Fettnaepfchenfuehrer Italien
wir woanders spazieren gehen sollen«, sagte Catarina.
»Wieso? Mir gefällt es hier gut.«
»Ja, aber ich müsste mir etwas Schickes zum Anziehen kaufen.«
»Auf Shopping hätte ich gerade eh keine Lust«, sagte Franziska.
»Außerdem käme das mit einer Weinflasche in der Hand auch definitiv nicht gut«, meinte Catarina.
»Ich brauch halt bis zum nächsten Wochenende etwas Neues. Und wenn ich noch was dran ändern lassen muss, dauert das auch noch ein paar Tage. Es wird also langsam Zeit.«
»Wieso genau bis zum nächsten Wochenende?« wollte Franziska wissen.
»Weil da meine Cousine Mara Hochzeit feiert.«
»Hast Du denn nichts Schickes zum Anziehen?«
»Doch.«
»Dann brauchst Du ja nichts Neues. Du hast wohl zu viel Geld!«
Catarina erwiderte nichts.
»Ihr Italienerinnen seid schon ganz schön shoppinggeil«, sagte Franziska, der der Wein etwas zu Kopf stieg. »Immer neue Sachen kaufen, immer mit der aktuellen Mode. Das ist ja fast schon zwanghaft.«
Catarina lief schweigend neben Franziska her.
»Sag mal, ich habe grade eine Idee. Wenn Du möchtest, kannst Du vielleicht mitkommen. Dann erlebst Du auch mal eine italienische Hochzeit!« brach sie schließlich das Schweigen.
»Ist das denn spannend?«
»Nein, stinklangweilig. Eben deswegen hätt‘ ich Dich ja gerne dabei.«
Franziska fühlte sich geschmeichelt, verstand aber den Zusammenhang nicht ganz. »Wieso langweilig?«
»Es gibt Essen, Essen und noch mal Essen. Und dann ist alles rum!«
»Kein Tanz, keine Party?«
»Nein, dazu sind alle zu voll. Vielleicht gibt es ein halbes Stündchen Tanzen. Mehr ist es im Normalfall aber nicht.«
»Wie traurig«, sagte Franziska und setzte zu einem weiteren Schluck an.
»Ja. Aber das Essen ist gut, und ich finde, Du solltest so etwas mal erlebt haben. Hast Du was Schickes da?«
»Ja, so einigermaßen«, sagte Franziska. »Es ist aber nicht ganz neu.« Franziska wusste ja nicht, was Catarina von ihr erwartete.
Während sie die Via Veneto hochgingen, erzählte Catarina etwas über die Straße. Sie studierte DAMS, was ein merkwürdiges Studienfach war: Es ging um Tanz, Kunst, Musik und Spektakel, also Theater und Performance, allerdings eher theoretisch. Für Catarina, die ein großer Kinofan war und in ihrem Leben schon Hunderte DVDs verschlungen hatte, war es aber genau das Richtige.
»Berühmt wurde die Via Veneto vor allem durch La dolce Vita von Federico Fellini«, setzte Catarina zu ihrem Vortrag an.
»Den hab ich immer noch nicht gesehen«, sagte Franziska bedauernd.
»Solltest Du. Der ist herrlich dekadent.« Catarina zeigte auf ein Lokal. »Hier, das Café de Paris. Hier nahm der Film seinen Ausgang. Ein Fotograf hat irgendeinen König fotografiert, wie er einen Tisch aus Ärger über die anwesenden Fotografen umwarf. Das hat Fellini zu seinem Film inspiriert.« Franziska schaute auf die Bar, die ihr so gar nicht mondän vorkam: Auch sie hatte einen dieser für italienische Lokale typischen Vorbauten, die wie eine Mischung von Wintergarten und Zelt ausschauten. Etwas nachgebildete Jugendstil-Eleganz, ein beleuchtetes Vordach. Dass hier einmal ein König seine Zeit verbracht hatte, sah man dem Bau heute nicht mehr an. »Weißt Du, warum die VIP-Fotografen heute Paparazzi genannt werden?« fragte Catarina.
Franziska zuckte mit den Schultern.
»Weil in Fellinis Film ein besonders aufdringlicher Fotograf Paparazzo hieß. Fellini hat diese Bezeichnung also geschaffen«, sagte Catarina. »Wobei der Name genau genommen auf eine andere Person zurückgeht, Fellini las damals nämlich ein Buch, in dem eine Person namens Paparazzo auftauchte, und ihm gefiel der Name so sehr.«
»Stell Dir mal vor, irgendein Filmemacher liest ein Buch, in dem unsere Namen auftauchen. Auf einmal heißen alle Stalkerinnen Weissis oder so. Wär doch irgendwie blöd, oder?«
»Durchaus, Francesca, durchaus. Gib mir noch mal die Flasche!«
Franziska tat wie ihr geheißen.
Catarina nahm einen tiefen Schluck. »Mensch, der wird immer besser!« sagte sie.
»Wein soll ja auch atmen«, scherzte Franziska. »Jetzt ist die Flasche immerhin schon einige Zeit offen.«
»Da hast Du recht.«
»Sie ist allerdings auch bald leer.«
»In der Tat.«
»Schon verrückt, vor vierzig Jahren tobte hier das Leben der High Society. Und heute? Heute rennen ein paar amerikanische Touristen ins Hard Rock Café, die Mafia hat das legendäre Café de Paris gekauft, so heißt es zumindest. Und reiche Rentner steigen in den Luxusherbergen
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