Fesselnde Entscheidung (German Edition)
Handgelenke echt weh und wenn die Dinger da wieder dran sind noch mehr. Vor dem Fenster sind Gitter und ich kann nicht durch Wände gehen“, leise fügte sie hinzu, „ auch wenn ich es gern würde.“
Er war unentschlossen, eigentlich hatte sie recht. Aus dem Keller konnte sie beim besten Willen nicht herauskommen. Er blickte um sich und sah nichts, was sie als Waffe benutzen hätte können. Mit ihren bloßen Händen würde sie ihm nichts anhaben können, da war er sich sicher.
„Okay, Elisa, aber ich will das nicht wieder bereuen, verstanden? Wenn alles so läuft, wie ich mir das vorstelle, ist heute Mittag alles vorbei. Du bist frei und ich bin weg.“
Sie nickte langsam.
Solange sie sein Gesicht nicht sehen würde, konnte er sie gehen lassen. Dieses Wissen hatte Elisa die ganze Zeit über beruhigt, hatte sie durchhalten lassen, als sie immer wieder kurz vorm Durchdrehen war. Auch wenn sie der Kriminalpolizei bei den Ermittlungen wahrscheinlich nicht sehr viel würde helfen können, ihr oberstes Ziel war, einfach zu überleben. Vielleicht würde es ihr irgendwann doch gelingen, ihn an seinem Körperbau und seiner Stimme identifizieren zu können, damit er seine gerechte Strafe bekommen würde, vielleicht aber auch nicht. Das war momentan absolute Nebensache.
Er war im Begriff zu gehen und wollte gerade die Türklinke herunterdrücken.
„Was ist, wenn dir was zustößt?“
Er drehte sich zu ihr um.
„Was passiert dann mit mir?“, hakte sie zögernd nach.
„Du bist meine Lebensversicherung, Elisa. Mir darf nichts passieren.“
„Man wird mich hier nicht finden, nicht wahr?“
„Mach dir nicht so viele Gedanken.“
Er sah ihr die aufsteigende Verzweiflung in ihren Augen an.
„Du solltest also noch ein bisschen damit warten, bis du mir den Tod wünscht“, ergänzte er und ließ sie in ihrem Verlies alleine zurück.
*
Er war aufgeregt, als er sich auf den Weg machte. Langsam musste er sich beeilen, denn wenn er sich verspäten würde, wäre alles verloren gewesen. Tausend Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Tausendmal war er den Ablauf durchgegangen, es kam ihm fast zu einfach vor. Sein Auto parkte er bewusst vier Bahnstationen entfernt vom Buchenpark und ging dann zu Fuß weiter. Aufmerksam achtete er auf jede Einzelheit, insbesondere darauf, ob ihn jemand beobachten oder sogar folgen würde. Dann hätte er seine Aktion sofort abgebrochen.
Der Mitarbeiter vom Bauhof ging jeden Donnerstagmorgen mit seiner Handsammelkarre durch den Buchenpark und entleerte in einem Zeitfenster zwischen 6:55 Uhr und 7:15 Uhr den besagten Mülleimer. Das hatte er seit Wochen genau beobachtet und sich minutiös notiert. Anschließend – und hier kam er ins Spiel – genehmigte sich der Arbeiter immer am Imbiss neben dem Spielplatz ein Käffchen und unterhielt sich mit der Inhaberin des Kiosks für ungefähr zehn bis fünfzehn Minuten. Das Gute daran war, dass er seine Handsammelkarre vorher immer schwer einsehbar zwischen dem Kiosk und einem dichten Gebüsch abstellte, damit sie niemandem im Weg stand.
Um 6:32 Uhr hatte er seinen Platz im Gebüsch eingenommen und wartete nervös auf das, was kommen sollte. Ihm war auf dem Weg dorthin nichts aufgefallen, alles normal vorgekommen. Eine innere Unruhe machte sich dennoch in ihm breit. Auf einmal wurde ihm bewusst, dass dies vielleicht seine letzten Minuten in Freiheit sein könnten. Er umfasste das kalte Metall seiner Pistole und dachte an Elisa. Selbst wenn alles klappen würde, müsste er sie auch noch freilassen. Auch dabei konnte einiges passieren. Er hatte zwar versucht, so wenig wie möglich von sich Preis zu geben, hatte immer die Sturmhaube aufgehabt, aber die Gefahr, dass Elisa die Ermittler auf die richtige Spur bringen würde, bestand natürlich dennoch.
Angespannt blickte er immer wieder auf seine Uhr. Es war 6:44 Uhr, als ein in schwarz gekleideter Spaziergänger seine Aufmerksamkeit weckte. War er ihm nicht auch schon am Parkeingang begegnet? Was machte der zu dieser Uhrzeit hier? Er schien auf etwas zu warten und guckte auffällig hin und her. Schulte war das nicht, den kannte er. Dann ging der Passant weiter und verließ sein Blickfeld.
Nach einer gefühlten halben Ewigkeit sah er um 7:12 Uhr endlich den in orange gekleideten Arbeiter mit seinem kleinen Müllwagen in einem gemächlichen Tempo auf den Kiosk zugehen. Ob und wie er den Mülleimer am Spielplatz geleert hatte, hatte er von seinem Platz aus nicht beobachten können. Aber er war sich sicher,
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