Fesselnde Entscheidung (German Edition)
- Montag, 08.09.
Er war zurückgekehrt. Auch wenn sie nichts sehen konnte, hatte sie die Schritte draußen vor der Tür gehört, dann den Schlüssel im Schloss und das knarrende Geräusch als die Tür aufgedrückt wurde. Nichts sehen zu können, war für sie das Schlimmste von allem. Wie ein in die Enge getriebenes Tier, versuchte sie sich in panischer Furcht irgendwie aufzurichten – vergeblich. Von fliehen konnte kaum die Rede sein. Sie wusste, dass es ein hoffnungsloses Unterfangen war und eigentlich nur eins brachte: Es nur wenige Sekunden weiter hinaus zu zögern. Sie wollte schreien. Aber zu hören war nur ein gurgelndes Keuchen. Wie viel Zeit war vergangen, seit er sie sich hier unten sich selbst überlassen hatte? Es kam ihr wie Stunden vor - halberfroren war sie vor Kälte.
„Beruhig dich, Elisa!“, flüsterte er, „ganz ruhig.“
Woher um alles in der Welt kannte er ihren Namen? War sie etwa kein zufälliges Opfer? Im gleichen Moment fiel ihr die Antwort ein: Er hatte ihre Handtasche und damit auch ihren Personalausweis. Wusste also auch, wann sie Geburtstag hatte, wie groß sie war und wo sie wohnte.
Sie spürte seine unmittelbare Nähe, konnte seinen Atem auf ihrem Gesicht spüren.
„Halt still!“, befahl er ihr, „ich will dir das Tuch von den Augen nehmen.“
Der Knoten an ihrem Hinterkopf war ziemlich fest, er hantierte eine Weile herum, griff dann zur Säge, die er mitgebracht hatte und ritzte damit vorsichtig das Tuch ein. Schließlich löste es sich von ihren Augen und fiel zu Boden. Das Erste, was sie sah, war die alte verrostete Säge in seiner Hand. Ihr stockte der Atem. Sie zitterte am ganzen Körper und war nicht mehr fähig, irgendetwas zu denken. Sie konnte den Blick nicht von der Säge nehmen.
„Ich hab hier nichts Besseres gefunden, um deine Fesseln aufzuschneiden“, erklärte er.
Wollte er sie gehen lassen? Voller Angst starrte sie ihn an, sah in seine Augen, die durch die kleinen Schlitze in der Sturmhaube zum Vorschein kamen. Parallel nahm sie nach und nach im Augenwinkel die Umgebung wahr. Ein Handscheinwerfer lag auf dem Boden und spendete grelles Licht. Ihre Augen hatten sich überraschend schnell an die neu gewonnene Helligkeit gewöhnt. Der Raum war vielleicht drei Meter breit und fünf Meter lang: ein Kellerraum. Überall war es dreckig. Dicke Spinnweben hingen von der Decke, waren in jeder Ecke und besonders auf dem kleinen Fenster, welches wohl auch bei Tageslicht nicht viel Licht hinein ließ. Ansonsten war der Raum vollkommen leer. Sie versuchte die Quelle für das Tropfen des Wassers auszumachen, fand sie aber nicht.
„Nicht bewegen! Ich mach dir jetzt den Knebel auf und du gibst keinen Ton von dir!“
Mit Bedacht sägte er an ihrem Hinterkopf das Paketband auf, welches den Handschuh in ihrem Mund fixiert hatte. Als sich das Band löste, spuckte sie den Handschuh sofort aus. Zuerst konnte sie ihren Mund gar nicht richtig schließen, alles war taub. Kurz danach fühlte es sich so an, als wäre der Knebel noch in ihrem Mund, als wäre alles überdimensional angeschwollen. Sie wollte ihre eingerissenen Lippen befeuchten, konnte aber ihre Zunge nicht richtig bewegen.
Zum Schluss widmete er sich ihren Handfesseln. Als auch diese der Säge zum Opfer fielen, nahm sie ihre Hände langsam hinter ihrem Rücken hervor und massierte die eingeschnittenen Handgelenke. Dabei ließ sie ihn nicht aus den Augen. Was würde jetzt geschehen? Was hatte er als Nächstes vor? Sie wagte kaum zu hoffen, dass der Alptraum ein Ende hatte und er sie gehen lassen würde.
Kaum hatte sie diesen Gedanken zu Ende gedacht, machte es „klick“. Eine Handschelle schloss sich um ihr linkes Handgelenk und rastete ein. Tränen stiegen in ihr vor Enttäuschung auf. Sie schloss ihre Augen, um sie zu unterdrücken, schluckte sie hinunter und öffnete die Augen tief durchatmend wieder.
„Was hast du mit mir vor?“, fragte sie ihn leise lallend, noch immer nicht Herr über ihre Zunge.
Statt ihr zu antworten, half er ihr auf und stützte sie am Arm. Sie kam sich wie eine Hundertjährige vor, alles schmerzte ihr, jeder einzelne Knochen. In ihren Füßen hatte sie kein Gefühl mehr. Sie waren wir abgestorben vor Kälte. Sie knickte um und ihr wurde schwarz vor Augen.
Er hielt sie fest und legte ihren Arm um seine Schulter. Als er sie mehr mit sich zur die Tür schleifte als dass sie alleine ging, nahm er sie auf den Arm und trug sie die Treppe hinauf. Sie hielt ihre Hände geschlossen vor
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