Fesselnde Liebe - Teil 2
Besseres.«
Mein Herz klopft schneller, als ich rüber in mein Zimmer gehe und den Schrank öffne. Es ist in der hintersten Ecke verborgen, weil es mich eigentlich schmerzt, es anzusehen. Aber für den heutigen Zweck erscheint es mir passend, auch wenn meine Hände zittern, während ich es überstreife.
»Und?«
Cat klappt der Mund auf. »Wow! Was ist das denn ...? Woher hast du das? Ich dachte, du besitzt gar keine Kleider?«
Doch, ich besitze sogar einige Kleider. In London. Adrian und ich haben sie zusammen gekauft, und ehrlich gesagt vermisse ich das Gefühl fließender Stoffe auf meinem Körper. Zurück nach Newcastle bedeutete für mich auch, zurück in Jeans und Sweatshirts. Bequemlichkeit. Doch das weiße Kleid habe ich mitgenommen. Weil es mich an Adrian erinnert.
Heute trage ich also das Kleid mit dem tiefen Rückenausschnitt, das ich im Club anhatte. Ich sehe aus wie eine Diva. Zwar eher wie eine Diva aus der Rocky Horror Show in Anbetracht meines Make-ups, aber immerhin.
Ich antworte nicht auf ihre Frage und starre noch immer gebannt in den Spiegel. Ich kann mich selbst kaum erkennen, aber irgendwie gefällt es mir. Es ist wie ein Schutzschild, hinter dem ich mich verstecken kann. Langsam begreife ich, warum Cat Spaß an solchen Maskeraden hat. Ich könnte mir sogar vorstellen, Dinge zu tun, die ich normalerweise niemals tun würde. Weil ich ja eben verkleidet bin, fast eine andere Person. Aufregend, aber auch beängstigend, was so eine Kostümierung auslöst.
» Ich bin bereit«, sage ich, schnappe mir die kleine schwarze Handtasche in Korsettform, die Cat mir geliehen hat, und schlüpfe in ein Paar Pumps. Sie sind mir eine Nummer zu groß, allerdings hat Cat Taschentücher vorne reingestopft, sodass ich beinahe darin laufen kann.
Ihr klappriger VW gibt seltsame Geräusche von sich, ich bin mir nicht sicher, ob das am Auto oder an ihrem Fahrstil liegt. Sie trägt hohe Plateauschuhe, daher verwundert es mich nicht, dass jeder Halt an einer Ampel sich anfühlt wie eine Notbremsung. Ich werde vermutlich eine Narbe auf der Schulter davontragen!
»Da sind wir«, erklärt sie nach einer quälend langen Fahrt an den Stadtrand.
Verwirrt sehe ich mich um. Wir sind irgendwo in einem alten Industriegebiet, das natürlich so spät am Abend wie ausgestorben wirkt. Ich habe wirklich nicht zu viele Gruselfilme gesehen, aber falls ich mal einen drehe, wird er hier stattfinden.
»Wenn du glaubst, dass ich hier aussteige und ...« Wortlos beugt sie sich über mich und öffnet die Beifahrertür. »Wo soll ich denn hier bitte hingehen?«, frage ich verzweifelt, ohne auszusteigen. Nur wenige Straßenlaternen werfen spärliches Licht, von draußen dringt kühle Luft in den Wagen.
» Da vorne, die Nummer 11. Wo die Lampe brennt. Du brauchst nicht zu klingeln, kannst einfach reingehen und an der Theke auf ihn warten. Er wird ganz bestimmt kommen.«
Tatsächlich hängt vor der windschiefen Tür des roten Backsteingebäudes, auf das Cat gezeigt hat, eine flackernde Laterne. Wie bei Edgar Wallace.
»Ist das ein Club, oder was?«, frage ich flüsternd und ziehe den Mantel eng über meiner Brust zusammen, weil ich mich plötzlich in dem dünnen Kleid viel zu nackt fühle.
» Nein, eine Bar. Wirklich anständig, nur zum Kennenlernen und so. Also keine Angst.«
Anständig. Klar. Genauso gut hätte sie mir erzählen können, dass sich hinter dieser Tür ein katholisches Schwesternheim befindet! Warum habe ich mich bloß auf diesen Mist eingelassen? Ich muss mir dringend mal einen großen Gefallen überlegen, den Cat mir schuldet. Für alles, was ich in den letzten zwei Jahren für sie getan habe.
Während ich vorsichtig über die alten Pflastersteine auf das Haus zugehe, lasse ich einige skurrile Aktionen von Cat vor meinem inneren Auge Revue passieren. Da war die Sache mit Gary, dem blonden Typen, der aussah wie der Sänger einer Boygroup. Das war, bevor sie auf den ganzen SM-Kram reingefallen ist. Sie war unsterblich in ihn verliebt, vertraute ihm aber nicht, weil er angeblich viel zu schön für sie war. »Von einem schönen Teller isst man nie allein«, sagte sie und nötigte mich dazu, mich an ihn ranzumachen, um seine Treue zu prüfen. Den Test bestand er leider nicht, und ich hatte riesige Angst, dass unsere noch frische Freundschaft darunter leiden könnte. Aber zum Glück war Cat klar, wen die Schuld traf. Immerhin habe ich nur zugelassen, dass er mich küsste, und es war ein sehr schüchterner, fast braver
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