katherines Herz klopfte wild. Ihre Augen wurden feucht. Als David, der noch immer ihre Hand hielt, jetzt vor ihr auf dem Rasen niederkniete, hörte sie fast auf zu atmen.
«Katherine Lacroix, willst du mich heiraten?»
Sie lächelte. «David Parrish. Es gibt nichts auf der Welt, was ich lieber täte.»
***
Noch am gleichen Abend, nur sechs Tage nachdem sie sich zum ersten Mal gesehen hatten, bat David offiziell um Katherines Hand.
Und eine Woche später, inzwischen war Mitte Juni, gaben Katherine Lacroix und David Parrish sich in der Kathedrale von New Orleans das Jawort.
· 6 ·
O wen Graham war übelster Laune. Die ganze Nacht hatte er kein Auge zugetan. Es war viel zu heiß gewesen, und eine alte Eule, die sich auf dem Baum vor seinem Fenster niedergelassen hatte, hatte ihr Übriges getan, um seine Nachtruhe zu stören.
Als er aufstand, waren noch die letzten Spiegelungen des Mondlichts auf den blanken Holzdielen zu sehen. Er fühlte sich, als hätte eine Herde wilder Pferde auf ihm herumgetrampelt. Allein beim Gedanken daran, was er alles erledigen musste, bevor er sich wieder hinlegen durfte, schlief er beinahe ein. Um die Müdigkeit abzuschütteln, tauchte Owen das Gesicht in kaltes Wasser. Es war noch viel zu tun, bis alles für den Empfang seines Herrn bereit wäre. Zunächst aber hatte er eine dringende Verabredung. Mit der Flinte in der Hand trat er vor die Tür. Diese Eule würde ihm nicht noch einmal den Schlaf rauben.
Owen war nach dem Tod seines Vaters mit nur einundzwanzig Jahren Aufseher auf New Fortune geworden und hatte noch nie in der Nähe einer weißen Frau gelebt. Als er auf die Plantage gekommen war, war Davids Vater, Timothy Parrish, schon Witwer gewesen. Und die ersten zwanzig Jahre seines Lebens hatte Owen mit seinem Vater und einem Fallensteller namens Joe inmitten der Smoky Mountains in North Carolina gelebt. Außer ihnen dreien hatte es am White Creek, einem schmalen, von zerklüfteten Felsen und dichten Tannen und Eschenwäldern umgebenen Wasserlauf, niemanden gegeben. Im Winter war das Tal sogar vollkommen von der Außenwelt abgeschlossen.
Eigentlich war sein Leben perfekt. Er konnte tun und lassen, was er wollte, und David, zu dem er ein fast freundschaftliches Verhältnis hatte, hatte sich nie in seine Arbeit eingemischt. Die Vorstellung, dass jetzt eine Frau mit geblümten Schirmchen, feinen Schuhen und ausladenden Kleidern in seinem Herrschaftsbereich umherschwirren und alles durcheinanderbringen könnte, behagte ihm nicht im Geringsten.
Owens einfacher und klar strukturierter Kopf hasste Veränderungen sowieso. Und das traf noch mehr zu, wenn er sich wie in diesem Fall sicher war, dass sie nicht zum Besseren wären. Von dem Moment an, als Eva in der Welt erschien und Adam in Versuchung führte, von der verbotenen Frucht zu essen, hatten die Frauen stets für Schwierigkeiten gesorgt. Und auf New Fortune wäre das kaum anders. Die Nachricht, die David ihm vor ein paar Tagen geschickt hatte, war Beweis genug, befahl er Owen doch darin, Haus und Umland perfekt für den Empfang seiner Gattin herzurichten.
Gerade war auf den Feldern die arbeitsreiche Zeit der Ernte angebrochen, und trotzdem hatte Owen sich gezwungen gesehen, beim Pflücken der Baumwolle auf die starken Arme einiger Männer und Frauen zu verzichten und ihnen sinnlose Reinigungsarbeiten zu übertragen. Diese Frau hatte noch keinen Fuß auf die Plantage gesetzt, und schon hatten die Veränderungen begonnen.
Im Stillen schimpfte Owen Graham also immer noch, als die Kutsche endlich am Horizont auftauchte. Jeder einzelne der Sklaven hatte seine Arbeit liegen gelassen, um David und seine Frau willkommen zu heißen, die noch dazu mit über drei Stunden Verspätung ankamen. Ein
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