Feuer brennt nicht
paar mittelmäßig gemachte Kronen zu sehen, die Metallränder. Beim Abschied vor dem Lokal legt sie eine etwas theatralische Weichheit und Wehmut in ihr Gesicht, und der Druck der Hand ist zarter, als es ihrer Kraft entspricht. Dann geht sie davon und spürt sehr wohl, dass er ihr nachsieht; sie lässt die Absätze kratzen.
Als er dem Redakteur ein paar Tage später eine Karte schreibt, einen kurzen Dank für die gelungene Sendung, fügt er einen Gruß an die Schwester hinzu und erhält postwendend einen Brief von ihr, einen hellblauen Umschlag, in dem nichts als ihre Visitenkarte steckt. Aber er reagiert nicht darauf, auch nicht auf ihren ersten Anruf, den er mithört, ohne abzuheben; beim zweiten ist er so kurz angebunden wie möglich, und doch kommt sie eines Tages nach Berlin, angeblich, um eine Freundin zu besuchen. Er verabredet sich mit ihr in einem trödeligen Lokal in Kreuzberg, wo sie deplaziert wirkt in ihrem Nadelstreifenkostüm mit Messingknöpfen und vor Nervosität ein Glas umstößt. Die Miene des Kellners, der stark nach Schweiß riecht, ist ausdrücklich missbilligend; er legt einen Lappen für das verschüttete Bier auf den Tisch, und Charlottelacht verlegen und sagt: »Das passiert mir immer!« Viel später wird sie ihm gestehen, dass sie schon betrunken war.
Ein Gespräch kommt nicht wirklich zustande an dem Abend. Die Luft zwischen seinen Kinnstoppeln und ihren feministischen Spitzen gewittert bläulich; Harmonie muss konstruiert werden. Er vermeidet es, Ansichten zu äußern, die doch nur zu Gegenmeinungen führen würden, triumphierenden gar, und Charlotte gibt sich zwar einfühlsam, doch anders als bei Alina ist es ein Verständnis ohne Intuition; es kommt aus Büchern und ist in Seminaren und Konferenzen erprobt, liegt also haarscharf neben der Wahrheit. Aber sie hüten sich davor, Widersprüche unversöhnlich werden zu lassen; schließlich wollen sie miteinander ins Bett. Und dann ist er überrascht, wie erregend sich ihre Taille anfühlt über den Hüften, eine irgendwie goldene Kehlung, und wie nachgiebig sie küsst unter der Kastanie vor seinem Haus. Weich reagiert sie auf jede Bewegung seiner Lippen, und momentlang kommt er sich etwas täppisch vor, wie ein ungeschickter Mann, den eine heimlich führende Frau glauben lässt, ein guter Tänzer zu sein.
Er drängt sie in den Treppenflur. »Eigentlich geht mir das jetzt zu schnell«, sagt sie noch, aber da stehen sie schon in der Wohnung, in die das Licht der Hoflaterne fällt, und er knöpft ihre Bluse auf und hebt die Brüste vorsichtig wie weichen Teig aus den Schalen des BH’s. Dass sie etwas unsauber ist an dem Abend, dass ihre Möse mit den eingerollten grauen, von der Wäsche angedrückten Schamlippen einen leichten Hautgouthat unter dem teuren Rock, erregt ihn sehr – zumal er glaubt, damit das Recht zu haben, sie heftiger zu stoßen und schnell zu kommen. Bleich sieht er aus neben ihrer nahtlosen Solariumshaut, doch sie passen perfekt zusammen, und als er ihr auf den Hintern schlägt, lässt sie ein paar vergnügte Klagelaute hören.
Ihre Anfeuerungen aber klingen falsch, wie einem Sexfilm abgelauscht, und deutlich spürt er, dass sie ihn eher erträgt als genießt. Die Zähne schlagen aufeinander, und er kratzt ihr Striemen auf den Rücken, drückt einen Daumen in ihren Arsch. Rammelnd wie ein Affe, entfernt er sich aber schon deshalb mit jedem Stoß mehr von einem Höhepunkt, als er ihn angesichts ihrer schmunzelnden Duldsamkeit bereits als Niederlage vor sich sieht. Und schließlich wird er misstrauisch, muss an ihr Alter denken und kann nicht mehr glauben, dass sie ihm ihren Unterleib entgegenhebt, ohne mehr dafür zu wollen als seinen dämlichen Dichterschwanz. Luft entweicht, während er ihn herauszieht, ein obszöner Furz; aber die Lebenserfahrung, die darin aufscheint, dass ihr das nicht peinlich ist wie vielen anderen Frauen, dass sie es ohne Miene ignoriert, erfüllt ihn dann doch mit Zuneigung; zärtlich berührt er ihre Wange.
»Was ist?«, fragt sie atemlos. »Kannst du nicht kommen?«
Er zerknüllt ein Kissen und reibt sich damit den Schweiß von der Brust. »Und du?«
Sie antwortet nicht gleich, nagt an ihrer Unterlippe, starrt zur Zimmerdecke. Sie hat rasierte Achseln, nicht üblich damals, und als sie ihm die Brille abnimmt mit spitzen Fingern, blickt er heimlich auf ihre Uhr. Sanftdrückt sie ihn hinunter, und jetzt, während er das Gesicht an ihrer Behaarung reibt und sie küsst und leckt, öffnet sie
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