Festung Zehn
bei meiner Entspannung zu vergnügen. Was für eine Auseinandersetzung war das normalerweise! Ich könnte vielleicht ein Stück von einem Wall eines neuen Nachbarn zerstören, ihn von meinem Pult aus bekämpfen, bis alle Knöpfe für »begrenzte« Zerstörung, die meine Festung besaß, EINgeschaltet waren und die ganze Luft voll häßlich gellender Verwüstung war und die laufenden Raketen auf seine Gräben zurasten. Was für eine Freude! Oder ich könnte die Statuenfrau unter dem Bett hervorholen – die blonde und blauäugige Frau Statue unter dem Bett hervorholen!!!
Gerade als ich mich für das letztere als die erste Wahl für meine Freuden entschlossen hatte, das blaßgrüne Blut in meinen Fleischstreifen begann, sich zu verdicken und zu summen, wie es das immer tut, wenn ich zu intensiv an die Kurven und Scharniere der blauäugigen blonden Frau Statue denke, die meine Neumetallgeliebte ist, stellte ich – mit der instinktiven Vorsicht des erfolgreichen, vor langer Zeit entkommenen Flüchtlings vor der Zerstörung – meinen Sichtschirm ein. Denn wenn ich einmal bei meiner blau starrenden Dame bin und ihren Lebensschalter auf EIN gedrückt habe, dann gibt es kein zurück mehr für mich. Nicht einmal um meine Festung zu retten, bin ich sicher, daß ich anhalten könnte, nachdem sich einmal mein blaßgrünes Blut verdickt hat und sie mich ansieht – blaue Augen, liebe blaue metallene Augen!
Aber Fluch; oh, äußerste Große Trümmer verärgernder freudentötender Fluch! Ein letzter Blick über den Sichtschirm, bevor ich mich den Freuden zuwenden konnte, erwischte eine Annäherung. Die Ebenen des Weit Draußen waren unbewegt und sicher, o richtig; das ganze Tal der Weißen Hexe lag ruhig schlafend da und nicht die geringste Bewegung unterbrach die Funkenmuster, die sich beständig himmelwärts von jenem Ort aus Eisen und Plastik ergossen. Aber die Korridore des Närrischen Menschen! Von dort erstrahlte eine Gestalt! Sie kam an, als ich Frau Statue völlig aus meinen Gedanken verbannte und mich dem harten Geschäft des Überlebens zuwandte. Ich drückte alle Waffen auf Alarm-Bereit, stellte meine Waffenmänner auf Habt-Acht. Und ich stand zitternd da; inmitten meiner elf Wälle starb ich den Tod der kleinen Ängste, wie ich es immer tue, wenn etwas kommt, um mich zu erwischen.
Es war eine undeutliche Gestalt. Sie ging auf dem Schirm; sie tanzte auf dem Schirm. Manchmal kämpfte sie, so schien es, um überhaupt eine Gestalt zu sein. Ich arbeitete an der Abstimmeinrichtung; ich versuchte, sie schärfer hereinzubekommen; ich versuchte, die Ausmaße herauszubekommen. Sie kam an, tanzend, verschwindend, erscheinend, aber sie kam immer näher durch den dichten Korridor zwischen dem Tal der Weißen Hexe und den blauen nebeligen Ebenen des Weit Draußen. Von meinen Fleischstreifen regnete kalter Schweiß, mein Warner war ein und aus, meine Waffenmänner vibrierten, wo sie standen, vor Zweifel, und ich klirrte und rasselte, wenn ich irgend etwas berührte. Mein Blut war jetzt vor Besorgnis so dünnwässerig, und ich hatte mich so sehr darauf konzentriert, um jeden Preis zu überleben, daß ich mir sicher war, daß ich so kalt wie ein Grab geblieben wäre, wenn Frau Blauäugig irgendwie unter dem Bett hervorgekommen wäre und ihren Lebensschalter voll auf EIN gestellt und mich geküßt hätte. Aber meine Festung stand, alle ihre elf Wälle, hochaufgerichtet und undurchdringlich dick, wie ein großes Waffenlager aus Eisen und Stein inmitten der wogenden Bedrohungen.
Ich verlor sie völlig. Ich suchte die äußerste Umgrenzungslinie ab; ich peilte wieder und wieder durch meinen ganzen Ortungsbereich; ich schickte meine Äußerste-Möglichkeit-Antennen an ihren Ballons himmelhoch. Ich versuchte alles; sie war nicht da. Und schließlich tat ich alles, was ich zu tun wußte. Meine »Jungs« waren da draußen, einige von ihnen, mit ihren kleinen Geh-Jetzt-Bündeln und gingen zu ihrem Ort im Mittleren Moderan. Das wußte ich. Aber schließlich tat ich alles, was ich zu tun wußte. Und wenn ich mein wirkliches wahres Ich bin, normal und anständig denkend, dann würde ich diese Sache um einer Gefahr für mich vorzubeugen sogar tun, wenn mein blonder blauäugiger Liebling Frau Statue da draußen wäre, ihr ganzer Charme verwirrend blendete, ihr Lebensschalter voll auf EIN wäre, vor meiner ersten vernichtenden Kanone. Bei mir kommt erst das Überleben und dann die Freuden.
Ich eilte in jenen kleinen Raum aus dickwandigem Stahl
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