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Feucht

Feucht

Titel: Feucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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zurück und jammerten ojoijoijoijoi bis eine andere mit «Currywurst» konterte, und das Jammern von vorne losging. Der einzige Mann verließ nach einer Weile fluchtartig den Kreis. Und plötzlich war der Spuk vorbei. Die Gruppenleiterin plauderte über Kalorientabellen und böses Cholesterin, das sich Rose in Gestalt von ekligen haarigen kleinen Bakterien-Monstern vorstellte, die sich in den Arterien festsetzten und Dämme wie Biber bauten. Die Frauen redeten in ganzen Sätzen und tauschten Rezepte aus. Eine der Frauen schwärmte von einer Beautyfarm, in der es einen Raum gebe, der rundherum verspiegelt sei. Dort werde man für eine Weile eingeschlossen und könne sich von völlig neuen Seiten kennen lernen. Das sei eine sehr spirituelle Erfahrung, und wenn man die nicht alleine bewältigen könne, stehe einem anschließend eine Psychologin zur Seite. Rose dachte bei sich: «Wenn die Göttin gewollt hätte, dass ich die Zellulitis unter meinem Hintern in Großaufnahme sehe, hätte ich sie im Gesicht», und sie beschloss, dass sie schön war, so wie sie war, und sie ihren Luxuskörper lieber neu einkleiden als dezimieren würde. «Eine große Schokoladentorte ist ja auch schöner als ein Napfkuchen » sagte sie sich.
    Das sah die Verkäuferin der ersten Boutique entschieden anders. Rose stand gerade in Unterwäsche in der Kabine, als die Verkäuferin den Vorhang aufriss und mit schriller Stimme in die Kabine hineinrief, als sei Rose Meter von ihr entfernt: «Und wie war's bei Ihnen?» Und sie dehnte und leierte das «Ihnen» so lange, als müsste sie sich erst wieder daran erinnern, wie das Wort aufhörte. Rose versuchte, sie daraufhinzuweisen, dass sie noch gar nichts anhatte, aber da griff die Verkäuferin schon das Kostüm, das Rose ausgesucht hatte, und leierte «das passt sowieso nicht, ich such Ihnen mal was». Rose fragte sich, was dieser Satz wohl zu bedeuten hatte, und verbrachte die Wartezeit damit, nachzuprüfen, wann sie ihre nächste Achselrasur in Angriff nehmen müsste. Draußen schrie die Verkäuferin: «Frau Schumacher, hast du das dreimal größer?» Rose zuckte zusammen. Es dauerte nicht lange, und die Verkäuferin riss wieder den Vorhang beiseite, ein kleiner dürrer Mann, der seiner Frau die Einkaufstüten hinterhertrug, musterte sie interessiert aus einigen Metern Entfernung. Rose wurde ein türkisgeblümtes Einmannzelt vorgehalten, und eine Stimme hinter dem Zelt
    leierte: «Das sollte passen, gnä' Frau.» Rose murmelte, sie werde darauf zurückkommen, falls sie einmal eine Safari plane und alle Hotels ausgebucht seien, aber die Verkäuferin hörte gar nicht mehr hin, sondern ließ Rose wiederum bei offener Kabine im Freien stehen, was diesmal einen pubertätsgebeutelten Demnächstmann begeisterte, stürzte sich auf eine junge Kundin mit der Figur einer Brechbohne und lobte ihre Beine, ihre Sonnenbräune, ihre Haare und ihren gepiercten Bauchnabel, bis Rose sich fragte, ob sie ihr jetzt gleich einen Heiratsantrag machen würde, nur um ein T-Shirt für ein paar Mark zu verkaufen. Sie ließ das Zelt in der Kabine hängen und überlegte, wo sie das Muster schon mal gesehen hatte, als Tapete im Altenheim, als sie ihre Tante besuchte, vielleicht, aber sie kam nicht drauf und wagte sich ins nächste Geschäft.
    Mit schweren Taschen beladen schaffte sie es am frühen Abend gerade noch, den Termin im Schönheitssalon einzuhalten, wo ihr eine Friseurin erklärte, sie habe eher «feines Haar», «womit sie meinen, dass es fusselt», ergänzte Rose, und die Friseurin trug beleidigt den Karton mit Pflegeprodukten, den sie Rose eigentlich verkaufen wollte, zur Kasse zurück. Die Kosmetikerin war da auch nicht gerade geschickter und wollte Rose von ihrer « anspruchsvollen Haut» unterrichten, was Rose mit einem barschen «ich weiß, dass ich keine zwanzig mehr bin» abblockte und fortan Ruhe hatte. Aber alle diese Torturen hatten Erfolg, und als Rose sich abends in ihrem großen Wandspiegel in dem neuen dunkelroten Kostüm mit changierender Bluse begutachtete, fand sie, dass ihr Anblick doch ausgesprochen appetitlich war, und sie beschloss, solche Schönheitstage demnächst öfter zu machen. «Vielleicht», überlegte sie sich, « nehme ich dann für die Verkäuferinnen ein Kärtchen mit, auf dem steht, dass ich gehörlos bin.»
    Der nächste Tag sollte ihn bringen, den Traummann, gewaschen und geföhnt, mit geputzten Zähnen und gierigen Augen.
    Rose schminkte sich sorgfältig und dezent, frisierte sich,

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