Fettnaepfchenfuehrer Italien
sowieso, und dann musste man noch die M otorini im Blick behalten, die rechts und links an einem vorbei fuhren.
Sein Auto war inzwischen repariert und er wollte nicht von einem Roller einen Kratzer abbekommen. Sein Chef in Deutschland war nicht erfreut gewesen über den Schaden, er hatte sich aber auch nicht allzu sehr aufgeregt; insgeheim hatte er wohl damit gerechnet.
Paul Weiss stellte den Wagen auf dem Parkplatz ab und ging durch den langen Flur nach oben zum Besprechungsraum. Er hatte noch etwas Zeit. Das Treffen war auf 10.30 Uhr angesetzt, jetzt war es erst zehn nach zehn und im Raum war noch niemand. Das Zimmer war erstaunlich modern im Vergleich zum Rest des Gebäudes: eine elektrisch hoch- und herunterfahrbare Leinwand, Videorekorder, DVD-Player, Stereoanlage, Laserpointer, Overheadprojektor, ein LCD-Fernseher mit einer gigantischen Bilddiagonale. Paul Weiss war sich sicher, dass Jacopo Trombetta ein Techniknarr ► war.Er schloss den Beamer an seinen Laptop an und machte einen kurzen Test. Klappte alles. Er wollte kurz Stefano Lo Mele Hallo sagen, mit dem er in den vergangenen Tagen viel zu tun hatte, einmal waren sie noch mal abends einen Wein trinken gegangen. Er traute Lo Mele viel zu. Heute würde er eine wichtige Rolle haben: Er sollte übersetzen.
Techniknarren
Die italienische Gesellschaft als solche ist zwar tendenziell eher konservativ, doch für technische Neuigkeiten besteht eine große Offenheit: Zum Beispiel werden viele neue Mobiltelefone verkauft, auch wenn diese anders als in Deutschland selten von den Telekommunikationsunternehmen bezuschusst werden. Über UMTS mobil zu surfen ist in Italien schon seit einigen Jahren verbreitet, überhaupt sind neue Produkte für den Verbraucher sehr beliebt, wovon viele Elektronikmärkte profitieren.
Er hätte es ja eigentlich schon wissen können: Um 10.30 Uhr war natürlich noch niemand da – außer Stefano Lo Mele. Der war aber auch gleich nach der Begrüßung an seinem Arbeitsplatz mit Paul Weiss in den Besprechungsraum gegangen.
»Ich frage mich, was besser ist«, sagte Stefano Lo Mele, »unser Konzept von Pünktlichkeit, wo alle zu spät kommen und es daher wieder stimmt, oder Eures.«
»Ich glaube Eures, weil es unter dem Strich mehr Entspanntheit mit sich bringt«, antwortete Paul Weiss.
»Das überrascht mich jetzt. Ich habe Dich eher als einen sehr präzisen Menschen kennengelernt.«
»Man wird doch noch dazu lernen dürfen, oder?« sagte Paul Weiss und knuffte seinen Kollegen freundschaftlich in die Seite. Weiss brachte Stefano Lo Mele mit seiner Antwort zum Grinsen.
»Bist Du gut vorbereitet?« fragte Stefano.
»Schauen wir mal. Ich finde es irgendwie blöd, dass von diesem Treffen quasi das Gelingen oder Scheitern des ganzen Projektes abhängen kann. Wenn die Leute meine Vorschläge nicht akzeptieren... Das ist ganz schön viel Verantwortung.«
»Sei ganz beruhigt, hier mögen sie Dich, das ist schon einmal die halbe Miete.«
»Hoffentlich sehen sie in mir nicht den Geschenkeonkel aus Germania!«
»Den Geschenkeonkel gibt’s hier schon lange nicht mehr. Trombetta zahlt zwar recht gute Löhne, aber er hat den Gürtel schon eng geschnallt. Sehr eng.«
Die ersten Mitarbeiter kamen zur Tür herein. Weiss begrüßte sie alle per Handschlag. In ihren Augen sah er, dass ihnen nicht allzu wohl war, sie wussten ja auch nicht, was mit der Neuorganisation der Logistik auf sie zu kam. Sie hatten natürlich Angst um ihren Arbeitsplatz, die vergangenen Monate waren nicht an ihnen vorübergegangen: zuerst die schlechte Auftragslage im Unternehmen, dann der angekündigte Verkauf und schließlich der Einstieg der Hermann Koch GmbH, ein Unternehmen, dass sie bisher immer als Konkurrenten wahrgenommen hatten. Einerseits waren sie froh, einen erfahrenen Automobil-Zulieferer an ihrer Seite zu haben. Andererseits war ihnen auch klar, dass die Deutschen die Pelaccia s.r.l. möglichst schnell wieder profitabel haben wollten. Und profitabel werden hieß normalerweise, dass Stellen abgebaut werden.
»Ich freue mich, dass Sie alle gekommen sind«, begann Paul Weiss seinen Vortrag auf Italienisch, nachdem alle eingetroffen waren. Trombetta hatte natürlich am längsten auf sich warten lassen. Als er zur Tür hereinkam, wurde es schlagartig leise im Raum. »Wie Sie wissen, möchten wir die Organisation hier verändern. Sie brauchen sich deshalb aber keine Sorgen zu machen«, fuhr Paul Weiss fort. »Da die nachfolgenden Dinge in meinem Vortrag von
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