Feuer brennt nicht
den Kopf zurück und krallt beide Hände in ihre Haare. Stimmen sind zu hören auf der anderen Seite, das Klingen von Gläsern, leises Gelächter, und während Alina sich in ihrer Erregung für unsichtbar zu halten scheint, blickt er sich immer wieder aus den Augenwinkeln um. Er ist nun voll da und spürt, dass er nicht lange brauchen wird, sofern sie nicht gestört werden. Hochziehen will er sie, um es irgendwie im Stehen mit ihr zu machen, doch sie bleibt in der Hocke und reibt die Wange an seiner Spitze, küsst einen klaren Tropfen weg. »Sag mal, mein Freund, wie steht es eigentlich mit uns?« Sie ist etwas heiser, und die Schatten ihrer Wimpern sehen aus wie dunkle Strahlen. »Liebst du mich noch?«
»O Gott«, murmelt er. »Was redest du da für ein Zeug? Bist du bescheuert? Natürlich liebe ich dich. Los, weiter!«
Doch Alina, den Ellbogen abgewinkelt, macht nur ein paar rasche, mit einem Ring aus Daumen und Zeigefinger ausgeführte Bewegungen, um seine Erektion aufrechtzuerhalten, was etwas handwerklich Versiertes hat und ihn allein deswegen fast kommen lässt; dabei blickt sie ihn unverwandt an. Ihre Brustwarzen, am See noch angeschwollen, sind wieder eingesunken; eine so weit, dass sie wie ihr eigenes Negativ aussieht. »Ach so«, sagt sie. »Und ich dachte schon, unser Hund riecht nach Chanel. Und warum liebst du mich? Sag!«
Die Musik hallt wider im Wald; einige Frauen kreischenauf; rhythmisch wird in die Hände geklatscht, und das Flackern hinter dem lichten Laub sieht aus, als würden die Nackten tanzen. »Weil ich mir bei dir noch nie die Frage nach einem Warum gestellt habe«, stöhnt er, und das ist die Wahrheit – und ist es nicht ganz. Doch mehr Text würde jetzt die Arterien verengen. Die Bässe stampfen, es kitzelt unter den Sohlen, und nachdem sie noch einen Moment lang nachgedacht hat, widmet sie sich wieder seiner Erregung, hingebungsvoll, wobei sie ihr Saugen und zärtliches Beißen manchmal unterbricht, den Kopf ein wenig zur Seite neigt und das glänzende, kurz vor dem Orgasmus noch wachsende Glied betrachtet, als wäre es ihr Werk. Er beugt sich herab, um sie zu küssen, und wenn er jetzt sprechen könnte, hätte er gesagt: Ich liebe dich nicht nur, weil du mir etwas gibst – das weiß ich wahrscheinlich nur selten zu würdigen, wie du es verdienst. Ich liebe dich vielmehr, weil das Wenige, wenn nicht gar Dürftige, das ich zu geben in der Lage bin, bei dir wie bei sonst niemandem auf fruchtbaren Boden stößt und aufblüht in deinen Augen, deiner Stimme, deiner Poesie, und so gibst du mir doch wieder: das Geschenk deiner reinen Begeisterung, deiner Schönheit und Klugheit. Und das macht mich stark, und manchmal könnte ich weinen vor Glück. Und Alina, der es wie Mondlicht vom Kinn tropft, perlfarben, lächelt ihn an und richtet sich auf. Behutsam zieht sie die Vorhaut über die Eichel, und erst dann wischt sie sich mit dem Handrücken ab, fährt mit der Zungenspitze über die Lippen. Später machen sie noch einen Saunagang.
Immer wieder in den frühen achtziger Jahren lud Richard Sander ihn nach Italien ein, in sein Haus bei Triora in Ligurien; nicht selten legte er einen Scheck für die Fahrkarte bei. Es ist ein einsam über den Kronen der Pinien stehender Bauernhof mit Blick auf den kleinen Ort im Tal und die Kirche am Fluss. An den zunächst noch sanft ansteigenden Hängen voller Gemüsegärten und duftender Linden grasen von morgens bis abends Ziegen, die schwarzgesichtigen aus der Emilia-Romagna, mit abgesägtem Gehörn; viele klettern auch in dem Ginstergürtel am Talrand herum, und der hohle Ton ihrer Halsglocken hallt wider von den jäh aufragenden Kalkmassiven, von denen hier und da eine Quelle sprüht und die weniger aussehen wie Berge – es sind Persönlichkeiten aus einer anderen Zeit, die nicht unbedingt freundlich dreinblicken, während sie ihre gewaltigen Stirnen über den menschlichen Kleinkram neigen.
Oft fahren sie mit Richards Jeep, einer verbeulten Militärkarre, über die Hochebenen, auf denen man bis ins Piemont sehen kann und bei klarem Himmel auf der einen Seite die Erlöserstatue des Monte Saccarello erkennt, auf der anderen das Meer. Nur Schäfer leben hier, in Wellblech-Verschlägen, und in den Sommernächten kommt es vor, dass sie sich zu einem ans flackernde, vom Wind flachgedrückte Feuer setzen auf eine Zigarette, einen Becher Wein aus dem Kanister. Richard, immer trinkfest, selten betrunken, spricht das hartlippige Italienisch der Dörfler und
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