Feuer brennt nicht
gesunde Erdhaftung ausdrückt. Einige scheinen miteinander zu arbeiten; ein Büroleiter bespricht mit Angestellten Speditionsprobleme; zwei Krankenschwestern begrüßen einen Arzt, den erst der Doktortitel nackt macht. Ein helles Lachen hallt über den See.
Nach dem zweiten Saunagang suchen sie die Eiskammer auf. Auch die Brillenablagen neben den Türen sind überfüllt; manchmal verhaken sich die Gestelle. Alina japst laut und kreischt, während er sie abreibt mit dem Schnee, den er zuvor von der Wand gekratzt hat; ihre Hinterbacken werden rot, die schönen Schultern, und sogar ihre sonst immer blassen Wangen glühen. Das Weiße in den Augen ist ganz rein, und als sie aus der Kammer treten und über die abendfeuchte Wiese gehen, prickelt die Luft auf der Haut, als würden sie hauchfein besprüht. Es ist jetzt fast dunkel unter den Bäumen, doch am Seeufer brennt ein Feuer, und das Wasser fühlt sich lauwarm an und der Schlamm zwischen den Zehen wie flüssiger Samt.
Sie schwimmen ein Stück hinaus in die beginnende Nacht und suchen vergeblich nach Sternen. Irgendwo in der Nähe knacken Äste, rauscht das Schilf, unddann schreit ein Vogel in der Voliere. In dem Heckenlabyrinth, das nun kompakt erscheint wie ein Gebäude, flackern Lampen in Bodennähe, und Menschen gehen hinter dem Zweigwerk umher. Ihre Schatten sind immer nur kurz auszumachen, ein Huschen, und Wolf weiß nicht, wieso er flüstert, während er Alina den Rücken frottiert. Sein Glied wird länger, ohne zu erigieren, und auch sie trocknet ihn ab, sehr langsam, sehr gründlich; sie hebt sogar seine Hoden an. Dann lächelt sie vage, mit einem Mundwinkel nur, schlingt sich das Handtuch um die Hüften und schreitet mit der trägen Entschiedenheit erfahrener Frauen die Wiese hinauf. Dabei blickt sie sich kurz nach ihm um.
Die Pfade in dem Labyrinth sind schmal, man kann gerade zu zweit nebeneinander stehen. Geformt von unzähligen nackten Sohlen, hat der Lehmboden trotz seiner Härte etwas Schmiegsames, die Schritte ergeben sich fast von selbst, und das Licht aus den Parallelgängen zeichnet ein filigranes Muster aus Zweigen und Blättern auf ihre Haut. Wie Kinder im Märchen gehen sie Hand in Hand und lauschen, ohne viel mehr zu hören als die Musik aus der Mitte des Irrgartens, ein Lied von Karat, und als sie um die erste Ecke biegen, bleiben sie erschrocken stehen. In einer Nische sitzen zwei Männer an einem Steintisch, und wäre nicht der bläulich sich kräuselnde Rauch von Zigarren gewesen, man hätte sie mit ihren faltig herabfließenden Badetüchern und den Schatten in den ernsten Gesichtern für Statuen halten können, römische Senatoren. Sie spielen aber nur wortlos Schach.
Wind kommt auf in der Höhe, die Kronen der Bäumerauschen, ohne dass man sie sieht. Doch funkeln jetzt einzelne Sterne. In dem nächsten Gang lehnt ein Mann mit fast golden glänzenden Muskeln an einem Baum und scheint auf irgendwen oder irgendwas zu warten; er trägt nichts als ein Kettchen mit Militärmarken am Hals, und auch sein riesiges Glied sieht aus wie eingeölt. Ihren Gruß erwidert er mit einem Nicken, und beinahe schon sind sie an ihm vorbei, da schiebt sich ein kräftiger Arm durch die Hecke, und eine Hand mit Altersflecken greift nach seinem Hintern, ein Finger verschwindet darin bis zum Ring. Der Mann scheint kaum überrascht zu sein. Zwar drückt er leise ächzend den Rücken durch und schließt die Augen, unterbricht aber nicht das Kaugummikauen.
Ehe der Weg auf den kleinen Platz mit den Liegen und dem ausgeleuchteten Pavillon mündet, gibt es einen Abzweig, der nirgendwohin führt, einen Blindgang, auf dessen Boden Papiertaschentücher und gebrauchte Kondome liegen. Niemand ist darin, und Alina, in deren Blick etwas Katzenhaftes glitzert, ein glückliches Entsetzen, ähnlich wie an den Sommertagen, an denen sie sich in die letzte leere Sitzreihe eines Kinos stehlen, um einander stillschweigend zu berühren unter den leichten Kleidern, greift rasch, als wäre es der Unterarm oder die Hand, nach seinem halbsteifen Schwanz und zieht ihn in das Zwielicht hinein. Menschen bewegen sich hinter der Hecke, einzeln oder in kleinen Gruppen, und die Silhouetten wachsen steil empor, während sie in die Hocke geht für alles Weitere; sie macht es zügig und doch sehr vornehm, wobei sie ihn nur mit den Fingerspitzen stützt, und ihreSchultern und geschwungenen Hüften schimmern in dem Schein der roten und sattgelben Ampeln, der durch das Zweigwerk dringt.
Wolf biegt
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