Fesseln des Schicksals (German Edition)
Frau», erklärte David, als Katherine außer Hörweite war, aber doch so laut, dass auch die anderen Sklaven es mitbekamen, die noch immer hinter dem Aufseher in einer Reihe standen.
Ungläubig blickte Owen ihn an, aber David nickte. Beide Männer betrachteten jetzt die Frau, die sich von Katherine umarmen ließ. Sie trug ein elegant gestreiftes Kleid, und ihr Haar wurde von einem Netz mit Perlmuttbesatz zusammengehalten.
Mit der neuen Sklavin im Schlepptau, kam Katherine wieder zu ihnen. «Mr. Owen, das ist Molly», teilte Katherine dem Aufseher lächelnd mit. Unwillkürlich neigte sich sein Kopf leicht vor der Sklavin. Owen wusste, dass er das nicht hätte tun dürfen, aber sein Körper hatte beschlossen, den Ermahnungen seines Geistes keine Beachtung zu schenken und dieser Sklavin mit den schönen grünen Augen Bewunderung zu zollen.
Auch Molly nahm die fast unmerkliche Verbeugung des Aufsehers wahr und errötete bis über beide Ohren. Ein Blick auf das veränderte Verhalten der anderen Sklaven genügte ihr, um zu begreifen, dass sämtliche Bewohner von New Fortune ihre Stellung bereits erfasst hatten. Zwar hielten die Sklaven ihre Köpfe gesenkt, aber während sie Katherine demütig aus den Augenwinkeln betrachteten, starrten sie Molly unverschämt an. Sie war wieder einmal zum Mittelpunkt des Interesses geworden. Schon immer wurde hinter ihrem Rücken getuschelt, und man versuchte etwas an ihr zu finden, das sie den anderen Sklaven ähnlich machte. Aber Molly war zu weiß.
Sie versuchte Mut zu fassen, sich einzureden, dass sie sich daran gewöhnt hatte. Aber sie hatte schon von klein auf darunter gelitten. Gefasst ertrug sie den Ansturm der feindseligen Blicke, während sie spürte, wie der letzte Hoffnungsschimmer schwand. Sie ergab sich in ihr Schicksal. Auf New Fortune würde sie genauso einsam sein wie in New Orleans.
***
Katherine verliebte sich in New Fortune, kaum dass sie die majestätische weiße Fassade erblickte, die man schon am Anfang der breitangelegten Ahornallee erkennen konnte. Sie verliebte sich in den mit wilden Margeriten gesprenkelten Rasen, der das Herrenhaus umgab, in die dichtbelaubten Wälder, die es von den Baumwollfeldern trennten, in das ruhige Murmeln des Flusses und in sein Licht. Das rechteckige Gebäude mit zwei Stockwerken und einem ausgebauten Dachgeschoss war in reinem neoklassizistischem Stil gehalten, nichts störte diese Harmonie.
Alles war vollkommen weiß, abgesehen vom goldenen Türklopfer des Haupteingangs, den Dachschindeln aus grauem Schiefer und der Kletterrose, die sich an einer Säule bis zur Galerie hochgerankt hatte, die um die Fassade des gesamten ersten Stockwerks lief. Auch wenn das Gebäude längst nicht so luxuriös und von geringeren Proportionen war, erinnerte es sie doch an Deux Chemins. Von der Veranda aus hatte man einen wundervollen Blick auf die weitläufige Ahornallee, die sich vor den Hügeln am Horizont abhob. Katherine lächelte. Sie war in ihrem Zuhause angekommen.
***
Zweifellos hatte Owen seine Aufgabe mit aller Sorgfalt erfüllt. Die Teppiche waren geklopft und gelüftet worden, die Möbel und der Boden poliert, die Gardinen gewaschen. Die langen Stoffbahnen, die vor den Fenstern hingen, dünsteten sogar noch eine leichte Feuchtigkeit aus, in der Eile hatten sie nicht mehr trocknen können.
Inmitten von Gerüchen nach Bohnerwachs und frischen Blumen schritt Katherine nun, immer an Davids Seite, durch das Haus. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten waren die Vasen mit bunten Blüten gefüllt worden. Die Zimmer waren geräumig. Salon und Esszimmer waren durch eine Zwischentür verbunden, und durch beide Räume, wie auch durch die Bibliothek, kam man direkt in das Empfangszimmer. Um in den hinteren Teil des Hauses zu gelangen, ging man durch einen rechteckigen Saal mit einem hübschen runden Balkon, von dem aus man den Verlauf des Flusses sehen konnte. Unterhalb der Treppe führte ein schmaler Flur in die Küche und zu den Kammern der Haussklaven. Mit Ausnahme des Dienstbotentrakts gingen alle Räume des Erdgeschosses auf die Veranda, die das Herrenhaus umgab. Durch unzählige Fenster und verglaste Türen wurden die Zimmer mit Licht überflutet.
Natürlich hatte das Fehlen einer weiblichen Hand mit den Jahren Spuren hinterlassen. Vor allem in den etwas derben und eher funktionalen Möbeln, die ohne Sinn für das Schöne einfach in die Ecken gestellt worden waren. Trotzdem kam New Fortune ihr vollkommen vor. Man konnte es nicht mit dem Luxus
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