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Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02

Titel: Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Nacht der Elfen
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Nächste!«
    Als er schließlich bei ihnen angelangt war, hatten sich Gorlois und die Königin bereits mit ihrem Gefolge auf der überdachten Tribüne niedergelassen, die von einem purpurfarbenen, feucht glänzenden Baldachin überspannt war. Von den grellen Strahlen der Sonne, die sich nun wieder zeigte, angeschienen, funkelten die Schleier und all das Gold, die kostba ren Stoffe, Pelze und der Schmuck wie ein Regenbogen und zogen die faszinierten Blicke der Bauern und Bürger auf sich, die sich entlang des abgesteckten Kampffeldes drängten und sich, trunken vor Jubel, die Kehle aus dem Hals brüllten.
    »Lang soll sie leben! Lang lebe die Königin Igraine!«
    »Ehre Sire Gorlois!«
    »Juchhe! Juchhe!«
    Léo de Grand de Carmelide bahnte sich einen Weg zum ersten Rang und setzte sich neben seine Schwester auf den Thron, der für ihn reserviert worden war.
    »Sei gegrüßt, liebe Schwester.«
    Sie schenkte ihm ein Lächeln und hatte dabei so ein bezauberndes Gesicht, dass er sie, einem spontanen Impuls folgend, auf die Wangen küsste, genau wie in früheren Zeiten, als sie noch klein waren, auf der Burg von Carohaise.
    »Nun, mein Bruder, ich sehe, Ihr seid guter Laune!«, bemerkte Gorlois, während er sich zu ihm hinüberbeugte und dabei seine Pranke auf die weißen Hände Igraines legte.
    Léo de Grand war sichtlich pikiert. Denn er schätzte es gar nicht, von diesem aufgeblasenen, einäugigen alten Gockel Bruder genannt zu werden. Der Anflug eines verkniffenen Lächelns huschte über sein Gesicht, dann bemerkte er plötzlich, dass der Herrscher nur in Samt gekleidet war, ohne Kettenhemd oder Eisenpanzer am Leib, um die Stirn ein goldenes, mit silbernen Ornamenten verziertes Band geschlungen, das auf die Krone der Königin abgestimmt war.
    »Werdet Ihr nicht am Turnier teilnehmen?«, erkundigte er sich.
    Gorlois griff sich instinktiv an die Rippen: Sie schmerzten ihn noch immer von der Tracht Prügel, die er in seinem eigenen Kerker erhalten hatte. Doch er fasste sich gleich wieder und zog sich mit einem höhnischen Lachen aus der Affäre, wobei er Igraine Zustimmung heischend ansah.
    »Später vielleicht... Aber gegenwärtig habe ich mehr als genug von Turnieren und Schlachten ... Erlaubt also, dass ich die Gunst der Stunde nutze, und liefert uns ein schönes Gefecht. Ich brenne schon darauf zu sehen, wie sich Euer Löwe im Kampf schlagen wird. Besser als jetzt, hoffe ich. Seht, man könnte meinen, er weint!«
    Und bei diesen Worten zeigte er auf Carmelides Helm, der noch immer auf seiner Stange oben hing und dessen schöne Farben kläglich herunterrannen. Der Herzog suchte nach irgendeiner schneidenden Bemerkung, die er zur Antwort hätte geben können, doch die Unterbrechung von Seiten des Wappenkönigs und seiner Persevanten setzte seinem angestrengten Nachdenken ein Ende.
    »Meine Königin«, sagte der Herold mit einer ehrerbietigen Verneigung. »Können wir beginnen?«
    Igraine nickte.
    »Verehrter Regent, verehrter Herzog, es obliegt Euch beiden, die Königin dieses Turniers zu bestimmen.«
    »Diese ehrenvolle Aufgabe überlasse ich Euch, mein Bruder!«, sagte Gorlois mit einem herablassenden Lächeln zu Léo de Grand.
    Einem ersten Impuls folgend war Carmelide, dessen Frau nicht zugegen war, geneigt, Igraine auszuwählen, aber er hatte das vage Gefühl, dass diese Ehre auf Gorlois zurückfallen und dessen Autorität nur noch stärken würde. Er dankte ihm mit einem Kopfnicken, dann erhob er sich und ließ seinen Blick über die unter dem Baldachin versammelten Damen schweifen.
    »Herzogin, kommen Sie, um mir Gesellschaft zu leisten«, bat er, während er der Gemahlin des Herzogs Bélinant die Hand reichte. »Ich wähle Helled de Sorgalles, Gräfin von Orofoise, zur Turnierkönigin!«
    Ein flüchtiger Blick aus dem Augenwinkel genügte Carmelide, um sich davon zu überzeugen, dass Gorlois seine Absicht verstanden hatte. Er setzte sich wieder, und, wie um sie zu trösten, legte er Igraine die Hand auf den Arm. Doch sie zog ihn harsch zurück, ohne ihren Bruder auch nur eines Blickes zu würdigen. Gesicht, Kinn und Hals in eine Guimpe aus durchsichtigem blauem Mousseline eingezwängt, den Nacken von einem Schleier verhüllt, der an ihrer Krone befestigt war und ihr langes blondes Haar bedeckte, machte sie einen mürrischen Eindruck auf ihn. Hatte sie es etwa als Demütigung empfunden, dass sie nicht auserkoren worden war? Das wäre die Reaktion eines kleinen, schüchternen und wenig selbstsicheren Mädchens,

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