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Festung Zehn

Festung Zehn

Titel: Festung Zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bunch
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Parks wurden die Ehrengeschosse abgefeuert. Ja, wie ich schon vorher sagte, ich habe die Freuden gekostet.
    Auf dem Podium ereignete sich an jenem Tage die ungewöhnliche Sache für mich, den Gewinner der doppelten Auszeichnung. Und es war letzten Endes mein zeitweiliger Fall. Während ich mit stolzer Brust und hochaufgerichtet dastand, damit man mir die Auszeichnungen anheftete, schaltete jemand die Damen ein. Was ich sagen will ist, daß sich ein Dienertyp erhob, während der Zeremonienmeister meine Medaillen an mir befestigte, eine Person, die einem Bühnenarbeiter ähnlich war, und auf dem ganzen Podium herumging und die Lebensschalter aller Neumetalldamen auf EIN stellte, die den Teil des Raumes, der für unsere Feierlichkeit diente, ausschmückten. Normalerweise wäre das völlig bedeutungslos gewesen, denn unser Verlangen auf diesem Gebiet ist in Moderan meistens nicht mehr als schwach lauwarm, und wir haben andere Dinge zu erledigen, die von geheiligterer Natur sind. Eine Dame zur Abwechslung bei den Freuden vielleicht ein- oder zweimal im Jahr, aber alles andere als das – igitt! Aber in dieser Nacht änderte ich mich – und durch solch kleine Dinge werden unsere Leben verwirrt und gehemmt und vom richtigen Wege abgebracht und lohnend gemacht. Als meine Medaillen golden schimmerten, fiel mir eine bezaubernde Dame ins Auge. Ich war so betäubt, daß ich blau-golden und vom himmlischen Wahnsinn träumte, mein Herz klopfte wild, während ich starrte. Später bei der Veranstaltung, als sie mir in Lobreden alles gaben – die Welt für meine Größe, das ganze verbale Blahblah darüber, wie stolz ein Volk sein sollte, wieviel sie mir wirklich für mein Beispiel des Gewinns beider Auszeichnungen verdankten – sagte ich, angestrengt bemüht, ruhig zu sein, auf kühle Lässigkeit bedacht, während mein Herz hämmerte – auf sie deutend: »Laden Sie mal die kleine blauäugige Goldblonde ein. Ich habe einen Platz zwischen meinen Plastiken für sie.« So beluden sie meine Kriegswagen mit Damen, als ich mich zur Heimfahrt bereitmachte. Ich schmolz sie alle schnell ein, außer der EINEN.
    Aber die EINE! Wie ich sie hier am Rande des Letzten Entscheidens, nach all den Zeitaltern, all den monotonen Jahren des Kostens der Freuden der Ehrungen sehe, wenn ich zurückdenke. Klein und golden und blau – wie sie sie modelliert hatten, wie die Gelenke so glatt eingesetzt waren! So hätte ich sie nach Hause genommen und hätte sie einmal lange und gründlich angesehen und hätte sie zwischen meinen Plastiken aufgestellt und hätte sie vergessen – alles würde immer noch in Ordnung gewesen sein. Oder ich könnte die Mechanik ausführlich oder kurz bewundert haben, die Nieten und Schweißnähte gründlich gestreichelt und sie dann mit meinen Flammen eingeschmolzen haben. Welchen Schaden könnte das bringen? Aber nein, ich konnte das Vernünftige nicht tun. Ich nicht! Aber damals war ich jung, für moderanische Verhältnisse. Vielleicht war mein Ich in jener Nacht nach dem protzigen Ereignis in Kriegfurt etwas aufgeblasen, nachdem ich die doppelten Auszeichnungen gewonnen hatte. Vielleicht hatten sie den Punsch-Intraven, den man an der Tafel der Helden serviert hatte, mit Alkohol versetzt, und da ich daran nicht gewöhnt war, konnte es sein, daß er sich lange in meinen Fleischstreifen aufhielt. Oder vielleicht war nur jene Zeit für etwas gekommen, das lange todähnlich in meinem Herzkasten geruht hatte, um zitternd wieder zu erwachen und mich zu verwirren. Aber auf jeden Fall nahm ich sie nicht nach Hause, schaute sie einmal lange und gründlich an und stellte sie dann zwischen meine Plastiken, die Kugelmänner, die Metallbänder-Jungfrauen und die anderen Monstrositäten der Kunst, an denen ich mich erfreue. Ich streichelte nicht ihre Nieten und Schweißnähte sorgfältig und schmolz sie dann auch nicht zu einem Klumpen zusammen! O nein, nicht ich alter Holzkopf von Gewinner der doppelten Auszeichnungen. Ich schnippte ihren Lebensschalter auf EIN! Und da stand die goldblonde Jungfrau, mein Liebling, mein Schatz – meine EINZIGE! Ich wußte ganz plötzlich irgendwie, daß alle Dinge für mich nie wieder ganz die gleichen sein würden.
    Aber ich möchte Sie nicht mit der vollständigen rosengleichen Ballade unserer Liebe langweilen. Welches Vergnügen es mir bereiten würde, es Ihnen zu erzählen! Wie es Sie vielleicht ermüden würde, es zu lesen, denn es gibt keine Worte, die ihr gerecht werden würden, und wenn es Worte

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