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Fettnaepfchenfuehrer Frankreich

Fettnaepfchenfuehrer Frankreich

Titel: Fettnaepfchenfuehrer Frankreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Bouju , Johanna Links
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Hochsteckfrisur, die sich intensiv dem Abwasch von ein paar Biergläsern widmete. Sie hob weder den Kopf noch machte sie Anstalten, die Familie willkommen zu heißen. Paula fühlte sich unwohl, aber ging auf den Tresen zu und fragte nach der Karte. » Tout est là « (Da steht alles), sagte die Königin der Bar und zeigte auf eine vergilbte Tafel mit einem kaum lesbaren Angebot. »Lass mich mal, Mäuschen!« Manni drängte sich vor und bestellte in haarsträubendem Französisch vier Champagner. Die Dame seufzte, verschwand, kam nach einer guten Weile wieder und brachte eine angestaubte Flache mit. » Voilà! « Sie goss die sprudelnde, leicht gelbliche Flüssigkeit in vier stumpfe Gläser und servierte das Ganze mit einer Mischung aus Belustigung und Stolz. Eva nahm ihr Glas, sah erst zu Manni, dann zu Paula und Anton und sagte feierlich: »Auf einen herrlichen Ausflug.« »Und das schönste Dorf der Bretagne«, fügte Manni noch hinzu. Er hatte rundum das Gefühl, das Richtige getan zu haben.
    Was ist diesmal schiefgelaufen?
    Im Juli und August sind Frankreichs Landstraßen voll. Egal, wo. Und auf dem Weg nach Locronan erst recht. Am schlimmsten ist es am letzten Juli- und am ersten Augustwochenende. Das liegt daran, dass es für Kindergarten- und Schulkinder genau zwei Monate Sommerurlaub gibt: Juli und August. Da die meisten Arbeitnehmer aber keine zwei Monate Urlaub machen können, wählen sie entweder den Juli oder den August für die Ferien aus. So gibt es die juilletistes und die aoûtiens . Hinter jeder dieser Bezeichnungen steckt eine eigene Philosophie. Während die juilletistes am letzten Juli- bzw. ersten August-Wochenende die Rückfahrt gen Heimat antreten, machen sich die aoûtiens genau dann auf den Weg in den Urlaub. Noch dazu lieben die Franzosen es, ihre Ferien in Frankreich zu verbringen. Während die einen also nach Norden, zum Beispiel in die Bretagne, fahren, kommen die anderen schon zurück, die nächsten fahren an die Côte d’Azur, wiederum andere an die Atlantikküste ...
    Und Paula, was war mit ihrem Französisch los? Paula war von der anderen, viel härterenAussprache des bretonischen Pärchens so irritiert, dass sie kaum etwas verstand. Obwohl es sich in dem Fall eindeutig um die französische Sprache handelte. Nur eben etwas anders artikuliert. Der ältere Herr allerdings antwortete tatsächlich auf Bretonisch – eine eigene Sprache –, nämlich mit dem bretonischen Demad , das »Guten Morgen« bedeutet. Und fügte später noch das ebenfalls bretonische Kenavo hinzu, das »Auf Wiedersehen« heißt. Ob er das aus reinem Jux oder aber aus Gewohnheit getan hat, sei an dieser Stelle dahingestellt. Das alles aber hat Paula vollkommen aus der Bahn geworfen und sie grundsätzlich an ihren Französischkenntnissen zweifeln lassen.
    Dass die Familie sich in dem Bar-tabac etwas unwohl gefühlt hat, ist keineswegs verwunderlich. Diese Orte sind meistens Hafen und Auffangbecken für die Einsamen und Verlorenen. Hier wird vormittags das erste Bier serviert, einfaches günstiges Essen angeboten und den Gästen mindestens ein halbes Ohr geliehen. Es braucht dort keine Karte, denn alle wissen, was sie hier erwartet. In kleineren Orten kennt man sich, bleibt unter sich, und jeder »Eindringling« ist eine eigenartige Attraktion. Wenn der dann zuerst nach der Karte fragt und auch noch Champagner bestellt, erst recht!
    Was können Sie besser machen?
    Was die besondere Aussprache des Französischen in der Bretagne betrifft, hatte Paula lediglich Schwierigkeiten sich umzustellen. Das ist bei einem ersten Besuch in dieser Gegend leider nicht zu vermeiden. Paula hätte allerdings etwas höflicher nachfragen und ihr Unverständnis ein wenig verbergen können. Das wäre die hohe Kunst der Kommunikation. Im Bar-tabac ist ihr außerdem ein kleiner Fehler unterlaufen: Sie hätte eigentlich wissen müssen, dass man in dieser Art Etablissement keine Karte verlangt. Je einfacher, desto unwahrscheinlicher, dass es überhaupt eine gibt. Hier fragt man gleich und direkt die Bardame, dafür ist sie da und das auch gern. Den Champagner konnte sie natürlich nicht verhindern, aber auch der gehört keineswegs in eine solche Kneipe. Das war Manni egal, aber bei den einsamen Herren am Tresen hat es ganz bestimmt einen komischen Eindruck hinterlassen. Manchmal passen Ort und Bedürfnis einfach nicht zusammen. Wählen Sie für eine feinere Form des Aperitifs eher ein Bistro aus oder aber steigen Sie auf Bier, Pastis oder

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