Fettnaepfchenfuehrer Italien
hier das Sagen hätte, Du wärst schon lange entlassen, dachte Herr Weiss.
Dort, wo der Mann hin gezeigt hatte, führte eine Tür zu einem Treppenaufgang nach oben. Paul Weiss ging hinauf. Oben angekommen sah er ein elegantes Hinweisschild: In eine golden glänzende Metallplatte war »Presidente« eingraviert, darunter ein Pfeil. Die Platte war blitzblank poliert, kein Fingerabdruck trübte den Glanz. Presidente? Das musste dann wohl Jacopo Trombetta sein.
Der Flur führte direkt auf ein Büro zu, es war das der Sekretärin von Trombetta. Paul Weiss klopfte an, gleich darauf bat ihn eine Stimme, einzutreten. Paul Weiss trat in ein bequemes Büro: Warmes Licht, eine große Pflanzeninsel in der Ecke des Raumes, auch hier stand eine Couch, dazu ein edler verchromter Espressoautomat.
»Guten Tag«, sagte Paul Weiss, »ich bin…«, bevor er fertig gesprochen hatte, hörte er auf Deutsch aus dem Nebenraum: »Herr Weiss, kommen Sie doch herein, ich habe schon auf Sie gewartet.«
Hinter einem großen eichenen Schreibtisch saß ein kleiner Mann. Er hatte fast keine Haare mehr auf dem Kopf, war ziemlich füllig und schaute listig-sympathisch durch eine kleine, ja, zu kleine Brille.
»Sie müssen Jacopo Trombetta sein«, sagte Paul Weiss.
»Aber natürlich, wer denn sonst!« rief Trombetta mit seiner etwas zu hohen Stimme aus, brachte den Drehstuhl in Schwung und stemmte dann seinen Körper in die Höhe. »Freut mich, sie zu sehen!« Er streckte ihm die Hand hin. Beim Händeschütteln fiel Paul Weiss der überdimensionierte goldene Ehering auf.
»Wie geht es Ihnen?« fragte Paul Weiss seinen zukünftigen Geschäftspartner.
»Ich brauche dringend einen Kaffee! Sie auch?« Ohne die Antwort abzuwarten, rief Trombetta der Sekretärin zu, sie solle zwei Kaffee bringen, aber schnell, und ein Kännchen mit warmer Milch.
»Hach, ich wüsste gar nicht, was ich ohne Kaffee tun sollte«, sagte Trombetta und verdrehte die Augen.
»Wie kommt es eigentlich, dass Sie so gut deutsch sprechen?« fragte Paul Weiss.
»Die Liebe!« sagte Trombetta bedeutungsschwanger. »22 Jah-re waren wir zusammen!«
Hätte Paul Weiss nicht den dicken Ehering gesehen und wäre er jetzt nicht in Italien, er wäre überzeugt gewesen, dass Trombetta von einem Mann redet. Er wirkte so feminin, auf Paul Weiss, ja, schwul eigentlich.
»Ich war als Erasmusstudent in Berlin, wissen Sie, das war eine wilde Zeit. Und auf einmal traf ich sie, und es traf mich wie einen Blitz. Das war sie. Die wollte ich haben. Später haben wir geheiratet, ein rauschendes Fest, kann ich Ihnen sagen. Spumante, Spumante, Spumante. Aber was langweile ich sie!« Er winkte ab. »Setzen Sie sich doch!« Trombetta wies ihm einen Platz auf der Couch an, die in der Ecke des Raumes thronte. »Wo bleibt denn der Kaffee?« rief er auf Italienisch. »Schätzchen, wir schlafen sonst ja noch ein!« »Schätzchen« sagte er auf Deutsch.
Paul Weiss hatte aufgrund der Leibesfülle von Trombetta einen langsamen und gemütlichen Menschen erwartet. Doch Trombetta war auf Zack, seine Augen wach.
»Ich würde Ihnen gerne den Betrieb zeigen, damit Sie wissen, um was es geht. Wenn Sie nichts dagegen haben, wird mein Stellvertreter Biagio Greco sie herumführen.«
»Nein, natürlich nicht, gerne«, sagte Paul Weiss.
»Aber jetzt trinken wir erstmal einen Kaffee«, sagte Trombetta, als er im Augenwinkel erkannt hatte, dass seine Sekretärin in den Raum kam. Sie hatte ein elegantes silbernes Tablett mit einem eleganten silbernen Milchkännchen nebst einer Dose mit einer Greifzange für die Zuckerwürfel. Daneben standen zwei weiße Plastikbecher mit angenehm duftendem Espresso.
»Bitte greifen Sie zu. Möchten Sie auch etwas Gebäck?«
»Nein, danke. Mir genügt der Kaffee.«
»Das ist gut, dann muss ich Frau Sciulli schon nicht einkaufen schicken. Wir hatten nämlich vergessen, heute Morgen Gebäck zu besorgen, entschuldigen Sie bitte.« Er warf einen Blick zu seiner Sekretärin, die rechts von ihm stand.
»Kein Problem, wie schon gesagt, ich bin mit dem Kaffee zufrieden«, sagte Paul Weiss.
Weiss war gespannt, was von diesem Trombetta zu halten sein wird. Er konnte wohl ganz nett sein, aber es schimmerte immer durch, dass er auch ein rechter Kotzbrocken sein kann, wenn er will. Weiss mochte es eigentlich harmonisch und hoffte daher, dass es nicht soweit kommen würde. Andererseits, wenn es sein musste, konnte er ebenfalls ungemütlich werden. Und letztlich saß er am längeren Hebel,
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