Fessle mich!
wissend. “Hab ich’s doch geahnt. Du bist in ihn verliebt.”
Entrüstet schüttelte Macy den Kopf. “So ein Unsinn! Er passt doch gar nicht zu mir.”
Lauren tippte ihr mit dem Zeigefinger auf die Brust. “Tu nicht so. Er passt hervorragend zu dir, sonst würdest du es nicht wagen, mir zu drohen, du halbe Portion.”
“Ich geb dir gleich eine halbe Portion!” Mit einem spitzen Schrei stürzte Macy sich auf Lauren. Die hielt sich schützend den Eisbecher vor die Brust. Eine äußerst unzulängliche Verteidigung, denn der Becher platzte unter der Wucht des Angriffs, und eine Ladung halb geschmolzener Eiscreme ergoss sich über die T-Shirts der beiden Freundinnen. Sie stutzten, starrten einander entgeistert an – und fingen an, lauthals zu lachen.
Geschlagene fünf Minuten lang wälzten sie sich kichernd und prustend auf dem Sofa, bis sie schließlich keine Luft mehr bekamen. Dann richteten sie sich auf, rieben sich die schmerzenden Seiten und begutachteten den Schaden.
Lauren seufzte. “Weißt du, es mag seltsam klingen, Macy, aber genau das hat mir bei Anton immer gefehlt.”
“Unsinn, du kannst doch meine Albernheiten unmöglich mit dem vergleichen, was Anton dir bieten kann.” Macy wurde rot und räusperte sich. “Da fällt mir übrigens ein, dass ich dir noch etwas beichten muss: Ich habe ein Kondom aus deinem Medizinschränkchen entwendet.”
“Überhaupt kein Problem, was ist schon ein Gummi unter Freundinnen?”
“Das nennt man in der Regel Safer Sex.”
“Sehr witzig!” Lauren zog ihr Top über den Kopf und betrachtete es angewidert. Dann fiel ihr Blick auf Macy, die keinen Deut besser aussah als sie. “Wie geht es jetzt weiter?”, fragte sie.
Macy zuckte die Achseln. “Ich stelle mich unter die Dusche. Was du vorhast, weiß ich nicht, aber ich würde dir das Gleiche empfehlen.”
“Das meine ich doch gar nicht. Ich spreche von unserem Leben. Warum ist alles auf einmal so kompliziert?”
“Das Leben ist kein bisschen kompliziert, wenn man sich weigert, erwachsen zu werden.”
“Aber irgendwann wird jeder erwachsen.”
“Ich nicht, du wirst schon sehen! Und Leo kann mir gestohlen bleiben!”
“Mr. Redding? Eine Miss Webb würde Sie gerne sprechen.”
Leo zuckte überrascht zusammen, als die Stimme seiner Sekretärin durch die Gegensprechanlage drang. Macy hier, in seinem Büro? Am helllichten Tag und offiziell angemeldet? Was wollte sie denn von ihm?
Eindringlich starrte er auf den Apparat auf seinem Schreibtisch. Hatte er nur geträumt? War ihm vielleicht das Mittagessen nicht bekommen? Er hatte nur einen vegetarischen Auflauf gegessen, daran konnte es nicht liegen, dass sich sein Bauch derart zusammenkrampfte. Aber wem wollte er eigentlich etwas vormachen? Der Knoten in seinem Magen stammte nicht von der Portion Spinat mit Schafskäse. Er war Ausdruck seiner Angst, Macy in die Augen sehen und sein Verhalten rechtfertigen zu müssen.
Leo legte den Bleistift weg und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Unwillkürlich musste er an den Abend vor drei Tagen denken, als er auf eben diesem Stuhl gesessen hatte und Macy vor ihm niedergekniet war. Wohl kaum die geeignete Vorbereitung auf das, was ihm bevorstand. Trotzdem drückte er den Knopf und antwortete: “Ist gut, Ruth, schicken Sie sie herein.”
Er hatte Macy seither nicht mehr gesehen. Mit Grauen erinnerte er sich an die Szene, als sie Lauren in der Wohnung angetroffen hatten. Sie war zurückgekommen, einfach so, ohne Vorankündigung. In diesem Moment war Leo bewusst geworden, wie sehr Macys Leben von unvorhersehbaren Ereignissen, spontanen Einfällen und Launen regiert wurde. Das reinste Chaos! Diese Erkenntnis hatte gewirkt wie eine eiskalte Dusche. Ernüchtert, aber auch enttäuscht hatte er das Weite gesucht. Seither befand er sich in einem schrecklichen inneren Zwiespalt. Unablässig war er gezwungen, sich selbst zu versichern, dass das, was er getan hatte, langfristig gesehen die einzig richtige Entscheidung gewesen war.
Und es war wirklich besser so! Er war drauf und dran gewesen, aus Wut Dinge auszusprechen, die er später bitter bereut hätte. Er hatte in diesem Augenblick die Atmosphäre in Macys Wohnung so sattgehabt: das Durcheinander, den Lärm und dieses ungeregelte Leben! Macy war eine erwachsene Frau und sollte endlich lernen, sich entsprechend zu benehmen! Zum Glück war ihm gerade noch rechtzeitig eingefallen, dass ein zivilisierter Erwachsener sich nicht zum Richter über andere Leute
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