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Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02

Titel: Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Nacht der Elfen
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bereits ihre Wappen an der Absperrung rund um das abgesteckte Feld befestigt hatten, blieben dort häufig, um nichts von der Einteilung der Mannschaften zu verpassen. Zahlreiche junge Kampfhähne, die davon träumten, auf sich aufmerksam zu machen, ergriffen hierauf die einzigartige Gelegenheit, irgendeinen hoch angesehenen Teilnehmer zu provozieren, sofern dies nicht bereits während des Festmahls am Vorabend geschehen war. Es genügte, zu kommen und mit der Faust gegen den Wappenschild des Gegners zu schlagen, um ihn herauszufordern, was die Schreiber sorgfältig auf ihren Tafeln vermerkten. In der Begeisterung des Augenblicks verloren Neulinge, die kaum dem Jünglingsalter entwachsen waren, oft jedes Maß, und, um in den Augen ihres Mädchens zu glänzen oder ihren Vater zu beeindrucken, beschlossen sie den Tag mit gebrochenen Knochen, in ihrem eigenen Blut schwimmend und in ihren Tränen. Unter Umständen ließen sie sogar ihr Leben unter den Hieben der hartgesottenen Krieger, die sie dummerweise provoziert hatten.
    All diese Aufregung ergriff das Zeltlager mit der Gewalt ei ner herbstlichen Springflut, und keiner schien ihr entrinnen zu können. Léo de Grand de Carmelide strich in seinem hohen Zelt im Kreis herum wie ein Raubtier im Käfig. Sein würdevolles Amt eines Herausforderers gebot ihm, eine Gelassenheit und Heiterkeit an den Tag zu legen, die seinen wirklichen Gefühlen in keinster Weise entsprach. Wenn es nach ihm allein gegangen wäre, hätte er umgehend seine Rüstung angelegt, um aufs Pferd zu springen und über das Turnierfeld zu sprengen, gefolgt von einem in seine Farben gekleideten Bannerträger, der für seine Partei die edelsten Kämpfer zusammenscharen sollte. Aber auch für ihn würde es noch ein langer Tag ...
    Das Gewitter brach kurz vor der Sext, also knapp vor der Mittagsstunde, los und setzte die Feuer unter Wasser, in die ganze Rinder zum Braten hineingehängt worden waren. Das Donnern und Blitzen versetzte die Pferde in Panik. Ringsum klammerten sich die Stallknechte an ihre Kandaren, bemüht, keinen Huftritt abzubekommen, und überall rannten bewaffnete Männer los, um sich unterzustellen und ihre empfindliche Zier aus Karton oder Papier zu schützen, mit der sie ihre Helme geschmückt hatten. Es gab sie in allen Spielarten, Furcht erregende oder groteske, Nachbildungen von eisengepanzerten Fäusten, Adlern, Fischköpfen, Türmen oder Frauenbrüsten, Sonnen und Gesäßbacken, Hauptsache, man stach damit heraus. Später, gleich bei den ersten Schwertstreichen, würden diese zerbrechlichen Gebilde in sämtliche Einzelteile zerfliegen, aber es wäre undenkbar gewesen, beim Einzug mit zerstörter Helmzier, an der womöglich die Farbe herabrann, zu erscheinen. Unter ihrem durchnässten Zelt mussten sich die meisten von ihnen mit rohem Fleisch oder hastig heruntergeschlungener Schleimsuppe zufrieden geben, was ihre Kampfeslust nicht gerade steigerte.
    Dann drang ein Sonnenstrahl durch die schwarzen Wolken, und das Gewitter hörte ebenso plötzlich auf, wie es begonnen hatte. Das Lager füllte sich wieder mit Leben, es wurde gelacht und geschrien, während die in Dunstschwaden gehüllten Pfer de ungeduldig mit den Hufen scharrten und die regennassen Rüstungen blendend hell glitzerten.
    Die letzten Stunden vor dem Einritt in die Schranken waren von Einschüchterungsversuchen und einer gereizten Stimmung geprägt. Es waren auch Stunden der Angst, die unter Eisenpanzern verborgen wurde. Überall mussten Knappen irgendwelche Hitzköpfe trennen, die bereits drauf und dran gewesen waren, ihr Schwert zu zücken, noch bevor das Turnier überhaupt begonnen hatte. Denn es gab beleidigende Herausforderungen und verächtliche Absagen, wenn plötzlich ein vornehmer Herr von einem ungehobelten Lümmel angesprochen wurde, und bisweilen bedurfte es schließlich einer Beleidigung, bevor der Kampf eingetragen wurde. Zahlreiche Kämpfer waren bereits bewaffnet und versüßten sich die Wartezeit mit etlichen Krügen Wein, während die königliche Tribüne sich mit ihrem adligen Publikum füllte, vornehmen Herren und Damen, und das einfache Volk sich erneut um den Turnierplatz drängte. Einige Nachzügler schimpften auf ihre Schildknappen ein, die mit den letzten Vorbereitungen beschäftigt waren: sorgfältig jedes Teil der Rüstung zu befestigen, zunächst die Beinlinge und die Bruoch, eine weite Oberschenkelhose, an den Beinen festzuzurren, dann das Hemd und den ledernen Gambeson, der den Körper schützte,

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