Fettnaepfchenfuehrer Italien
eine hohe Bedeutung haben. Irgendwann zwischen Kindheit und Erwachsenwerden müssen es die Italiener also wohl lernen. Wann das der Fall ist, weiß man nicht so genau. Und ganz gründlich eingepaukt wird es ihnen wohl auch nicht, denn wenn der Italiener in Wallung gerät, verliert er gerne mal die Contenance. Das passiert selbst in höchsten Gesellschaftsschichten: So kommt es im Parlament immer mal wieder zu Rangeleien.
Was können Sie besser machen?
Versuchen Sie ein wenig, durch die Brille der Italiener auf Kinder zu sehen. Das fällt nicht immer leicht, aber es geht. Vielleicht ziehen Sie gar persönlichen Nutzen daraus und lernen, anders mit Kindern umzugehen und sich nicht allzu oft über sie aufzuregen!
Wie Paul Weiss sich das Bestellen unnötig schwer macht
Die Mehrzahl von Espresso ist caffè
Paul Weiss war überrascht, als er am nächsten Morgen aufwachte: »Bin gerade in der Gegend. Kaffee?« Eine SMS von seiner Tochter, geschrieben kurz zuvor.
»Gerne, bin in 15 Minuten vor Hotel«, schrieb er zurück.
Er musste dann zwar etwas länger warten, aber das war es ihm wert. Zumal er eh erst am Nachmittag bei der Pelaccia s.r.l. sein musste. Er hatte sich vorher schon informiert, die Fahrt dahin würde etwa eine Stunde dauern – er hatte also genügend Zeit. Er war etwas aufgeregt, denn wie man ihm gesagt hatte, war die Übernahme nicht allzu freundlich abgelaufen. Das italienische Management bangte wohl um seinen Status und trat den Deutschen gegenüber nicht allzu freundlich auf. Die sehen uns als Eindringlinge, hatte ein Kollege von Paul Weiss gesagt, und im Grunde stimmte es ja auch. Paul Weiss sorgte sich aber nicht allzu sehr, er war ja Techniker und daher gewohnt, auf einer sachlichen Ebene mit seinen Kollegen zusammenzuarbeiten, seien es nun Italiener, Amerikaner, Chinesen oder Deutsche. Die kulturellen Codes waren unterschiedlich, Verhaltensweisen ebenso, aber Logistik war Logistik, überall auf der Welt. Warenstrom blieb Warenstrom, im Grunde, dachte Paul Weiss, sind Waren- und Geldströme das Einzige in der Wirtschaft, was wirklich globalisiert ist. Die Menschen blieben dort, wo sie waren, mit wenigen Ausnahmen, wie er im Moment ja auch eine war.
»Hallo Dad!« sagte Franziska. Sie umarmten sich. Franziska gab ihm zuerst ein Küsschen auf die linke Backe, rechts dann nicht mehr. Sie hatte schon öfter die Begrüßungsverwirrung erlebt, die zustande kommt, wenn man in Italien lebt, aber mit Deutschen zu tun hat: Umarmt man sich zur Begrüßung, gibt man sich Küsschen, drückt man nur die Wangen aneinander?
Lustig ist auch, wenn Spanier und Italiener aufeinandertreffen: Italiener küssen in der Regel links – rechts, Spanier genau umgekehrt und dazu häufig drei Mal.
»Wir können gleich in diese Bar hier gehen«, sagte Franziska und zeigte auf die andere Straßenseite. »Da war ich schon einmal, die machen guten Kaffee.«
»Okay«, erwiderte Paul Weiss und gab den herankommenden Autofahrern mit einer Handbewegung zu verstehen, dass er die Straße überqueren will. »Gehen wir!«
Die Bar sah aus wie viele anderen Bars auch: Ein Tresen, der mit einem Edelstahl-Blech beschlagen war, an der Wand hingen Fotos von Fußballern, um die Kasse herum stand allerhand Süßkram. Ein kleiner glatzköpfiger älterer Mann wartete hinter der Kasse auf die Bestellung.
»Einen Kaffee?« fragte Paul Weiss seine Tochter.
»Ja.«
»Due Espresso!« bestellte Paul Weiss. »Non, due espressi«, verbesserte er sich.
»Va bene«, sagte der Mann und tippte 1,60 Euro in seine Kasse.
Paul Weiss kramte in seinem Geldbeutel, holte genügend Kleingeld heraus und warf dazu noch ein Zehn-Cent-Stück in ein mit Wasser gefülltes Glas, das auf dem Tresen stand. Auf seinem Grund lagen viele andere Münzen.
Was ist diesmal schief gelaufen?
Was bekommt man, wenn man in einem deutschen Café einen Kaffee bestellt? Einen deutschen Kaffee. So ist es auch in Italien: Bestellt man in der Bar einen »caffè« , ausgesprochen »Kaffä« mit Betonung auf dem Ä, dann macht einem der oder die Barista einen Espresso. Manchmal bestellen Italiener freilich auch einen Espresso, aber das ist eher die Ausnahme. Man sagt »caffè« .
Der caffè spielt in der italienischen Gesellschaft eine wichtige Rolle. Nicht nur, dass sehr viele Italiener mehrmals am Tag einen Espresso trinken gehen, nein, er rundet ein gutes Essen ab, sorgt für die geschäftliche Beziehungspflege, indem man kurz gemeinsam in die Bar geht und damit an einen
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