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Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Titel: Feuer der Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Simon
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beim nächsten Sturm einstürzen, dann großzügigeren aus Stein; der Weg wurde dreifach so breit und war mit flachen Steinen befestigt. Hier wirkten die Menschen weniger zerrupft. Die Männer trugen buntgestreifte Mützen und kurze, fransige Überwürfe, die Frauen bodenlange Kleider und Körbe auf der üppigen Haarpracht. Manch eine hielt ein aufgespanntes Tuch auf einer Stange, um sich vor der Sonne zu schützen. In einiger Entfernung, noch fast verborgen im Dunst, erhoben sich schmale, hohe Gebäude, unten breit und sich nach oben treppenartig verjüngend, wie viereckige Pfeilspitzen. Es waren jene Türme aus weißem Stein, die abends, wenn die Sonne schräg stand, in rotgoldenem Schimmer aufleuchteten. Zeit seines Lebens hatte er sie von den Waldkronen aus betrachtet und sich ausgemalt, was sich in ihrem Innern wohl abspielte. Nun sah er zum ersten Mal die kleineren Pfeiler dazwischen, auf denen Steinfiguren thronten. Jede dieser Gestalten trug eine senkrecht stehende Scheibe auf dem Kopf.
    Die vierzehn Götter mit den vierzehn Monden.
    Royia seufzte. Es wäre sinnlos, die Frau und ihren riesenhaften Begleiter darauf hinzuweisen, dass er einer dieser Götter war. Ein Gott in einem Käfig, wer sollte das glauben!
    Der Weg mündete in den weitläufigen Platz vor dem Tempel, der rechter Hand an den dahinrauschenden Fluss grenzte. Ein Handelsplatz offenbar. Er sah Berge von Bohnen, Nüssen, Wurzeln und Körbe voller Manoqmehl. Geflechte, in denen Scharen bunter Vögel ängstlich flatterten. Männer zeigten hübsch bemalte Tongefäße und glitzernden Schmuck, und Frauen, die bereits schwer an Schmucksteinen und Gewändern trugen, ließen sich auf hochlehnigen Sitzen daran vorbeitragen. Sie waren kräftig geschminkt; die Haare zu turmartigen Aufbauten geformt. Tiere ließen brüllend ihr Blut auf dem Pflaster, und auf Steinpfannen bot man Gebratenes an – die Vielzahl der Gerüche war unerträglich. Kinder rannten, Diebesgut in den Armen. Bellende Hunde jagten hinter ihnen her. Hatte Royia die Stadt bisher als laut empfunden, glaubte er jetzt, seine Ohren müssten bersten. Er vermutete mehrere hundert Menschen auf diesem Platz – so viele Angehörige zählte nicht einmal der Stamm der Chacu.
    Erneut betastete er das Bronzegeflecht. Aber der Riese hatte es so sorgfältig mit Draht verschlossen, dass in diesem Gewirr nicht einmal erkennbar war, wo es sich öffnen ließ.
    »Er macht einen störrischen Eindruck. Und dann dieses Mal im Gesicht! Viel kann er nicht kosten, nicht wahr?«
    Ein in rote und grüne Gewänder gehüllter Mann hatte sein Reittier neben den Käfig gelenkt. Aqo, die vielbrüstige Göttin der Liebe, schaukelte als kleine rote Figürchen an seinen Ohren; seine Haare waren in ölige Locken gelegt. Ausgiebig musterte er Royia.
    »Er ist nicht zu verkaufen«, sagte das Mädchen. »Jedenfalls nicht an dich.«
    Der Mann hob ein Gefäß an die Nase, aus dem duftender Rauch stieg. Anscheinend hoffte er den Gestank der Stadt zu übertünchen. »Ich biete dir zwanzig große Kupferringe.«
    »Nein«, schnaubte nun auch der Riese, den sie Tzozic nannte.
    »Dreißig.«
    »Nein!«
    »Schade. Für einen Waldmenschen hätte ich einiges gezahlt. Sie sind so herrlich … unwissend. Man kann aus ihnen gute Sklaven machen. Leider bekommt man nur selten einen zu fassen.« Er schnalzte mit der Zunge; sein Reittier trottete weiter. Doch er ließ nicht ab, über die Schulter zu blicken.
    Sklaven. Royia erinnerte sich, dass Xocehe dieses Wort erklärt hatte. Manche Stadtmenschen hielten Menschen wie Tiere. Schlugen sie wie Tiere und töteten sie wie Tiere.
    »Der hat doch wirklich geglaubt, wir wüssten nicht, wie wertvoll unsere Beute ist«, brummte Tzozic. »Wollte sich selbst die Belohnung in die Tasche stecken, ha! Ersticken soll er an seinem Cupalrauch! Wir hätten unserem Fang ein Tuch über den Kopf legen sollen, um sein Gesicht zu bedecken.«
    Royia machte sich bereit, die Handfläche an dem harten Drahtgeflecht aufzureißen. Der Schmerz würde genug Hitze erzeugen, um die Hand in Flammen zu setzen. Was ihm das helfen sollte, würde ihm dann hoffentlich einfallen.
    »Aber nun sind wir ja da«, rief da der Riese. »Der Tempel!«
    Auf dem Gesicht der Frau stand Staunen. Das Gebäude war in der Tat von beeindruckenden Ausmaßen. Die vierzehn Türme standen zwischen mehreren flachen Häusern, die sich wiederum auf Plattformen erhoben, welche nur über breite Treppen und Rampen erreicht werden konnten. In

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