Fesseln des Schicksals (German Edition)
dann auf einem der besten Märkte der Stadt ausgestellt worden. Aber die Einfuhr von Sklaven aus Afrika war vor Jahren verboten worden. Nur die Sklaven, die schon im Land lebten, genossen das zweifelhafte Privileg, legal verkauft oder versteigert zu werden.
Hier im Süden waren die Käufer zwar nicht sehr wählerisch, was die Herkunft ihrer Sklaven anging, aber man musste trotzdem vorsichtig sein. Es waren nur wenige Mandinka zu haben, und das konnte ihren Preis maßlos in die Höhe treiben.
Nachdem er mehrere Exemplare untersucht hatte, entschied sich David für einen etwa zwanzigjährigen Mann. Er war nicht der Größte, sah aber kräftig und wendig aus, hatte noch alle Zähne, und die Narben an seinem Körper ließen den Schluss zu, dass er möglicherweise ein Krieger gewesen war. Der hochmütige und hasserfüllte Blick war der eines in Freiheit geborenen Mannes. Es wäre leichtsinnig, ihn auf eine Plantage zu bringen. Im Unterschied zu den Sklaven, die schon in Gefangenschaft geboren waren, würde dieser seine neuen Lebensbedingungen nie akzeptieren. Wenn man nicht gut aufpasste, würde er in das Haupthaus eindringen und seine weißen Herren töten.
Aber die Plantage war auch nicht der Bestimmungsort dieses Sklaven, er war nicht einmal für David selbst. Er war ein Geschenk, eine Dankesbezeugung für einen Wirtshausbesitzer in Richmond, der ihm vor etwas über einem Jahr bei einem Handgemenge das Leben gerettet hatte. Damals war David überfallen worden, als er aus dessen Lokal kam. Der Wirtshausbesitzer organisierte Sklavenkämpfe, und die gleichen Eigenschaften, die den Mandinka auf einer Plantage zu einer schrecklichen Bedrohung machten, machten aus ihm den idealen Kämpfer.
Die Einzelheiten des Kaufs waren schnell besprochen. Der Sklave sollte gebadet werden und etwas an Gewicht zulegen, bevor man ihn nach Richmond schickte. Er kostete ein Vermögen, aber das war er wert. Ein perfektes Geschenk.
***
Am Morgen bedankte David sich bei Gaston Lacroix und teilte ihm mit, dass er am nächsten Tag abreisen würde. Auch wenn er eigentlich nach einem Vorwand suchte, seinen Aufenthalt zu verlängern, wusste David doch, dass der Moment des Aufbruchs gekommen war. Viel zu lange schon war er nicht auf seiner Plantage gewesen, und er musste die Ernte beaufsichtigen.
Seinen letzten Tag auf Deux Chemins verbrachte er damit, seine Rückreise nach Virginia zu planen.
Unglücklicherweise ließ Katherine sich während des Mittagessens von einem Sklaven entschuldigen.
Die Zeit war gegen David. Noch vor Anbruch der Dunkelheit ging er in den Salon hinunter und trat auf die Terrasse. In Kürze würde er sein letztes Abendessen mit Gaston Lacroix und dessen Familie einnehmen. Er atmete tief ein. Die Sonne würde in einer Stunde vom See verschluckt werden. Bitte, er schloss die Augen und sandte ein Stoßgebet zum Himmel, lass sie zum Abendessen herunterkommen.
Als er ein Wiehern hörte, öffnete er die Augen und erblickte Katherine, die vom Rücken eines Pferdes auf ihn herabsah. Sie trug Reitkleidung, und das Haar fiel ihr offen über die Schultern. In der Linken hielt sie die Zügel eines zweiten Pferdes.
«Erinnern Sie sich, dass ich versprochen habe, Ihnen den See zu zeigen, bevor Sie abreisen? Jetzt oder nie, fürchte ich.» Katherine streckte ihm die Zügel hin.
«Aber … Ihre Familie erwartet mich …»
«Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Molly wird ihnen Bescheid geben. Ich verspreche Ihnen, dass mein Vater nichts dagegen haben wird.»
Sie ritten über den Weg, der vom Herrenhaus zum Ufer des Sees führte. Es war die gleiche Strecke, die David in der Nacht zuvor zurückgelegt hatte, aber jetzt schien alles anders zu sein.
Als sie am Lake Pontchartrain ankamen, war das Wasser ruhig. Die schon tief stehende rötliche Sonne warf goldene Reflexe auf die spiegelglatte Oberfläche, am Horizont sah man von feinem Nebel umhüllt kleine Fischerboote, die vom offenen Meer zurückkehrten.
David und Katherine stiegen ab und ließen sich im Schatten einer alten Zypresse auf dem Rasen nieder. Schweigend saßen sie nebeneinander und betrachteten das wunderbare Schauspiel, das sich ihnen bot.
«Wie schön es hier ist.»
«Mein Urgroßvater verliebte sich auf den ersten Blick in diesen Ort. Seitdem wollte meine Familie hier nicht mehr weg.»
«Das könnte ich auch nicht. Ich muss dabei an New Fortune denken. Schon seit drei Monaten war ich nicht mehr dort.»
«Sie werden schon bald zu Hause sein …»
Beide
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