Fesselnde Entscheidung (German Edition)
hatte er heute in Elisa die erfolgreiche Geschäftsfrau gesehen. War sich klein neben ihr vorgekommen. Nicht standesgemäß.
Und doch fiel ihm auf einmal ein, als sie zusammen draußen auf der Terrasse waren, hatte sie wieder unendlich zerbrechlich auf ihn gewirkt. Das Martinshorn eines vorbei rasenden Polizeiwagens riss ihn aus seinen Gedanken.
Als die Sirenen leiser wurden, fragte er sich plötzlich, wie er sich an Elisas Stelle verhalten hätte. Was hätte es geändert, wenn sie es ihm früher gesagt hätte? Die ersten vier Lebensjahre seiner Tochter hatte er im Gefängnis verbracht.
Was, wenn Elisa ihm damals wirklich die Wahrheit hatte sagen wollen, als er entlassen worden war? Was, wenn sie plötzlich der Mut verlassen hatte? Sie hatte zwar tausend Gelegenheiten gehabt, es ihm zu sagen. Aber sie hätte damit riskiert, ihr fein säuberlich aufgebautes Kartenhaus leichtfertig zum Einsturz zu bringen.
Wieder rissen ihn Sirenen aus seinen Gedanken. Diesmal waren es zwei Rettungswagen, die in hohem Tempo an ihm vorbei rauschten, dicht gefolgt von einem weiteren Polizeiwagen.
Erneut fragte er sich, was es geändert hätte, wenn er es früher erfahren hätte. Er hätte Zeit mit seiner Tochter verbringen wollen. Hätten sie sich dann zu dritt getroffen? Wohl kaum. Oder vielleicht doch?
Ein Notarztwagen heulte an ihm vorüber. Irgendwo musste ein Unfall passiert sein, dachte er und war froh, sein Auto noch rechtzeitig abgestellt zu haben. Er überlegte weiter. Wieso hatte sie von Liebe gesprochen? Hatte sie es vielleicht doch ernst gemeint? Wie sollte es weiter gehen? Kurz zog er in Erwägung, noch mal zu ihr nach Hause zu fahren, um ihr all die offenen Fragen zu stellen. Aber er entschied sich dagegen. Amelie war da. Sie hätten nicht in Ruhe miteinander sprechen können.
Auf einmal bedauerte er, Elisa einfach so stehen gelassen zu haben. Es musste für sie ein schwerer Schritt gewesen zu sein, ihm endlich die Wahrheit zu offenbaren. Und er hatte sie grußlos einfach verlassen. Auf einmal wurde ihm so richtig bewusst, dass er eigentlich nur immer eins gewollt hatte. Die ganze Zeit. Immer. Nur sie.
*
Er ahnte nicht, dass sie es war, die ihn in diesem Augenblick verließ. Er merkte nicht, dass in diesem Moment die Welt still stand und nichts mehr war, wie es mal gewesen war.
14. Kapitel
Elisas Herz hatte aufgehört zu schlagen. Den Sanitätern war es am Tatort gelungen, sie zu reanimieren und notdürftig zu stabilisieren. Aber der diensthabende Notarzt hatte keine große Hoffnung, als sie mit dem Rettungshubschrauber in die Uniklinik geflogen wurde.
Das OP-Team stand schon bereit, als der Hubschrauber mit ihr landete. Eine ganze Schar von Ärzten kämpfte um ihr Leben.
Elisa hatte einen glatten Durchschuss erlitten bei dem der äußerste Zipfel des rechten Lungenflügels getroffen wurde, aber kein Hauptblutgefäß. Ihr Zustand war sehr kritisch. Wertvolle Minuten waren zwischen der Tat und der herbeieilenden Hilfe vergangen. Auch wenn der Paketzusteller, der zufällig Zeuge der Tat geworden war, sofort einen Notruf abgesetzt hatte.
Die größte Sorge bereiteten den Ärzten ihr instabiler Kreislauf und der große Blutverlust. Immer wieder sackte ihr Blutdruck gefährlich ab. Daher entschieden sie sich dazu, die nicht absolut lebensnotwendigen Eingriffe erst in folgenden Operationen durchzuführen – sofern sie es bis dahin schaffen würde.
Elisa überlebte die ersten drei äußerst kritischen Tage. Dann kam ein neues Problem hinzu. Ihre Entzündungswerte im Blut stiegen besorgniserregend an. Um das Infektionsrisiko so gering wie möglich zu halten, hatte sie von Anfang an hoch dosierte Breitbandantibiotika erhalten. Und dennoch, die Einschusswunde und die viel größere Ausschusswunde waren stark entzündet. Ihr Zustand verschlechterte sich dramatisch, obwohl sie zwischenzeitlich ein spezifisches Antibiotikum gegen den ermittelten Bakterienstamm erhielt. Eine Woche nach der Tat hörte Elisas Herz wieder auf zu schlagen.
Aber es schien, als hätte Elisa auf einmal beschlossen, noch nicht sterben zu wollen. Wieder gelang es, sie wiederzubeleben – selbst zur Überraschung der Ärzte. Und von da an ging es in kleinen Schritten bergauf. Das Antibiotikum schlug an und ihre Entzündungswerte sanken. Nach und nach konnten vier weitere Operationen folgen.
Schließlich entschieden sich die Ärzte sieben Wochen nach dem Anschlag, Elisa schrittweise wieder aus dem künstlichen Koma erwachen zu lassen.
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