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Festung Zehn

Festung Zehn

Titel: Festung Zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bunch
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Abweichungen erklären – das mußte ich tun. Oh, ich könnte sie mir für eine Weile, vielleicht für immer, vom Leibe halten, wenn sie das Spiel anständig in Form eines Frontalangriffs spielen würden. Ich könnte mich hinter meinen elf stählernen Wällen in meiner Festung zurücklehnen, die Festung auf Dauerfeuer einstellen, die Raketen dahinziehen lassen, die gehenden Puppenbomben laufen lassen, die Ehrlichen Jakobs und die Hohen, unheimlich gellenden Zertrümmer-Trümmer starten und mir vielleicht die Hölle und die Versammlung vom Leibe halten, bis die Zeit selbst alt werden würde. Aber sie würden nicht anständig angreifen; das wußte ich. In der Tat würden sie überhaupt nicht angreifen, was man einen Angriff nennen könnte. Und das war die ärgerliche Sache. Ich würde mit meinem ganzen bereithängenden Tötungspotential daliegen, bereit, zum Drücken des großen orangen Schalters in meinen Kriegsraum zu gehen. Und was würden die Männer der Versammlung, die Männer aus den Hallen, tun? Sie würden Anspielungen machen. Sie würden in den F-Türmen hoch oben in ihren Wichtigkeit verheißenden Büros an ihren Schreibtischen bei den Beste-Aussicht-Fenstern im Nadelgebäude herumfaulenzen, das so groß ist und so hohe Spitzen hat, daß die Flaggenmasten den Gasschirm durchdringen. Sie würden die Berichte verhandeln, an den großen Rauchsträngen kauen, in die mit Diamanten gesprenkelten goldenen Spucknäpfe spucken, mit ihren Zähnen aus Neulegierung lächeln und vielleicht meine Bäume abstellen. Oder, wenn sie den Bäumen gestatten würden stehenzubleiben, könnten sie die Blechvögel nicht herunterkommen lassen, um in ihnen zu singen. Oder nehmen wir an, sie würden meine Bäume und Vögel in Ruhe lassen, was ist dann mit den Blumen? Vielleicht würden sie ihren Einfluß dafür einsetzen, die Leute in der Zentrale dazu zu bringen, meine Blumen auszuschalten. Und wie würde ich dastehen? Ich würde mit der einzigen Festung im Umkreis von vielen Kilometern dasitzen, die vor schwerer Munition strotzt, und das in Haufen, um die herum aber keine hübschen Blumen auf Sprungfederstielen blühen, um den Schrecken zu mildern. Wie würde ich dastehen? Wie würde ich mich fühlen? Oder vielleicht würden sie ihre Phhluugblattwerfer mit den Andeutungs-Extraausgaben herüberschicken, jenen subtilen Flugblättern, auf denen ungefähr Folgendes stehen würde FESTUNG 10 IN DIESEM GASSCHIRM WIEDER NICHT IM ZUSTAND EINES ANNEHMBAREN BÜRGERS. FESTUNG 10 SEIT 5 GASSCHIRMEN IM RÜCKSTAND. FESTUNG 10 WIRD DRINGEND GEBETEN, NORMAL ZU WERDEN. Nur das. Nun, ich weiß, wer Festung 10 ist, Festung 10 bin ich. Und ich weiß, was ein Gasschirm ist, auch wenn ich es einmal nicht gewußt haben sollte. Ein Gasschirm ist ein Monat. Jeder Monat ist in Moderan ein anderer Gasschirm, und ich habe daran nichts auszusetzen. Der Mai ist grün, der Oktober ist ein leuchtendes Orange, nur zur Verdeutlichung. Der graue, in dem ich jetzt bin, ist März, sehr traurig und voll von Bedrohungsmöglichkeiten, müssen Sie wissen.
    Nehmen wir also an, man veranstaltet einen Flugblattüberfall auf mich. Und wenn sie einmal mit Flugblättern anfangen, dann wird man normalerweise nicht nur mit einem Flugblatt überschüttet. Du lieber Gott, es sind normalerweise sowieso ein Dutzend. Eines Morgens liege ich also auf meinem Hebelbett, spiele an den Hebe- und Schlingvorrichtungen, um mich hochzuheben, und plötzlich stehen zehn meiner Blechmänner um mich herum, jeder von ihnen mit einem Flugblatt. Und sie bewegen sich feierlich, sehen aber überaus glücklich und erfreut darüber aus, daß der Chef sich selbst in eine Patsche gesetzt hat. Ich nehme also die andeutenden Blätter, die sie mir reichen und knülle besagte Blätter zu einer Zwölf-Blatt-zerknüllte-Flugblätter-Papierkugel zusammen, und ich schleudere diese Zerknüllte-Flugblätter Zwölf-Seiten-Andeutungen-Kugel verächtlich hinüber zu einigen Kleinen Zertrümmern auf der Raketen-Abschußlinie. Habe ich irgendjemand getäuscht? Nein. Diese Blechmänner wissen, wann sich der Chef nicht richtig benommen hat. Sie wissen, wann Festung 10 flieht.
    So denke ich – an jenem grauen Märzmorgen der Erkenntnis auf meinem Hebelbett – ich glaube, ich bin es mir selbst und meinen Männern schuldig, normal zu werden. Ich war es sicher nicht der Zentrale oder jenen Gaunern schuldig, die hoch in den F-Türmen des Nadelgebäudes die Aussicht bewunderten, an den großen Rauchsträngen kauten, ein

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