Feuchtgebiete: Roman (German Edition)
meinem Frauenarzt.
Der nennt es das Bermuda-Dreieck-Problem. Manchmal kann er mir helfen, aber viel öfter findet er auch nichts. Dabei hat der richtig lange Finger und lauter medizinische Grillzangen aus Stahl. Und findet den Klumpen trotzdem nicht.
»Sind Sie sicher, dass Sie einen Tampon angezogen haben?«
Süß. Der sagt immer ›angezogen‹ dazu. Ich sag ›reingestopft‹.
»Ja, ganz sicher«, sage ich.
Ich bin ihm ein richtiges Rätsel. Meine Muschi mir aber auch. Was weiß ich, wo der Klumpen hin verschwindet. Hoffentlich werde ich noch alt genug, um dieses Rätsel zu lösen. Dr. Brökert macht noch einen Ultraschall, um sicherzugehen, dass sich auch ganz weit drinnen nichts versteckt hat.
Oft bin ich zu faul, immer neue Tampons zu basteln. Daher schmeiße ich nicht bei jedem Toilettengang den alten, aufwendig gefalteten Tampon ins Klo. Ich fingere ihn raus, nachdem ich mich hingesetzt habe. Und lege ihn auf den Boden. Je dreckiger der Boden, desto besser.
Wenn ich damit zu all den Flecken auf dem Boden auch einen kleinen Blutfleck beitragen kann: umso besser. Und wenn ich fertig bin mit was auch immer ich da auf Klo machen wollte, hebe ich den Klumpen vom Boden auf und stopfe ihn wieder rein. Ich mag den Geruch von altem Blut, wenn er aus der Muschi strömt, ich mag aber auch Trüffel. Mir wurden vielleicht schon Horrorgeschichten erzählt darüber, was passiert, wenn man nicht immer und andauernd seinen Tampon erneuert. Dann kriege man die schlimmsten Infektionen, an denen Frauen sogar schockmäßig sterben könnten. Seitdem ich meine Periode habe, also seit sechs Jahren, verfahre ich so mit mir und meiner Muschi und meinen Bakterien, und mein Frauenarzt hat keine Sorgen mit mir.
Ich hatte mal eine Busenfreundin, Irene. Ich habe sie immer Sirene genannt. Passte besser. Und wir hatten uns vielleicht mal was Tolles ausgedacht: Wenn wir in der Schule mal gleichzeitig unsere Periode hatten – kam sehr selten vor, kann man sich ja denken –, dann haben wir Folgendes gemacht.
Jede auf ein Klo. Nur eine Trennwand dazwischen. Unter der Trennwand die übliche Zehn-Zentimeter-Lücke. Wir ziehen beide unseren Tampon raus – damals noch Mini mit helltürkiser Schnur –, und auf Kommando eins, zwei, drei wirft jede ihren Tampon unter der Trennwand durch zur anderen rüber.
Und als wir fertig waren mit Pinkeln und Abtupfen, hatte jede den Tampon der anderen reingestopft. So waren wir durch unser altes, stinkendes Blut verbunden wie Old Shatterhand mit Winnetou. Blutsschwesternschaft.
Ich fand auch, dass Sirenes Tampon sehr interessant aussah. Ich habe ihn vorm Reinschieben immer genauestens untersucht. Ganz anders als meiner. Wer weiß schon, wie die benutzten Tampons von anderen Mädchen aussehen? Na, gut. Wer will das überhaupt wissen? Außer mir. Ich weiß.
Vor kurzem habe ich bei einem meiner aufregenden Puffbesuche noch was gelernt über Blutung und Tampons. Ich bin jetzt öfters im Puff zur Erforschung des weiblichen Körpers. Kann ja nicht meine Mutter oder Freundin fragen. Ob sie bereit wären, die Muschi mal kurz für mich aufzuspreizen, um meinen geilen Wissensdurst zu stillen. Trau ich mich nicht.
Seit ich achtzehn bin, darf ich bei Vorlage meines Ausweises in den Puff. Da ich deutlich jünger aussehe, als ich bin, fragen die immer genau nach. Mit achtzehn ist mein Leben viel besser, aber auch teurer geworden. Einmal die Sterilisation. 900 Euro inklusive Narkose. Hier im Krankenhaus. Hab ich alles selber bezahlt. Plus die ganzen Puffbesuche neuerdings. Das muss ich mir auf dem Markt bei dem Rassisten alles selber verdienen.
Jungs werden ja zu ihrem achtzehnten Geburtstag immer von Älteren in den Puff eingeladen, damit sie da ihren ersten Nuttenfick haben können. Früher war das ja bestimmt der erste Fick überhaupt. Heute mit Sicherheit nicht mehr.
Ich habe brav bis zu meinem achtzehnten Geburtstag gewartet, keiner hat mich eingeladen. Also hab ich alles selbst gemacht. Nummern von Puffs in unserer Stadt rausgesucht, überall angerufen und höflich gefragt, ob da Nutten arbeiten, die es auch mit Frauen treiben. Kommt nicht oft vor.
Einer der Puffs hatte aber direkt eine größere Auswahl an Nutten, die für Frauen offen waren. Der heißt Saunaoase. Die Puffmutter hat am Telefon gesagt, ich solle aber lieber am frühen Abend kommen, die männlichen Freier seien von weiblichen Freiern oft sehr irritiert. Oder sagt man Freierinnen? Egal.
Ich hatte Verständnis und bin da jetzt
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