Fesselnde Entscheidung (German Edition)
sagte sie im Flüsterton.
»Das ist mehr als ich erwarten kann. Das ist … unglaublich! Warum machst du das?«
»Ganz ehrlich? Das frage ich mich auch.«
Er schüttelte ungläubig mit dem Kopf: »Danke! Das ist unglaublich von dir!«
Wortlos sahen sie sich in die Augen und schienen beide in diesem Moment zu spüren, dass da mehr zwischen ihnen war. Mehr als eigentlich sein durfte. Eine unsichtbare Verbindung, die alles andere als normal war, zumindest zwischen einem Opfer und einem Täter.
Elisa entzog sich seinem Blick. »Ich hoffe, du verstehst, dass wir die Nebenklage nicht zurückziehen können.«
Tim verstand es nicht, aber das war momentan auch egal. Unschlüssig sahen sie sich an. Dann erhob sie sich schwerfällig von ihrem Stuhl und stützte sich dabei mit ihren Händen am Tisch ab. Unweigerlich fiel sein Blick auf ihren eindeutigen Bauch, der sich nun deutlich unter ihrem weiten Pullover abzeichnete.
»Du bist … du hast gar…«, kam er ins Stottern, »du hast aber auch keine Zeit vergeudet. Wann ist es denn soweit?«
Sie machte eine wegwerfende Handbewegung.
»Ein paar Monate muss ich noch.«
»Du wolltest wohl besonders schnell die Mehrheit in der Firma?«
»Ja, genau«, sie lächelte gequält.
»Na, dann alles Gute!«, sagte er, immer noch vollkommen überrascht.
»Danke und dir viel Glück!«
Er nickte ihr zum Abschied zu und ließ sich dann von der wartenden JVA-Bediensteten wieder auf seine Zelle bringen.
Sie blickte ihm hinterher und sagte leise: »Leb wohl«, ohne dass er es hören konnte.
36. Kapitel
Der Medienrummel beim Prozessauftakt acht Monate nach seiner Festnahme war gewaltig. Fast noch größer als damals, als das unblutige Ende der Entführung einer Millionärstochter bekannt gegeben wurde.
Das öffentliche Interesse ebbte aber schnell wieder mangels sensationeller Neuigkeiten ab. Da der Angeklagte geständig war, wurde dem Opfer eine Aussage vor Gericht erspart. Daher wurde von Anfang an mit einem milderen Urteil gerechnet. Ein kleiner Aufschrei ging durch die Presse, als ein Journalist das Honorar des Verteidigers recherchierte und publik machte. Wilde Spekulationen um die Frage, womit der Angeklagte das zahlen könne, waren die Folge.
Weder Elisa noch ihr Vater standen während der gesamten Zeit für Stellungnahmen oder Interviews zur Verfügung. Elisa verfolgte den Prozess bewusst nur am Rande, nicht zuletzt weil sie in ihrem Zustand jede Art von Aufregung oder Stress vermeiden wollte.
Noch mal wurden die Medien auf den Prozess aufmerksam, als der Angeklagte einen an Elisa gerichteten Brief von seinem Verteidiger verlesen ließ, worin er sich öffentlich bei ihr entschuldigte. Den Inhalt entnahm Elisa der Zeitung. Sie wusste, dass die Zeilen nicht von ihm stammten, sondern ein Schachzug der Verteidigung waren. Dennoch las sie sie gern. Das endgültige Urteil war letztendlich nur noch eine Randnotiz wert.
*
Als es verkündet wurde, lag Elisa in den Wehen. Erst Stunden später, nachdem sie endlich ihre kleine Amelie überglücklich in den Armen hielt, erzählte Basti es ihr beiläufig. Sieben Jahre und acht Monate. Wobei seine bereits abgesessene Zeit in der Untersuchungshaft noch angerechnet wurde.
*
Das war eine lange Zeit. Die Verteidigung hatte die Revision bereits angekündigt. Wenn diese aber nicht erfolgreich sein würde, konnte er zwar zum Halbstrafentermin einen Antrag auf Reststrafenaussetzung stellen. Der hatte aber in der Praxis nur geringe Erfolgsaussichten. Deutlich größer wurde die Hoffnung auf eine vorzeitige Haftentlassung erst ab dem Zwei-Drittel-Termin – also in fünf Jahren.
*
Elisa war sich sicher, dass sie ihn niemals vergessen werde, dass er immer Teil ihres Lebens sein würde.
Liebevoll strich sie über die kleinen Ärmchen und betrachtete gedankenverloren das winzige herzförmige Muttermal auf dem linken Oberarm ihrer Tochter.
TEIL 2
1. Kapitel - Vier Jahre später
»Ich liebe dich.«
Sie lag auf seiner Brust, hatte die Augen geschlossen und streichelte ihm sanft über den Bauch. Er hatte seinen Arm um sie gelegt und kraulte zärtlich ihren Nacken.
»Mama! Papa! Ich habe Hunger! Seid ihr wach?«, ertönte es plötzlich und im selben Moment wurde die Schlafzimmertür aufgestoßen.
»Na, komm her, Süße«, sagte Elisa und breitete ihre Arme aus.
Amelie ließ sich freudestrahlend zwischen ihre Eltern fallen.
Es war der zauberhafte Samstagmorgen einer Bilderbuchfamilie. Zumindest auf den
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