Fessle mich!
Schuhe und zum Schluss kommt es hoffentlich zu einer Einigung oder Versöhnung. In den meisten Fällen sind die Missverständnisse so trivial, dass sich der Streit früher oder später legt und die Partnerschaft sich wieder einrenkt. Bei Unterwerfungsspielen können Missverständnisse etwas heikler sein.
Schlimmstenfalls vollzieht ein Partner am anderen eine sexuelle Handlung, mit der dieser absolut nicht einverstanden ist, weshalb er den Eindruck hat, ihm würde Gewalt angetan. Das kann eine Beziehung ebenso ins Schleudern bringen, wie es die Gefühle beider Beteiligten für lange Zeit enorm aufwühlen kann. Deshalb ist hier eine offene Verständigung von Anfang an von größerer Bedeutung als beim in der Regel weniger gefährlichen Kuschelsex. Aber auch wenn wir nicht gleich vom schlimmstmöglichen Fall ausgehen, ist es immer wünschenswert, wenn beide Partner von einem erotischen Zusammensein gleichermaßen erhalten, was sie sich davon versprechen. Deshalb ist es sinnvoll, wenn nicht notwendig, dass Sie und Ihr Lover einander mitteilen, was Sie eigentlich wollen, bevor es zur Sache geht.
Grundsätzlich stehen Sie beide sich dabei als Gleichberechtigte gegenüber. Der dominante Partner hat vor dem Spiel nicht mehr zu sagen als der devote. Schließlich ist kein Mensch mehr wert oder hat höhere Ansprüche als ein anderer, bloß weil er eine entsprechende Rolle wählt. Nur wenn Sie sich beide auf gleicher Ebene treffen, können Sie voreinander den Respekt entwickeln, den Sie benötigen, damit einer dem anderen vertrauen, sich öffnen und Intimität zulassen kann. Erst wenn das alles vorhanden ist, besteht für die meisten Menschen eine ausreichende emotionale Sicherheit, um dem anderen die geheimsten Wünsche, Fantasien, Abneigungen und Ängste mitzuteilen.
Christian Grey verhält sich auch in diesem Bereich nicht wirklich ideal. Er stößt Anastasia immer wieder in SM-Spiele, über die sie sich noch sehr unsicher ist; ihre Grenzen werden dabei nicht immer so diskutiert, dass es zu einer echten Übereinkunft kommt. Immerhin erlaubt er ihr das Festlegen von Grenzen, wenn es um die Unterzeichnung ihres Sklavenvertrages geht – aber auch dort versucht er, ihre Einwände beispielsweise damit abzuwürgen, dass er ihr die Wikipedia-Definition von »submissive« mailt. Das ist kein Verhalten, das Sie sich im wahren Leben bieten lassen sollten.
Allerdings kann auch im wahren Leben eine Situation entstehen, die eine erste Absprache innerhalb von zuvor festgelegten Rollen nahelegt. Ein Beispiel: Vielleicht haben Sie durch eine Kontaktanzeige oder im Internet einen Menschen kennengelernt, der sich von Anfang an als dominant kenntlich gemacht hat. Genauso haben Sie von Anfang an die devote Rolle übernommen. In dieser Form haben Sie schon einige Zeit lang Briefe oder Mails ausgetauscht. Jetzt wollen Sie zum ersten Mal miteinander spielen. Sollten Sie für die Dauer der »Verhandlungen« aus Ihren Rollen hinaustreten oder kann das Gespräch auch funktionieren, wenn Sie darin bleiben?
Ich kann mir vorstellen, dass eine solche Absprache auch glückt, wenn sie innerhalb der Rolle geführt wird. Insbesondere bei dem von mir gewählten Beispiel werden sich die beiden Partner vermutlich schon in ihren Briefen ausgetauscht haben, was ihre jeweiligen Wünsche, Fantasien und Ansprüche betrifft. Es ist aber auch sehr gut möglich, dass sie bestimmte wichtige Fragen (zum Beispiel Safer Sex) bislang ausgeklammert haben, diese aber eigentlich angesprochen gehören.
Darüber hinaus kann eine Absprache innerhalb der Rolle aus zwei Gründen heikel sein: Sie beziehungsweise Ihr Partner könnten zum einen sexuell bereits dermaßen angeregt sein, dass Sie den notwendigen klaren Kopf nicht mehr besitzen und einiges von dem überspringen, was Sie thematisieren sollten. Zum anderen trägt ein solches Gespräch dann zur »Verunklarung« der Kommunikation bei, da nicht mehr eindeutig unterscheidbar ist, welcher Anteil einer Äußerung der Rolle und welcher der Person entspricht. Angenommen etwa, der Dominante verkündet: »Wenn du mein Sklave wirst, dann selbstverständlich nur zu meinen Bedingungen. Ich erwarte zum Beispiel von dir, dass du dich nur kriechend fortbewegst, deinen Kopf nie höher als meine Knie hebst und mir niemals ins Gesicht siehst.« Wie viel davon ist verhandelbar? Setzen solche Formulierungen einen Devoten mit entsprechendem Naturell (oder entsprechend großer Geilheit) psychologisch nicht bereits so unter Druck, dass er
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