Fest der Herzen: Geständnis unterm Weihnachtsbaum / Schicksalstage - Liebesnächte
immer noch mehr vom Himmel. Verdammt, und dabei war der November noch nicht mal vorbei.
„Kann ich nicht wenigstens über Weihnachten nach Hause kommen?“
„Soph, du weißt doch, wir haben gar kein Zuhause.“
Wieder schniefte sie. „Klar haben wir ein Zuhause“, gab sie sehr leise zurück. „Das ist da, wo du und Butterpie seid.“
Mit einem Mal brannten Tanners Augen. Das musste an dem eisig kalten Wind liegen, der ihm ins Gesicht wehte. Als er sichbereit erklärt hatte, den Job anzunehmen, da hatte er bei Arizona an drei Dinge denken müssen: Kakteen, weite Wüstenlandschaft, sechsundzwanzig Grad im Winter.
Aber Stone Creek lag im nördlichen Teil von Arizona in der Nähe von Flagstaff, einer Region mit Wäldern und roten Felsen – und gelegentlichen Schneestürmen.
Es war nicht seine Art, solche geografischen Details zu übersehen, diesmal allerdings war genau das passiert. Er hatte den Vertrag unterschrieben, weil er ihm viel Geld einbrachte und da Brad ein guter Freund war.
„Was hältst du davon, wenn ich stattdessen zu dir komme? Wir verbringen Weihnachten in New York, wir gehen am Rockefeller Center Eislaufen, wir sehen uns die Rockettes an …“
Sophie liebte New York. Sie wollte dort das College besuchen und danach Medizin studieren, anschließend plante sie, sich als Neurochirurgin niederzulassen. Für ein Mädchen in diesem Alter ein ziemlich ehrgeiziges Ziel, aber diese Gene hatte sie von ihrer Mutter geerbt, nicht von ihm. Kat war nicht nur so schön wie ein Supermodel gewesen, sondern auch noch hochintelligent, hatte sie doch als Chirurgin mit dem Fachgebiet Kinderkardiologie gearbeitet. Das alles hatte sie aufgegeben, um Sophie zu bekommen und mit ihrem rastlosen Ehemann durch die Welt zu reisen, und dabei beteuert, dass es nur vorübergehend war …
„Aber dann kann ich Butterpie nicht sehen“, wandte Sophie ein und kicherte. „Ich glaube, ins Waldorf werden sie sie nicht lassen, auch wenn wir den Haustierzuschlag bezahlen.“
Unwillkürlich stellte sich Tanner vor, wie das Pony an den Blumenarrangements in der gediegenen Lobby des Hotels knabberte und dabei ein paar Pferdeäpfel auf den altehrwürdigen Teppichen verteilte. „Nein, wahrscheinlich nicht“, stimmte er ihr grinsend zu.
„Willst du nicht, dass ich zu dir komme, Dad?“, fragte sie plötzlich. „Liegt es daran? Meine Freundin Cleta sagte, dass ihre Mom sie über Weihnachten nicht nach Hause kommen lässt, weilsie einen neuen Freund hat und nicht will, dass ihr ein Kind den Spaß verdirbt.“
Cleta? Wer gab einem armen, wehrlosen Kind den Namen Cleta?
Und was für eine Mutter war das, die lieber ihren „Spaß“ hatte, als ihr eigenes Kind zu sich zu holen? Noch dazu an Weihnachten!
Tanner kniff kurz die Augen zu, dann schritt er auf das in Dunkelheit gehüllte Haus zu, in dem er sich noch nicht auskannte. Die letzten Nächte hatte er in Brads Haus verbringen können, bis hier die Stromversorgung sichergestellt und das Telefon angeschlossen worden war.
„Ich liebe dich mehr als jeden anderen Menschen auf der Welt“, versicherte er ihr und meinte jedes Wort so, wie er es sagte. Praktisch sein ganzes Handeln war darauf ausgerichtet, für Sophie zu sorgen und sie vor den anonymen und gesichtslosen Mächten zu beschützen, deren Hass er sich zugezogen hatte. „Glaub mir, hier kann ich keinen Spaß haben.“
„Dann werde ich eben weglaufen“, verkündete sie entschlossen.
„Viel Glück“, konterte Tanner, nachdem ihm sekundenlang der Atem gestockt hatte. „Dir ist genauso klar wie mir, dass diese Schule ringsherum hermetisch abgeschlossen ist.“
„Wovor hast du solche Angst?“
Dich zu verlieren . Die Kleine hatte keine Ahnung, wie groß und vor allem wie gefährlich die Welt war. Sie war erst sieben gewesen, als Kat getötet wurde, und sie konnte sich kaum an den Rückflug aus Nordafrika erinnern. Leibwächter hatten im Flugzeug die Plätze um sie herum besetzt, damit sich ihnen beiden niemand nähern konnte, während im Frachtraum der versiegelte Sarg transportiert worden war.
Die Medien hatten sich auf die Story gestürzt. „US-Bauunternehmer von Aufständischen angegriffen“, hatte eine Schlagzeile gelautet, während eine andere fragte: „Fiel Ehefrau eines amerikanischen Geschäftsmanns einem Racheakt zum Opfer?“
„Ich habe vor gar nichts Angst“, beharrte Tanner.
„Das hat was damit zu tun, was mit Mom passiert ist“, redete Sophie weiter. „Das hat Tante Tessa
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