Fesselnde Entscheidung (German Edition)
Zimmer für seine Privatdetektei angemietet hatte. Zu dieser Zeit waren vor dem Hochhaus immer ausreichend Stellplätze frei. Tagsüber war das schon schwieriger und Oskar musste oft genervt um den Block fahren, um irgendwo – oft weit entfernt – einen Parkplatz zu finden. Er schloss die Tür zum Haupteingang auf und fuhr dann mit dem Fahrstuhl in den achten Stock. Kurz bevor er die Tür zu seinem Büro erreicht hatte, machte er noch mal auf dem langen Flur kehrt, ging zurück zum Fahrstuhl und öffnete neben der Fahrstuhltür die Abseite, in der das Reinigungspersonal die Putzutensilien verwahrte. Nach kurzem Durchschauen fand er, wonach er suchte: einen schwarzen Müllbeutel.
Als Oskar in seinem Büro angekommen war, legte er den Geldkoffer behutsam auf seinem Glastisch ab, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich hin – ohne seinen Blick von dem Koffer zu nehmen. Er dachte nach. War es richtig, was er vorhatte? Er zog aus seiner Jackentasche das Flugticket und schaute es nachdenklich an. Nach Chile hatte er schon immer gewollt und das Beste war, ein Auslieferungsabkommen mit Deutschland gab es nicht.
Würde Elisabeth es ihm jemals verzeihen, wenn er ihre Tochter eiskalt opfern würde? Zweifel überkamen ihn, aber ein schlechtes Gewissen blieb aus. Er öffnete den Koffer und schnupperte an den Geldnoten. War es nicht endlich an der Zeit, sein Leben zu leben? Nicht mehr der Vergangenheit hinterher zu trauern? Sondern endlich den Neuanfang zu wagen? Fernab der Heimat, weg von Elisabeth und wie die anderen alle hießen?
Er stand auf und öffnete die Klappe von seinem Reißwolf, der neben seinem Glastisch stand. Typisch, dachte er. Wie immer hatte die Reinigungskraft mal wieder vergessen, die Schnipsel aus dem Behältnis des Schredders zu entfernen. Den Abfalleimer entleerte sie immer, aber wie oft hatte er sie schon daran erinnert, auch den Reißwolfmüll mitzunehmen? Er spannte die schwarze Mülltüte über den Behälter des Schredders, drehte den Eimer auf den Kopf und schüttelte die Schnipsel in den Müllbeutel. Dann machte er einen Knoten in den Beutel, ließ ihn achtlos auf den Boden fallen und ging zum Fenster. Oskar genoss den letzten Blick über die Stadt. Drehte sich dann um, sah sich noch mal in seinem Büro um, nahm die in der Ecke stehende Reisetasche in die rechte Hand, den Geldkoffer und den Müllbeutel in die linke und schaltete mit dem Ellenbogen das Licht aus.
Wehmut überkam ihn nicht, als er das Bürogebäude für immer verließ. Eine Kleinigkeit hatte er nur noch zu erledigen. Den Entführern, die wahrscheinlich der Himmel geschickt hatte, den Müllbeutel in den gewünschten Abfalleimer zu werfen. Er wollte sich zumindest erkenntlich zeigen, dass er an sie gedacht hatte – auch wenn es noch nicht vier Uhr nachts war.
Nachdem auch das erledigt gewesen war, ließ er sich mit einem Taxi zum Flughafen fahren. Er bezahlte in bar, davon hatte er nämlich genügend.
20. Kapitel - Donnerstag, 11.09.
Elisa merkte ihm die Anspannung an, als er früh morgens zu ihr in den Keller kam. Es war der Tag der Geldübergabe. Endlich!
*
Am Abend zuvor hatte er noch relativ entspannt gewirkt. Hatte sie nach oben geholt, sie auf die Toilette gehen lassen und ihr dann die noch warmen Reste seiner Pizza angeboten. Sehr gern hatte sie zugegriffen. Er war sogar so gut drauf gewesen, dass er ihr die Handschellen abgenommen hatte, damit sie besser essen konnte. Entweder war er auf den letzten Metern nachlässig geworden, überlegte Elisa, oder sie hatte tatsächlich sein Vertrauen gewonnen, denn er legte ihr die Handschellen auch nicht mehr um, als er sie kurze Zeit später wieder in den Keller gebracht hatte.
*
Er hatte ihr ein Brot gemacht und sah ihr zu, wie sie es hungrig verschlang.
„Muss ich dich knebeln?“ fragte er sie unvermittelt im ernsten Ton. Fast hätte sie sich an den letzten Brotkrumen verschluckt.
„Nein, … Quatsch … wer sollte mich hier auch hören?“
Sie schaute ihn verunsichert mit ihren großen Augen an. Unwillkürlich nahm sie wieder ihr schneller klopfendes Herz wahr.
Er zog die Handschellen aus seiner Gesäßtasche und ließ sie vor ihr baumeln.
„Aber die müssen wieder sein.“
„Nein, müssen sie nicht“, widersprach sie ihm, „wir wissen beide, dass ich hier nicht rauskommen kann“.
Er griff nach ihrem Arm, den sie aber schnell von ihm wegzog.
„Elisa, jetzt mach bitte keine Metzchen“, sagte er gereizt.
„Bitte nicht! Mir tun meine
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