Fest der Herzen: Geständnis unterm Weihnachtsbaum / Schicksalstage - Liebesnächte
nicht zu kommen.
Abgesehen davon war es ja keineswegs so, dass sie nichts von einem Ehemann und einer eigenen Familie wissen wollte – ganz im Gegenteil. Doch ihre Praxis und ihre „Dr.-Dolittle-Nummer“, wie Brad ihre zugegebenermaßen ziemlich schräge Fähigkeit der Tierkommunikation nannte, kosteten sie jeden Tag so viele Stunden, dass für andere Dinge kaum noch Zeit blieb.
Ihr gemietetes Haus war schon älteren Datums und die Garage stand daher in einigem Abstand daneben, weshalb Olivia sich mit Ginger ein paar Meter weit durch den tiefen Pulverschnee kämpfen musste, um zu ihrem Wagen zu gelangen. Ihr Wagen war keins von diesen neumodischen Autos mit allem möglichen Schnickschnack, und außerdem war er meistens total schlammverspritzt – aber er hatte sie noch nie im Stich gelassen. Ganz gleich, welches Wetter herrschte, der Motor sprang immer an, und es gab kaum eine Wegstrecke, die er nicht bewältigen konnte.
„Ich möchte ja nicht wissen, wie ein gestrandetes Rentier in Melissas kleinem rotem Sportflitzer Platz finden sollte“, sagte sie zu Ginger, während sie das Garagentor öffnete. „Oder in diesem albernen Hybridauto, mit dem Ashley durch die Gegend kurvt.“
„Also, ich hätte nichts gegen eine Runde in dem roten Sportflitzereinzuwenden“ , gab Ginger zurück und kletterte die speziell angefertigte hölzerne Trittleiter hinauf, die Olivia zum Wagen gezogen hatte. Ginger wurde schließlich nicht jünger, und ihre Gelenke verursachten ihr seit ihrem „Unfall“ zwangsläufig noch mehr Probleme, also mussten Maßnahmen ergriffen werden, damit ihr das Leben erleichtert wurde.
„Davon träumst du“, konterte Olivia und schob die Trittleiter zur Seite, nachdem die Hündin es sich auf dem Beifahrersitz bequem gemacht hatte.
Sie schloss die Tür, stieg auf der Fahrerseite ein und startete den Motor, der fast schon ein biblisches Alter hatte, aber immer noch so glatt und rund lief wie am ersten Tag. „Du weißt, wie sehr sich Melissa über Hundehaare aufregt. Und was meinst du, was du zu hören bekommst, wenn du mit deinen Monsterkrallen ein Loch in die teuren Lederpolster reißt!“
„Sie mag Hunde“ , beharrte Ginger und hob den Kopf, um sie anzusehen. „Sie bildet sich ja nur ein, dass sie allergisch ist.“ Die Hündin glaubte unbeirrt an das Gute in jedem Menschen, obwohl es Menschen gewesen waren, die sie auf dem Highway ausgesetzt hatten – oder besser gesagt: der rachsüchtige Freund von Gingers Vorbesitzerin, der sie aus dem fahrenden Auto geschleudert hatte, wobei ihr zwei Beine gebrochen worden waren. Olivia war nur wenige Minuten später am Ort des Geschehens eingetroffen, nachdem dieser übersinnliche Hilferuf an ihr Herz sie dazu veranlasst hatte, hinzufahren. Sie hatte Ginger geborgen und in die Klinik gebracht, wo sie mehrere Operationen und eine langwierige Genesung hatte durchstehen müssen.
Olivia schaltete die Scheibenwischer ein, musste dennoch blinzeln, damit sie durch die umherwirbelnden dicken Flocken etwas erkennen konnte. „Meine Schwester ist eine Hypochonderin.“
„Sie ist nur noch nicht dem richtigen Hund begegnet“ , behauptete Ginger unbeirrt. „Und auch nicht dem richtigen Mann.“
„Fang jetzt bloß nicht von Männern an“, warnte Olivia die Hündin und hielt Ausschau nach dem Rentier in Not.
„Du wirst schon fündig werden“ , meinte Ginger und hechelte, während sie nach draußen in die verschneite Nacht schaute.
„Redest du vom Rentier oder von einem Mann?“
„Sowohl als auch“ , antwortete Ginger und zeigte dabei ihr Hundelächeln.
„Was soll ich nur mit einem Rentier machen?“
„Dir fällt schon was ein“ , erwiderte Ginger. „Bald ist Weihnachten. Vielleicht gibt’s ja eine Vermisstenmeldung vom Nordpol. Ich würde ja auf der Website vom Weihnachtsmann nachsehen, wenn ich mit meinen Pfoten eine Tastatur bedienen könnte.“
„Von wegen“, brummte Olivia. „Wenn du das könntest, würdest du dauernd bei diesen Verkaufssendern bestellen, nur weil der Mann von UPS immer so nett zu dir ist. Dann würden wir unter Bergen von Wunderkopfkissen, Kräuterzeugs gegen Übergewicht und Mitteln für weißere Zähne ersticken.“ Ein vertrauter Schmerz regte sich zwischen ihren Schulterblättern, als sie angestrengt die Dunkelheit zu beiden Seiten der schmalen Straße mit ihren Blicken absuchte. Weihnachten. Noch so eine Sache, für die sie keine Zeit hatte, von der nötigen Begeisterung ganz zu schweigen. Aber Brad und seine ihm
Weitere Kostenlose Bücher