Fesselnde Entscheidung (German Edition)
verrieten jedem aufmerksamen Betrachter, dass er schlecht schlief.
Ungläubig schüttelte er mit dem Kopf, als er sie entdeckte. Es war unglaublich. Da hinten in der Ecke saß tatsächlich Elisa.
Wieder einmal faszinierte ihn ihre makellose Schönheit. Sie saß nah vorn gebeugt, den Blick auf ihn gerichtet und hielt ihr Hände auf dem Tisch gefaltet, als würde sie beten. Ihr zartes Gesicht war dezent geschminkt. Als er sie das letzte Mal gesehen hatte, war sie totenblass vor Schreck gewesen. Jetzt waren ihre Wangen und Lippen gut durchblutet, leicht gerötet. Ihre langen schwarzen Haare verbarg sie unter einer übergroßen Mütze. Sie trug ein weites dunkelgraues Sweatshirt. Er wusste warum, natürlich sollte sie niemand erkennen.
Auf Badelatschen schlurfte er zu ihr und registrierte ihre musternden Blicke.
Nachdem er ihr gegenüber Platz genommen und seine aneinander geketteten Hände auf dem Tisch vor sich abgelegt hatte, schauten sie sich schweigend in die Augen.
Sie schien nach Worten zu suchen, brachte aber kein einziges über die Lippen.
Was wollte sie hier, fragte er sich.
Sich davon überzeugen, dass es mir wirklich schlecht geht?
Aber wirklich glücklich wirkte sie nicht auf ihn, sondern eher besorgt.
Schließlich war er es, der das Schweigen brach.
»Schwesterherz, was kann ich für dich tun?«
»Wie geht es dir?«, fragte sie kleinlaut.
»Willst du die Wahrheit wissen oder dein Gewissen beruhigen?«
Sie antwortete nicht, wich nur seinem Blick aus.
»Zumindest bin ich nicht der Vergewaltigung angeklagt worden. Als Sexualverbrecher ist es hier, glaube ich, noch unlustiger als es ohnehin schon ist. Ich kann also zufrieden sein«, zischte er sie an und sah, wie sie errötete.
»Ich habe mir nichts vorzuwerfen«, sagte sie leise nach einer kurzen Pause.
Er schwieg, konnte ihr nicht die Absolution erteilen. Bereute aber zugleich sie so angefahren zu haben. Wieder wirkte sie unendlich zerbrechlich auf ihn.
Was hatte er auch erwartet? Dass sie sich für ihn einsetzen und er ungeschoren davon kommen würde? Wohl kaum. Die Straftatbestände der räuberischen Erpressung und schweren Freiheitsberaubung hatte er nachweislich erfüllt. Dafür blühten ihm bis zu fünfzehn Jahre Freiheitsstrafe. Dessen war er sich mehr als bewusst.
»Du hast deinem Verteidiger nichts gesagt?«, stellte sie mehr fest, als dass sie fragte.
»Was?« Er wusste genau, was sie meinte.
»Na, … du weißt schon«, sie zögerte, »von uns«, flüsterte sie kaum hörbar.
´Von uns` hallte wie ein Echo durch seinen Kopf, es klang so vertraut.
»Was hätte das gebracht? Mir hätte sowieso niemand geglaubt. Einem Täter glaubt man nicht. Das hätte alles nur noch viel schlimmer gemacht. Mir würde ja noch nicht mal jemand glauben, dass du heute hier warst. Wahrscheinlich würden sie mich gleich in die geschlossene verlegen.«
Plötzlich spürte er ihre zarten Hände auf seinen. Sein Blick ging sofort in Richtung der JVA-Bediensteten, aber die schien andere Sorgen zu haben und schaute geistesabwesend aus dem Fenster. Sanft strich sie über die tiefen Narben auf seinen Handknochen. Seine bleibende Erinnerung an das wohl schwärzeste Kapitel seines Lebens.
Tim genoss ihre unerwartete Berührung, wurde auf einmal sanftmütig, ließ ihre Finger durch seine gleiten, bis er ihren Ring entdeckte und an ihm drehte.
»Ich habe geheiratet«, sagte sie, als wenn sie sich erklären müsse.
Er ließ ihre Hände abrupt los, als hätte er etwas Verbotenes angefasst.
»Ich habe davon gehört. Deinen Exfreund, … Sebastian heißt er, glaube ich. Glückwunsch!«, sagte er kurz, »dann kann dein Vater also nicht mehr schalten und walten, wie er will.«
»Nein, das kann er nicht mehr.«
»Freut mich für dich und den Rest der Welt.«
»Ich wünsche dir alles Gute«, sagte sie nach einer kurzen Pause.
»Das war`s?«, fragte er skeptisch. Sie schwieg.
Er stand unvermittelt auf und war im Begriff zur JVA-Bediensteten an der Tür zu gehen.
»Warte!«, rief sie ihm hinterher. Er blieb stehen, ohne sich zu ihr umzudrehen.
»Dein Verteidiger wird sein Amt nieder legen. Du kriegst einen neuen Anwalt«, sagte sie schnell und fügte leise hinzu, »einen besseren.«
Was hatte sie gerade gesagt?
Er konnte es nicht glauben. Und doch hellte sich seine Miene von einem Moment zum nächsten auf. In Zeitlupe drehte er sich zu ihr um und stützte seine Hände auf die Armlehne des Stuhls auf dem er eben noch gesessen hatte.
»Mehr kann ich nicht für dich tun«,
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