Fest der Herzen: Geständnis unterm Weihnachtsbaum / Schicksalstage - Liebesnächte
war, denen der Sprung auf die Ladefläche zu viel abverlangte.
Das Rentier zögerte, vermutlich weil es Ginger gewittert hatte.
„Keine Angst“, beruhigte Olivia es. „Ginger ist lammfromm. Geh ruhig rauf, Blitzen.“
„Sein Name ist Rodney“ , verriet Ginger ihr. Sie hatte sich so gedreht, dass sie über die Rückenlehne alles beobachten konnte.
„Dasher, Dancer, Prancer oder … Rodney“, sprach Olivia gestikulierend, wobei sie dem Tier genug Raum ließ.
Rodney hob den Kopf, als sie seinen Namen aussprach, und schien etwas munterer zu werden, dann stolzierte er die Rampe hinauf und legte sich mit lautem Schnauben auf ein paar auf die Ladefläche geworfene alte Futtersäcke.
Olivia schloss die Heckklappe ganz leise, da sie das Tier nicht erschrecken wollte.
„Woher kennst du seinen Namen?“, fragte sie, kaum dass sie wieder eingestiegen war. „Außer einem ‚Verirrt‘ bekomme ich nichts aus ihm raus.“
„Er hat’s mir gesagt“ , entgegnete Ginger. „Er ist noch nicht bereit, Einzelheiten über seine Vergangenheit zu berichten. Da ist auch ein bisschen Amnesie im Spiel. Ausgelöst durch das emotionale Trauma, weil er sich verlaufen hat.“
„Hast du dir wieder irgendwelche Pseudo-Seelenklempner im Fernsehen angeschaut, dass du so was weißt? Vielleicht Oprah ?“
„Nur, wenn du vergisst, den Fernseher auszumachen, wenn du aus dem Zimmer gehst. Du weißt, ich kann mit der Fernbedienung nicht umgehen.“
Olivia löste die Handbremse und legte den Rückwärtsgang ein, dann fuhr sie zurück zum Haus. Vermutlich wäre es sinnvoller gewesen, das Rentier in die Praxis zu bringen, um es zu röntgen, oder zur Ranch, damit Rodney dort in der Scheune übernachten konnte.
Aber es war mitten in der Nacht, und wenn sie um diese Zeit in der Praxis das Licht einschaltete, dann würden all ihre anderen Patienten aufwachen und einen solchen Lärm veranstalten, dass die gesamte Nachbarschaft aus dem Schlaf gerissen wurde. Und auf der Stone Creek Ranch würde sie vermutlich das Baby wecken, dabei waren Brad und Meg auch so schon völlig übernächtigt.
Also musste Rodney den Rest dieser nicht mehr allzu langenNacht bei ihr auf der überdachten Veranda verbringen. Sie würde für ihn mit einem Stapel alter Decken, von denen sie für alle Fälle immer mehr als genug hatte, ein Nachtlager herrichten, ihm Wasser geben und versuchen, ob er etwas von Gingers Leckerchen essen würde. Am Morgen konnte sie sich dann richtig um ihn kümmern, ihn in der Praxis untersuchen, ihn röntgen und eine Blutuntersuchung durchführen. Wenn er transportfähig war, konnte sie ihn zu Brad bringen und ihn in einer eigenen Box im Stall einquartieren.
Rodney trank eine ganze Schale Wasser leer, nachdem Olivia ihn durch die Tür auf die Veranda gelotst hatte. Dabei behielt er die ganze Zeit über Ginger im Auge, obwohl die weder knurrte noch sich hastig bewegte, wie es manch anderer Hund an ihrer Stelle getan hätte.
Stattdessen schaute Ginger Olivia mit einem mitfühlenden Blick an. „Ich schlafe besser hier draußen bei Rodney“ , erklärte sie. „Er ist noch immer ziemlich verängstigt. Die Fahrt auf dem Truck hat ihn ein bisschen erschreckt.“
Das war von Gingers Seite ein wirklich großes Opfer, liebte sie doch ihr großes, weiches Kissen über alles. Ashley hatte es für sie genäht und dabei den weichsten Fleece verwendet, den sie finden konnte. Sie hatte es sogar mit einem Monogramm versehen. Unwillkürlich musste Olivia lächeln, als sie sich ihre blonde, kurvenreiche Schwester vorstellte, wie die an der Nähmaschine saß und unermüdlich arbeitete.
„Du bist ein guter Hund“, meinte sie und musste gegen ein paar Tränen ankämpfen, sowie sie sich vorbeugte und Gingers Kopf tätschelte.
Ginger seufzte, was so klang, als wollte sie sagen: „Was tut man nicht alles für ein Lob?“
Olivia ging ins Schlafzimmer und holte Gingers Kissen, das sie auf der Veranda auf den Boden legte, dann nahm sie den leeren Wassernapf und begab sich in die Küche, um ihn noch einmal aufzufüllen. Als sie danach erneut nach draußen kam, musste sie feststellen, dass Rodney es sich auf dem Kissen bequem gemachthatte, während Ginger sich auf einem Stapel alter Decken eingerollt hatte.
„Ginger, dein Bett …?“
Die Hündin gähnte einmal von Herzen, legte die Schnauze auf ihre Vorderpfoten und verdrehte die Augen. „Jeder braucht nach einer Bruchlandung erst mal ein gemütliches Plätzchen“ , antwortete sie schläfrig. „Sogar
Weitere Kostenlose Bücher