Fesselnde Entscheidung (German Edition)
ihrer Angst mitnehmen würden. Was würde er als nächstes tun? Wann wäre
es
endlich so weit? Die Ungewissheit machte sie fast wahnsinnig. Sie überlegte, ob es vielleicht einfacher für sie werden würde, wenn
es
endlich geschehen war. Aber was war
es
? Hatte er sie hierher gebracht, um sie zu töten? Wahrscheinlich nicht. Vielleicht aber doch. Je nach dem, auf welche bestialische Art er ihrem Leben ein Ende setzen wollte. Vielleicht erst zerstückeln, dann essen? Sie erschauderte. Es gab so viele kranke Menschen auf dieser Welt. Wahrscheinlicher aber war, dass er sich an ihr vergehen wollte – immer und immer wieder, wann immer ihm danach war. Deswegen hielt er sie hier unten gefangen. So lange, bis sie endlich tot war.
6. Kapitel - Dienstag, 09.09.
Die große – an eine Bahnhofsuhr erinnernde – Uhr über dem Empfangsbereich zeigte 19:51 Uhr an, als Schulte – zwar müde aber dennoch bester Laune – zu seinem Büro zurückkehrte. Die Tür war angelehnt. Komisch, dachte er. Nur Frau Seibel, Löser und Elli hatten einen Schlüssel für sein Arbeitszimmer. Na ja, besänftigte er seinen aufkommenden Ärger, wahrscheinlich hatte Löser ihm nur einen Gefallen tun wollen und deswegen die Tür offen gelassen. Er wusste ja, dass er gleich kommen würde. Schulte öffnete die Tür und trat in sein Büro. Auf den ersten Blick sah er, dass sein Chefsessel nicht an der Stelle stand, wie er ihn verlassen hatte.
Er achtete stets sehr penibel darauf, dass er genau in der Mitte seines Schreibtisches stand und die Armlehnen den Tisch berührten. Jetzt stand er weiter links und die Armlehnen guckten nach rechts. Ein ungutes Gefühl machte sich kurz in ihm breit, wurde aber von seiner Feierlaune schnell wieder verdrängt.
Auf dem Weg zu seinem Schreibtisch konnte er nicht an der Glasvitrine vorbei gehen, ohne stehen zu bleiben. Er genehmigte sich einen Schluck von seinem edelsten Tropfen, einen zwischenzeitlich 42 Jahre alten Whiskey.
Frau Seibel hatte ihm einige Unterlagen auf den Schreibtisch gelegt. Wahrscheinlich war sie dabei gegen seinen Sessel gestoßen, sinnierte er. Eigentlich sollte sie es besser wissen, auch die Reinigungskraft wusste, wie sein Stuhl zu stehen hatte. Bevor er sich hinsetzte, nahm er die Verträge, die Löser obenauf gelegt hatte, an sich. Ehrfürchtig blätterte er sie durch und sah sich noch mal die frischen Unterschriften an. Eigentlich war es gut, dass Elli nicht dabei gewesen war, ging ihm durch den Kopf. Sie hätte sicherlich verhindert, dass die Vereinbarungen bereits heute unter Dach und Fach waren. Dadurch hatten sie viel Zeit gespart – und damit auch Geld. Irgendwie würde er es ihr schon schonend beibringen, dass das Projekt starten würde. Zum Glück hatte sie noch kein Vetorecht – noch nicht. Bedächtig legte er die Dokumente in den Tresor, der sich – versteckt in der Schrankwand - hinter seinem Chefsessel befand. Nur Elli und er kannten den Code.
»Ach Elli«, sprach er zu sich selbst, während er sich hinsetzte. Eine Unterschriftenmappe, ein brauner DIN A4 Umschlag und ein weißer Computerausdruck lagen fein säuberlich nebeneinander auf seinem Schreibtisch aufgereiht. Der weiße Zettel erhielt seine erste Aufmerksamkeit, vermutlich weil sich neben dem Bedruckten eine handschriftliche Notiz befand, die sein Interesse weckte.
»Sehr geehrter Herr Dr. Schulte, leider wusste ich nicht, von welcher ´Kristina Lange` Sie die Telefonnummer haben wollten. Ich habe vier gefunden und Ihnen alle ausgedruckt. Hoffentlich ist die richtige dabei!! Schönen Abend! E. Seibel«
Neben drei Telefonnummern stand auch die Adresse, bei einer fehlte sie. Das muss ihre sein, dachte er, weil er wusste, wo Kristina wohnte. Er schaute auf sein Handy, zum x-ten Mal an diesem Tag. Nichts. Auf dem Weg zu Tessa würde er Kristina anrufen. Gedankenverloren nahm er den braunen Umschlag in die Hand. Er drehte ihn um und entdeckte weder einen Empfänger noch einen Absender. Er wunderte sich, normalerweise öffnete Frau Seibel die Umschläge und legte ihm die Briefe dann vor. Warum sie ihm diesen Umschlag kommentarlos einfach hingelegt hatte, verstand er nicht. Aber Frau Seibel wäre nicht Frau Seibel, wenn sie nicht ab und zu mal etwas machen würde, was er nicht unbedingt nachvollziehen musste. Umständlich öffnete er den Umschlag und zog einen weißen Zettel heraus. Von einer Sekunde zur nächsten erstarrte er.
ELISA IST IN MEINER GEWALT. ICH ENTSCHEIDE ÜBER LEBEN UND TOD. WENN DU SIE LEBEND UND
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