Fesselndes Geheimnis
kommen bald darüber hinweg. Es ist immer furchtbar, einen Bekannten auf diese Weise zu verlieren. – Aber versuchen Sie, sich Ihren Aufenthalt hier nicht verderben zu lassen.«
Erst als ich endlich wieder allein war, gab ich meinen zitternden Knien nach, sank auf einen der Korbsessel und verdrängte den Gedanken an die schwarzen Schmetterlinge und die Handschellen.
Kapitel 5
Aus den dunkleren Tiefen meines Gedächtnisses drängte eine Erinnerung ans Licht, verlangte nach Aufmerksamkeit und ließ mich zittern. Nur mit Mühe gelang es mir, eisern zu bleiben und sie zurückzustoßen in den Abgrund, aus dem sie gekommen war. Ich konnte mich jetzt nicht mit ihr befassen, durfte es nicht … was gar nicht so einfach war.
Entschlossen konzentrierte ich mich auf etwas anderes. Marks letzten Hinweis. Hals über Kopf stürzte ich zu meinem Laptop, prüfte kurz die E-Mails, um herauszufinden, ob Mark mir vielleicht eine Botschaft geschickt hatte, wurde aber enttäuscht. Ich erinnerte mich, wie wenig er der elektronischen Post getraut hatte und bei dem Gedanken wehte neuerliche Schwermut durch mein Gemüt. Zumindest, bis ich eine heitere, fragende Nachricht von Felix las. Er wollte wissen, wie »die Aktien« stünden. Im Grunde hatte er ein Recht darauf zu erfahren was passiert war. Doch momentan hatte ich nicht die Kraft dazu, ihm zu mailen oder ihn anzurufen. Wie sollte ausgerechnet ich ihm vom Tod seines Freundes berichten und mir berechtigte Vorwürfe wegen meiner Lügen oder meines Ermittlungsvorsatzes anzuhören? Das vertrug ich im Augenblick nicht.
Also zurück zu den Ermittlungsvorsätzen: »La Belle Folie«. Ich warf den Namen samt Ort – Ostende – in die Weiten des Internets. Binnen Bruchteilen von Sekunden erschien das Ergebnis auf meinem Bildschirm. Mit gemischten Gefühlen betrachtete ich die vornehm aufgemachte, aber wenig aussagekräftige Homepage eines exklusiven Clubs … was genau dort veranstaltet wurde, blieb diskret im Hintergrund, ließ sich bestenfalls erahnen. Nachtleben der besonderen Art. Das konnte alles oder nichts bedeuten. Ichnotierte mir die Adresse und klickte mich durch verschiedene korallrote, mit schwarzer Schrift versehene Seiten. Auf der letzten Seite wurde ich enttäuscht. Das Etablissement war offenbar nur für Mitglieder. Etwas, was seine Exklusivität unterstrich, es mir aber schwer machen würde. – Oder leicht. Auf jeden Fall war meine Neugierde geweckt.
Der Torhoutse-Steenweg war eine lange, graue und eher unwirtliche Geschäftsstraße mit herzlich wenig Charme. Einzig die älteren höheren Häuser, die bunte Mosaiken unter den Fenster-Steinbögen aufwiesen, strahlten eine gewisse Freundlichkeit aus. Ich erinnerte mich, dass ich hier schon mal entlang geschlendert und mir sogar da ein Gebäude durch seinen ungewöhnlichen Anstrich aufgefallen war: Das zweistöckige Einzelhaus war in der Farbe frischen Blutes gestrichen, Fenster und Torbögen hingegen schwarz abgesetzt, die Fensterscheiben durch schwarze Gardinen von innen verhangen. Jeder Einblick der Außenwelt dadurch verwehrt. Immerhin ahnte ich jetzt wieso.
Mit gemischten Gefühlen stieg ich aus dem Wagen, bezahlte den Taxifahrer und ging dann entschlossen an dem Gebäude vorbei. Nur im Vorübergehen warf ich einen gleichgültigen Blick Richtung Club. »La Belle Folie« stand in vornehmen Goldlettern an der Tür, und darunter in den drei Sprachen Flämisch, Französisch und Englisch die Info: »Einlass nur für Mitglieder!« Die schwarzen Fensterläden waren geschlossen und verliehen dem Nachtclub einen verschlafenen Touch. Er hatte trotz des herrlichen Wetters etwas Verlassenes, beinahe Trauriges an sich. Etwas, was wahrscheinlich allein auf meinen Gefühlen beruhte. Schließlich war es ein perfekter Tag, warm und windig, die Luft schmeckte nach Salz und trug ein wenig Sand mit sich. Ein wenig wehmütig umkreiste ich den Club – so unauffällig wie möglich – und erkundete die Umgebung. Auf dem Parkplatz des »La Belle Folie« registrierte ich ein parkendes Auto. Obwohl ich nicht wusste, wieso oder weshalb, regte sich etwas mir. Das Fahrzeug kam mir vage bekannt vor, obwohl ich den nagenden Gedanken nicht zu fassen bekam. Nachdenklich ließ ich mich im »Adamant Bistro« nieder und bezog einen bequemen Observationsposten gegenüber von»La Belle Folie«. Notfalls würde ich bleiben, bis mir wieder einfiel, woher ich den Wagen kannte!
Hinter einem Exemplar von »Le Soir« verschanzt, beobachtete ich die
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