Fettnaepfchenfuehrer Frankreich
Merci. « Da kam Elisabeth mit den Kindern dazu. » Regarde! «, rief André zu seiner Frau. » Manni nous a apporté de la bière allemande. « (Schau mal, Manni hat uns deutsches Bier mitgebracht.) »Aahh«, rief Elisabeth erfreut. » Merci beaucoup! Il faut la mettre au frigo, n’est-ce pas? « (Ah, vielen Dank. Das muss in den Kühlschrank, oder?) Und Elisabeth verschwand mit dem Bier in einem überdimensionalen Zelt. Manni war leicht genervt. Was sollte das denn jetzt schon wieder? Wegen ein paar Bier so ein Aufstand. Und was für eine Frage?! Na klar musste Bier in den Kühlschrank! » Apéritif? «, fragte André freundlich und hielt Manni ein Glas mit rotem Inhalt hin. Manni schaute skeptisch auf das Glas, ein Bier wäre ihm um einiges lieber. »Schmeckt super«, ermunterte ihn Eva. André blieb Mannis Blick nicht unbemerkt. » On boit quelque chose pour les hommes « (Wir trinken etwas für Männer), sagte er und schenkte Manni aus einer großen Flasche, auf der Ricard stand, eine gelbliche Flüssigkeit ein. Dann kippte er Wasser darauf und das Ganze färbte sich milchig-weiß. Manni nahm dankend an, aber nachdem er einen Schluck genommen hatte, wusste er schon, dass diese flüssigen Halsschmerzbonbons nichts für ihn waren. Da kam Elisabeth zurück, André reichte ihr ein Glas mit roter Flüssigkeit nun standen sie gemeinsam vor dem großen Campingzelt der Brasseurs und Elisabeth sagte: » Alors, tchin-tchin! « (Also, Prost!) Sie hob ihr Glas und wollte schon trinken, doch Eva hielt sie auf und stieß etwas ungeschickt mit ihr an, dann mit Manni und mit André. Die anderen machten es ihr nach und lachend stießen alle miteinander an. Siehste, dachte sich Eva, es gibt auch ein paar gute deutsche Bräuche. Also, geht doch!
Was ist diesmal schiefgelaufen?
Eigentlich stand der Kennlernabend unter einem leuchtenden Stern, beide Paare in hervorragender Urlaubsstimmung und mit den besten nachbarschaftlichen Absichten. Und trotzdem sind Irritationen aufgetreten. Warum?
Faire la bise nennen die Franzosen ihre alltägliche Begrüßung per Küsschen, die Manni selbst im zweiten Anlauf nicht richtig auf die Reihe bekommen hat. Das hat keineswegs mit seiner etwas schnoddrigen Art zu tun, sondern hier liegt in der Tat ein wesentlicher kultureller Unterschied vor: Die Deutschen behalten grundsätzlich eine gewisse körperliche Distanz während des Kennenlernens und empfinden daher die in Frankreich obligatorische Kuss-Geste regelrecht als Angriff auf ihre Intimsphäre. So jedenfalls Manni. Er hatte gar keine Lust, André, der munter mit seiner Eva flirtete, auch noch auf jede Wange ein Küsschen zu geben. Dabei hätte er sich einfach nur von ihm vorsichtig »führen« lassen müssen. Denn das Vorgehen selbst begreift man auch als Laie ziemlich schnell, nur muss man sich eben wieder einmal darauf einlassen wollen. Die Franzosen betreiben ihr Begrüßungs- und Verabschiedungsritual kurz und schmerzlos, egal wo, wann und mit wem. Das gehört zu ihrer Kultur und wird in allen gesellschaftlichen Kreisen angewandt. Wir Deutschen wiederum variieren lieber die Intensität der Begrüßung und Verabschiedung, eben je nach Freundschafts- oder Intimitätsgrad: Meistens geben wir höflich die Hand, aber manchmal nehmen Sie auch jemanden in den Arm und schauen ihm tief in die Augen. Immer häufiger ist es das schnörkellose »Hallo« ohne irgendeine zusätzliche körperliche Geste.
Andrés Flirten mit Eva ist auch ein für Franzosen ganz alltäglicher Vorgang. Es wäre geradezu unhöflich, nicht mit ihr zu flirten. Dahinter steht keinerlei Absicht.
Eva war stolz, dass sie das deutscheAnstoßen durchsetzen konnte. Im Allgemeinen stoßen Franzosen, sobald mehr als drei Leute anwesend sind, nicht mehr mit den Gläsern an. Es gilt sogar als ein wenig proletenhaft. Auf dem Campingplatz ist das wohl nicht so sehr aufgefallen.
Was André Manni in die Hand gedrückt hat, war Ricard , eine Pastis-Sorte. Pastis ist neben Rotwein das wohl bekannteste Getränk Frankreichs und Aperitif Nummer eins. Besonders im Süden wirdPastis hauptsächlich von Männern getrunken, gerne auch schon mal am Nachmittag. Pastis wird auf der Basis von Anis hergestellt, weshalb Manni es für ein Halsschmerzmittel hielt. Im Norden ist das Pastis-Trinken weniger verbreitet – aber man wird ihn natürlich fast immer und überall bekommen, wenn man danach fragt.
Was können Sie besser machen? oder Eine kleine Schulung im Küsschengeben
Beugen Sie den Oberkörper
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